Full text: St. Ingberter Anzeiger

den Bau der Linie übernehmenden Actiengesellschaft wieder zurück 
erfeht werden. 
xPleistein (Oberpfalz), 11. Aug. Ich theile Ihnen die 
schreckliche Nachricht mit, daß der Ort Waidhaus von einein fürch— 
terlichen Brandunglück betroffen wurde. Nachdem in der Nacht 
bom 9. auf den 10. ds. bereits 7 Wohnhäufer mit Nebengebäu— 
den abgebrannt sind, fing es am Nachmitiag desselben Tages, als 
Montag, den 10., wiederholt in einem Hanuse zu brennen an. 
Durch die weitere Verbreitung des Feuers ist diesmal der ganze 
Ort mit Kirche, Pfarr⸗ und Schulhaus, dem Postgebäude xc. 
niedergebrannt. Nur 10 Häuser blieben stehen, darunter das Zoll⸗ 
haus und das Zwick'sche Anwesen. 
Hugo Wesendonk, in weiteren Kreisen vom Frankfurter 
Parlament her bekannt und gegenwärtig in Newyork ansässig, ist 
zur Cur nach Kissingen gekommen. — 
F Ein gutes Mundstück. Eine Obsthändlerin in Ber⸗ 
lin hatte eine vorübergehenden Dame Apfelsinen angeboten, und 
als die Dame der, für 8 Stück 15 Groschen fordernden Frau 
nur 6 Groschen bot, fertigte jene sie so ab: Sehen Se man 
da oben ruf; fehen Se da del klene Jewächs, wat da oben uf'n 
Dach wachst, det ist en zukünfliger Appelsinenboom, Schönste. Nu 
warten Se man noch so lange, bis der Boom jroß jewachsen is, 
un wenn denn de Appelsinen reif sin, dann sollen Se 3 Stüd 
für 6 Silbergroschen haben. 
F Bei einer Feuersbrunst in Horst (bei Greifswald) wur— 
den 6 Gehöfte in Asche gelegt und 12 Menschen unter einem 
brennend einstürzenden Rohrdache begraben, 5 der letztern find 
obllig verbrannt, die übrigen schwer verletzt. 
Eine kleine Reminiscenz an den Festzug der Schützen in 
Wien erzählt die „Morgen⸗Post“: Der Direclor des Karl-The⸗ 
aters, Herr Ascher, fungirte als Führer der Abtheilung „Nord⸗ 
Ost⸗ Deutschland.“ In dieser Abtheilung befanden sich auch un⸗ 
sere lieben Brüder aus Preußen. Plötzlich beim Beginn des Zu— 
ges stockte dieser. Die Berliner wollen nicht weiter; auf ihren 
Gesichtern spiegelte ein gelindes Entsetzen. Was war geschehen? 
kiner von ihnen hatte die Standarte gelesen. Dort stand klar 
und deutlich geschtieben, „Bradenburg — statt „Brandenburg.“ 
Es handelt sich hier um ein „n,“ das im, Drange der Ereignisse 
dergessen worden war. Aber die Berliner wollten durchaus nicht 
als „Bradenburger“ mitmaschiren, sondern sofort den Zug verlassen, 
um der Gefahr der Lächerlichkeit zu entgehen. Ein glücklicher Einfall 
Aschers wirkte rettend. „Seht dort,“ rief er seinen ergrimmten 
Landsleuten zu, „seht die Hanauer, fie maschiren mit doppeltem 
„n“. Auf ihrer Standarte heißt es „Hannau“. Wahrscheinlich 
haben sie, die Strafpreußen, Euch den Tort angethan, Euer 
„n“ zu annektiren.“ Allgemeine Heiterkeit, und der Mißmuth 
war beseitigt. 
fWien, 12. Aug. Der A. Z. schreibt man: Uebermor— 
zen werden bereits die Ütensilien, mit weichen der Magistrat die 
für die Festgäste bereiteten Massen-Quartiere ausgestattet, zur 
oͤffentlichen Versteigerung gelangen. Es befinden sich darunter — 
ich behalte die jedenfalls sehr selbstständige Rechtschreibung des 
Amtsblattes der „Wiener Zeitung“ bei —5000 Siück, Poschamber 
Wollen Sie übrigens die letzte „Rede“ hören, die von der Tri— 
büne der Festhalle gesprochen worden? Ein Kellner hat sie gehal 
en mit den denkwürdigen Worten: „Meine Herren, es san frische 
Würstel do!“ 
—BGegen einen in Prag wohnenden Handschuhmachergehilfen, 
der in Folge eines häuslichen Zwistes am 11. d. in die Moldau 
zesprungen war, um sich zu ertränken, sich aber im Wasser wieder 
eines Bessern besann, ans Ufer schwamm, nach Haus eilte und 
sich mit seiner bessern Hälfte aussoöhnte, — wurde — wie der 
„Wanderer“ schreibt — Amtshandlung eingeleitet wegen — „Ba— 
dens an einem unerlaubten Orte. 
Pariser Damen-Moden. In diesem Augenblicke 
ist es in der großen Welt Mode, gar keine Mode zu haben und 
so viele Gestalten, so viele Costüme sind auf dem Plan. Die 
wunderbarsten grellsten Farben, einerlei bis zum Kopf, wie die 
Koölner Teufel, aber niedliche Teufelinnen statt dessen. Eine Norm 
geht durch alle Toiletten, nämlich die: daß jede Körperform durch⸗ 
brochen wird, durch die Linien der Gewandung. Man wird irre 
ob man nicht einen Hof voll Verrückter sieht, so viel tolles Ge— 
schürze und Gebandel mit Behänge ist da beisammen. Die eine 
fegt den Boden mit einer gestärkten Schleppe, so daß diese wie 
eine Pflugschar nachkratzt, bei der andern kann man unter dem 
stleide hindurch den Sonnenuntergang betrachten, die geht in ei— 
nem engen Sack, die in hängenden Blättchen, die mit einem Ni-— 
kolaussack, der am Halse anfangend über den Rücken läuft. Was 
wollen sie nun noch erfinden? 
(BGisenbahn-Theater.) Auf der Linie Manchester⸗ 
Liverpool hat ein Herr Smarth den Versuch gemacht, ein kisen⸗ 
bahntheater in's Leben zu rufen und es soll das Experiment ge⸗ 
ungen sein. Fünf lange Waggons sind derart eingerichtet, daß 
ie einen langen Saal bilden. Der Plafond ist gewölbt, mit 
Lüstern beleuchtet, die ein glänzendes Licht verbreitelen und die 
Seitenwände find mit akuftisch gebauten Holzwänden versehen, 
velche jedes störende Geräusch moͤglichst fernhalten. Die Bühne 
elbst erhebt sich einige Fuß hoch uͤber den Boden der Waggons. 
Die dazustellenden Stücke bilden ein eigenthümliches Eisenbahn⸗ 
cepertoire, indem sie so eingerichtet sind, daß mit jeder Station 
eine Scene beendet ist. —VV 
Das Schiff „Brian Boiroihme“ aus Dublin ist auf seiner 
Fahrt nach Quebeck auf offener See gescheitert und mit der gan— 
zen Bemannung, den Kapitän und Steuermann ausgenommen un⸗ 
tergegangen. 
7F Ein ausgesetztes Kind. Seit einigen Tagen 
pricht man in Genf von einem geheimnißvollen Vorfall, der sich 
in der Nähe von Thonon am savohischen Seeufer zutrug. Dort 
vurde am 10. v. M. in einer Schlucht ein etwa 292 Jahre al⸗ 
les, gutgekleidetes Mädchen verlassen gefunden. Durch Zeugen 
st festgestellt, daß das Kind in Gesellschaft zweier wohlgekleideten 
Damen Tags zuvor auf dem Dampfboot von Ouchh (bei Lau⸗ 
anne) nach Thonon fuhr. Auch am Abend desselben Tages wur⸗ 
den diese noch in Evian, und am Morgen des Tags an 
velchem das Kind gefunden wurde, am Bord des Dampffchiffs 
nach Genf gesehen. Die Polizei forscht, die Zeitungen fordern zu 
Mittheilungen auf. V00 
F In der russischen Stadt Welish find in der Nacht 
des 7. 8. d. 800 Häuser (darunter 4 Kirchen und das Rathhaus 
abgebrannt. 
fIn New-Orleans macht die Erfindung eines Herrn 
Waylies viel von sich reden, vermöge welcher Straßen⸗Fuhrwerke 
durch zusammengedrängte Luft fortbewegt werden können. Auf 
einer Centralstation werden Reservoires mit Luft angefüllt und 
wei derselben, welche einen genügenden Vorrath für eine Fahrt 
von 8 oder 9 Meilen besitzen, auf der Decke des Wagens ange— 
»racht. Wie Augenzeugen versichern bewegen sich die Fuhrwerke 
diel schneller, als wenn sie von Pferden gezogen werden. 
Am 31. Juli wurde Oil City (eine durch lihren ausge— 
hreiteten Petroleum-Handel bekannte Fabrikstadt in Pennsylvanien) 
yon einer großen Feuersbrunst heimgesucht, 200 Gebäude, wo⸗ 
runter alle Hotels und viele Waarenhäuser wurden ein Raub 
der Flammen. 
Aus Washington, 1. August, wird gemeldet: In den 
Wäldern an der nördlichen Küste des Obern Sees ist ein Feuer 
ausgebrochen, welches etwa 6 Mill. Baustämme zerstört hat. Das 
Feuer wüthet noch fort. — 
. Die Beerdigung der verstorbenen Königin von Madagascar 
jat unter sehr sonderbaren Ceremonien Statt gefunden Der 
Leichnam wurde in 500 seidene Lambas gehüllt, in deren Fallen 
ich 20 goldene Uhren, 100 goldene Ketten, Broschen, Ringe, Arm⸗ 
änder und andere Schmucksachen, so wie 600 Goidstücke befanden. 
Alle Geschenke, welche die Königin früher von der Kaiserin und 
hem Kaiser der Franzosen erhalien hatie, wurden mit ihr begra⸗ 
ben, ebenso ihre sämmtlichen Möbel und ihre Kleider. 
FEGie Panzerschiffe der norddeutschen Bun— 
desarmee.) Trotz ihrer geringen Schiffzahl triti die nord— 
deutsche Bundesmarine in die Seemächte ziveilen Ranges durch ihre 
Panzerschiffe ein, die für sich allein den Werth einer Flotte auf⸗ 
viegen durch Bewaffnung und Widerstandsfähigkeit. Ihre Geschütze 
ichleudern mit 40 Pfund Pulverladung ein 27 0pfündiges Geschoß 
nit einer Durchschlagskraft, der nichts zu wiederstehen vermag. 
Die Geschütze sind von Gußstahl und von Krupp in Essen gefer⸗ 
tigt; zur Bedienung einer (360 Centner schweren) Kanone find 
17 Mann noöthig. Das Schiff selbst ist nirgends verwundbar, 
während es aus seinem gewaltigen Geschosse nach allen Seiten 
VBerderben speit. Die Maschinen haben über 1000 Pferdekraft 
fie verbrauchen täglich fast 1800 Etr. Kohlen, die Behälter dafür 
fassen mehr als 18,000 CEtr. Ein Panzerschiff von dem neuesien 
Baue läuft mit der Schnelligkeit von Zu4 8313 geographischen 
Meilen in einer Stunde, 60 Personen bilden das Maschinenper⸗ 
onal. Die unterste Plattenreihe, welche 314 Fuß unter der 
Wasserlinie liegt, ist 7 Zoll stark, nach oben hat die 
Panzerung überall eine Stärke von 8 Zoll. Diefe Schlacht⸗ 
chiffe, von denen eines an 8 Millionen Thaler kostet, kͤnnen wenn 
ꝛer „König Wilhelm“ dazu kommt, mit ganzen feindlichen Ge⸗ 
chwadern den Kampf aufnehmen, wenn solche Deutschland bedro⸗ 
jen. Jede neue Erfindung und Verbesserung in der Nautik fand 
gerücsichtigung und nichts wurde versaumt, um diese Schiffe nach 
eder Richtung hin tüchtig zu machen, denn auch dafür ist Vor⸗ 
orge getroffen, wenn ein Schiff von einem feindlichen Sporn an⸗ 
jerannt würde oder eine Torpedo unter ihm spränge. Die Pan⸗ 
erschiffe konnen auch unter Segel qut manövriren und sind nicht