Full text: St. Ingberter Anzeiger

Bater ist weltklug und zurückhaltend, sie selbst 
stolz bis zum Uebermaß.“ 
.Der Mam aber, der im Befängniß mit 
zefesselten Gliedern Pläne schmieden und ans⸗ 
jühren konnte, vermag auch irgend Jemand 
in's Nez zu locken. Beobachten Sie selbst die 
Verhältnisse und sehen Sie, ob dieser Graf 
Lubin den ftolzen Banquier nicht am Gängel⸗ 
band leitet. Und er wird ihn nicht loslassen, 
bdis seine schöne Tochter ihm vermählt ist.“ 
„Beweisen Sie diese Behauptung.“ 
Das soll zur rechten Zeit geschehen. Ge⸗ 
hen Sie mir irgend eine Stelle in Ihrem 
Haushalt, die mir erlaubt, ihn zu beobachten, 
ind ich entlarve ein Ungeheuer, wie wohl 
selten eines die Erde trug.“ 
„Er ist mein Gast und ich muß unum⸗ 
stößliche Beweise seiner Schlechtigkeit haben, 
bevor ich solches Vorgehen gestatte.“ 
„Kennen Sie Boyd, den Bruder des 
ficilianischen Consuls 43 Als politische Persön⸗ 
sichkeit ist er jehr belanut ·.. 
„Ich kenne ihn.“ 
Gut. Lesen Sie diesen Brief, den mir 
gestern ein Polizist brachte. Wir wverhalten 
uns ruhig, damit uns der Vogel nicht cut⸗ 
omme.“ 
„Ich verlange keine weiteren Beweise,“ 
entgegnete er, das Schreiben zusammenfaltend, 
„lommen Sie heute Abend in's Schloß, und 
die Sach⸗ soll geordnet werden, wenn anders 
ich noch etwas zu sagen habe.“ I 
Verwundert schaute der Fremde auf und 
Lord Cuthbert eilte fort, damit er sich keine 
weitere Blöße gebe. 
Als Hector die Allee entlang sprengte, 
fuhr der Wagen ebenfalls an. Der Graf war 
Diß Barbara heim Ausst igen behülflich und 
bot dann beide Hände Genevra mit solch 
eigernthümlichem Lächein, daß Lord Cuthbet! 
in pötzlich aufllammendem Zorne vom Saitel 
sprang und die Wagenthüre von der entgegen⸗ 
geschten Seite öffuete. W 
Freudig wandte sich das junge Mädchen 
zu ibhm, bot ihm die Hand und begann sofsort 
eine lebhafte Unterhaltung. Des Grafen Blidck 
ruhte mit boshaftem Leuchten auf dem Paar. 
„Genevra,“ rief der Banqnier, „siehst 
Du denn nicht, daßz Mih Edesham in“a4 Zaus 
Jetreten ist o 
„Ja, Papa, aber ich hatte ein Wort mit 
Lord Cuthbert zu sprechen.“ 
Bevor die Dame sich entfernt hatte, trat 
Graf zu dem jungen Edelmann. 
„Wir verleben heute den letzten Tag bei 
Ihnen, Mylord, wir haben lange Ihre Gast⸗ 
freundschaft genossen und müssen nun bedauernd 
scheiden.“ * 
„Wie ?“ wiederholte Lord Cutbbert eisig, 
„ich hosse, das bezieht sich nicht auf Sie, Mr. 
Lloyd 7 
„Doch, auf Mr. Lloyd und Fräulein Ge⸗ 
nevra,“ lächelte der Graf. 
Der Gutsherr wandte sich an den Ban⸗ 
Sie werden doch nicht plößlich abreisen 
wollen, Mr. Lloyd, auch wenn Graf Lubin 
uns verläßt.“ 
Ich hatte vhnedies meine Abwesenheil 
vom Geschäfte nicht qs verlängern sollen,“ 
bemerlte Lawrence Llond im Tone tieifter 
Demüthigung. 
Wieder lächelte Lubin höhnisch. Unier der 
Eingangsthüre siand Genebra und ballte in 
ohnimächtigem Zorn die kleine Hand, der einst 
so stolze Banqier aber senkte schweigend das 
Hdaupt, nur die bleichen Züge verriethen die 
iunere Aufregung. 
Im gleichen Moment erschien Tante Bar⸗ 
bara mit dem Shawl auf dem Arm und dem 
Hut in der Hand. 
Genebra! Cuthbert? wo feid Ihr dem 
Alle 7 kommt doch und bört, was Kitty zu 
erzühlen hat·. 
Sobald Cuthbert Lyle Kitty's glänzende, 
ihränenvolle Augen sah. wußte er, was sich 
erreignet hatte, auch Genevra errieih es io⸗ 
fert. 
quier. 
Nitiy faß mit gefalieten Händen auf dem 
Divan, ihr Haupt lehnte an der Schutter der 
Mutter, deren bleiche, ernste Züge vollig be⸗ 
wegungslos ærschienren. 
„Erzähle doch nur, Kitiy,“ Gef Tande 
Barbara mit bebender Stimme. 
Mir exrathen es wohl,“ bemerlte Ge⸗ 
nevra, „der verlorene Bruder ist gefunden und 
ich gratulire Dir von ganzer Seele. “ 
⸗Ja, ja,“ schluchzte Kitih, unser theurer 
Hugeo edt, und unser Glück inn nun vollkom⸗ 
neen, gelt Mütterchen 
—*