Full text: St. Ingberter Anzeiger

„So liebenswürdig auch Ihre Worte lauken, 
holde Dame, ich kann sie nicht annehmen. Ich 
habe geschworen, daß Sie mein Weib werden 
sollen, und Ihr Widerstand befestigt nur 
meinen Willen. Uebrigens halte ich auch da— 
für, es sei an der Zett uns klar zu verstehen, 
und halb müssen Sie begreifen, daß Ihr 
Vater mir sein heilig Wort gab, Sie mir zu 
—XX 
Geaebra sprang auf, die großen Augen 
sprühten, die weißen Hände streckten sich ab⸗ 
wehrend dem Grafen entgegen. 
„Sie möͤgen ihn⸗ durch irgend' welche 
schlehte Handinng' veranlaßt haden?: Ihre 
—XEVV 
wird er nie und nimmer zwingen. Sobald er 
erfährt; daß ich Sie hasse und verachte, wird 
er auf der Heirath nicht besehen. Es war 
kindisch von mir, ihm die ganze Wahrheit 
vorzuenthalteu, nun aber soll er sie erfahren.“ 
„Die ganze Wahrheit * Höhnte Lubin, 
,das bedeutet noch etwas mehr als Ihren 
Haß für mich, es bedeutet auch Ihre Liede 
sur Lord Cuthbert Lyle.. 
Sie erdleichte so ptößlich, daß selbst der 
Graf eischreckt emen Schritt vortrat, fie zu ftüten. 
Eme koͤnigliche Geberde namentoser Ver⸗ 
achtung wies ihn zurückk. 
— „Genug, Graf Ludin, Ihre Rohheit kann 
nicht weiter gehen. Verlassen Sie mich, mein 
Herr. oder ich länte der Dienerschaft, damit 
man sie hinausweise.“ J 
Des Grafen Bewunderung überstieg noch 
seinen Jorn. 
Sie vergeuden Kraft und Muth im hoff⸗ 
nungolosen Kampf. Warum sich nicqhtt willig 
dem Geschicke ergeben und lieber einen demü⸗ 
mhigen Sclaven als einen gebietenden herrn 
annehmen ? Ich sch woöre Ihnen, daß es sonft 
keinen Ausweg gidt.‘ Sie wollen der Diener 
schuft läuten! Thörichtes Rind. Ein Wort 
bon mir, und weder Haus noch Dienersqaft 
gehöck mehr Ihnen.“ A 
„Jqh glaude es nicht.“ Ihre Rede ist so 
fals wie ihr Herz,“ rief fie wiid. 
Viehr noch,“ fuhr er ruhig fort,Ihres 
Vaters Name und Ehre, vielleicht feine 
Freiheit, sein Leben sind in meiner Gewalt.“ 
Sie erbeble. kraftlot sanken die kalten 
Hände, abet das Auge sprühte noch stolz. 
„Ihr Lügengewebe schüchtert mich nicht 
ein, denn ich glaube Ihnen nicht.“ 
„Miß Lloyd, ich hahe noch heute Abend 
eine ernste Unterredung mit Ihrem Vater, ist 
es möglich, daß Sie sich irgend wo verbergen 
und sie mit anhören 7“ 
Er sprach uugewöhnlich weich, denn er 
flihlte Vditleid mit dem grenzerlosen Jammer, 
der sich in ihren Zügen spiegelte. 
Ihr Vater hat Ihnen die Verhältuisse 
nicht mitgetheilt, das ist am Ende wohl na—⸗ 
mürlich, aber gegen mich ist es ungerecht, Sie 
müfsen Alles wissen, Fräulein, und es ist für 
Alle am besten, wenn Sie unsere Unterredung 
mit anhören. Morgen konme ich dann wieder, 
und Sie werden mich freundlicher empfangen. 
Miß Lloyd, ich ewpfehle mich Ihnen.“ 
Noch nie war er so vortheilhaft erschienen, 
als in dem Moment, da er sich nicht ohne 
Würde verbeugte, und das Gemach verließ. 
Genevra bewegte sich nicht. Nun bot sie 
nicht mehr den Aublick einer Königin, sondern 
ein Bild der Verzweiflung. 
Des Sammtes glüheyde Rubinfarbe und 
die glitzernden Juwelen bildeten einen schmerze 
lichen Contast zu dem sodtenbleichen Anilit, 
ben wilden Augen, den bebenden Gliedern. 
IIch will gehen, ja, ich will gehen. Wohl 
mag ich ein furchtbares Geheimniß hören. 
aber diesem Manne vermähle ich mich doch 
nicht, denn ich könnte die gleiche Atmoiphäre 
mit ihm nicht ertragen. O Himniel, erbarme 
Dich meiuer!“ 
Und äqzend vor Weh, gebrochen vor Schmerz 
verließ das einst so stolze VUädchen das Zimmer. 
6gortsetzung folgt.) i 
— 6Bbaradeh,⸗ 
Die Er ste der Schöpfung sind wahrlich die Schoönen. 
Die selbst das Verkehrte an sich damit krönen. 
Die Legt en sind meistens der Rohheit verwandt; 
Doch kopflos ist himm lischen Ursprungs ihr Wesen. 
Das Gannzee ist parfümirt und velesen, 
Macht oft sogar Verie und ist elegant. * 
Auflösung des Raͤthsels Rr. 25 des Unter hal⸗ 
lunasblaties:, errmann.“ 
2 
—5 
Deud anz Berlag on . X. Dee nte z in St. Anabert...