Unterhaltungsblatt
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St. Ingberter Anzeiger.
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Sonntag,. den 8B. Januar 1871.
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—Gerettet. —
nwovelle von Andre Hugg.
erwärmt das bereits erkaltete Herz mit den
heißesten Sonnenblicken, die es auf Erden
diebt, mit den Blicken der auffallenden Liebe:
danu können wir uns die Gefühle vergegen-
wärtigen, welche die Brust Brußos durchwühl-
ten, der frei zurückgetreten von dem Gegen⸗
stande seiner innerften Zuneigung, jetzt vor
dem entwickelnden Traumgebild seiner Jüng-
lingsjahre, vor dem vermeintlichen Weibe eines
Andern stand. Pflichtgefühl gegen das Weib
seines Nächsten und die entfesselte Leidenschaft
wieder angefachter Liebe kämpften einen hef⸗
tigen Streit in ihm, bis die letztere siegte, er
Helene umfaßte, sie an seine Brust und dann
zu sich auf die Bank zoö8.
Es vergingen einige Minuten, ehe ein
Wort zwischen den Beiden gewechselt wurde
Helene begaun zuerst. Sie hob den Kopf,
den sie an der Brust des geliebten Mannes
harg, und flüsterte zu ihm auf: *
„Brund, bist Du es wirklich? Ist es kein
Phantasiegebilde, das mich äffen will ?*“
„Ich bin es!“ antworiete erx im feligem
Rausche.
—Bruuo, bist Du uun anch wieder ganz
mein 7*
Bruno wußte nicht recht, wie er das deuten
sollte. Bist du nicht das Weib eines Andern 7*
fragte er deshalb, die Umschlinguang etwas
lodernd und sich abbiegend. —W
Nein, Bruno, nein, und abermals nein!
—AVD
Verabscheuungswürdigen! Ich — ich — ich
bin — — Deine Helene!“
Die nachfolgende Scene zu schildern. liet
nicht in der Vacht der Feder. Das Noloru
* ESchluß.) —A — 8.
„Ja!“ antwortete Helene verlegen. Ich
daunke Ihnen, mein Herr! “
‚Hier ist er, Madame Hofmann!“ sagte
er mit einem eisigen Tone, der ihr fast das
Blut stocken machte, denn die Stimme klang
ihr ja so bekannt; fie klang wie die Bruno's.
Helene starrte dem Manne in das Gesicht;
sie vermeinte nicht recht zu sehen. Sie strich
mit der Hand über die Stirn, ohne den
Blick von der Gestalt abzuwenden. Die fahle
Leichenbläfse wechselte mit dem glühendsten
Purpur; der Busen hob sich sichtlich schneller;
der Athem wurde fliegender; sie sank zu seinen
Füßen.
„Bruuo!“ lispelte sie zu ihm aufschaueud
und mit ihrem seelischen Blick das Innere
Bruno's — denn dieser war es in Wirklich⸗
keit — durchdringend; und noch einmal tönte
es: Bruns!“ über die Lippen Helenens.
Die Lippen fest zusammengekniffen, den
innerlich wüthenden Schmerz andeutend, stand
Bruno rathlos vor dem wahrhaft schönen
Weibe. —
Wenn wir lange Zeit durch eine nicht
zu besiegende Gewalt von dem Gegenstand un⸗
ferer Liebe fern gehalten worden sind; wenn
wir uns selbst überredet haben, die Nähe
desselben zu meiden, den Gegenstand unserer
heißesten Wünsche, unseres Sehnens durch frei⸗
williges Zurücktreten zu vergessen, und er tritt
dann plötzlich, unerwartet an uns heran und
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