Full text: St. Ingberter Anzeiger

geben, ja, Madame, zuud das gerbftete Brod 
joll besorgt warden und auch ewas ausge⸗ 
zeichnetes Gelée soll auf⸗ den Tisch kommru. 
Noch lange nachher, als die gesprächige 
Wirthsfrau lüngst das Zimmer berlassen hatte, 
aß JIntte im Nachdenken versanken da. Ein 
—XRED 
ihre Bliche hingen an dem feryen Parorqua 
von Hügeln und Thälern, Bächen und Wiesen, 
uͤber welchen dereits der purpurne Rebel der 
Dämmerung hing. Sie dachte nach über die 
stontraste des meuschlichen Daseins und stellte 
ihr Loss neben das der unglücklichen Wehn⸗ 
ltigen, die eben ja gut ein Kinz Goites 
mat, wie de ßiutt. 
Und zwei Thränen rollten über ihre sei⸗ 
denen Wimpern in den Schvoß auf ihre ge⸗ 
jeltzen Oäude. 
Nehnuenn Sic ßch's nicht so zu Herzen, 
Jraule ai sagte die pflegmatische Frau Stephe 
ris. obgleich es die traurigste Geschichte ist, 
die ich jin miuem Leben gehört hade; Und 
dahei ist sie so hübsch und jo gut — arme 
Nleiue?“ J 
Zulie halle in jener Nacht eine neut 
Veraniassung. Gout zu danken, und sie tha 
is von Herzen; mit Frieden und Menschen; 
liehe in ihren Augen legte sie sich auf ihr 
ileinez Kopflissen, das lieblich nach frischen 
Rosenblättern duftete, während nebenan die 
aeme VPleta, in raurigen Kadenzen ein krau— 
riges Lied sang, ein Lied, einigh und schau⸗ 
rig wie ein Grabgesang. 
Ais am andern. Morgen wu acht Uhr 
dig atte Posttutscehe das Dof Wrließ. waren 
Meia ung 3 Peisege iährtiunen. Mita 
hatte sich dicht. veben Julte gesetzt und hiel 
auß dem ganzen Wege ihre Haus bst. 
.Theures Kind, Du ermüdest Fräulein 
Daricheie sagts Frau Cuͤslaude die Zaute, 
besorgt zu der Irrsiunigen. 
Meia sah Julien tief. in die Augen. 
.Ermuüde ich Dich wirtiich ““ 
.Neiu,“ eiwiderte Julie schmeidelnd, 
„Du bist mix lieb, Du brauchst dus nicht zu 
beurchten.“ 
. Mieta drücktz sich, jetzt noch zartlicher an 
Julie, welche ihren Armm um die haum spenn ⸗ 
heue Taille der zarten Gesialt gelegt hutte. 
Ich liebe Dich!“ sagie sie lunsilos., Ich 
weiß zwar nicht, wer Du bist, aber ich ließe 
Dich doch. Du hast so quie, freundliche Augen 
und eine sa starke Hand. Ich wünschte, er 
könnte Dich sehen, o, Du würdest ihm ge⸗ 
allen!“ 
„Wer ist er ?“ 
„Er tkommt! O. er kommt ganz gewiß!“ 
nictte sie, Und ihre Augen er veiterten ji h and 
die vothen Flecen guf ihren Waugen flammten 
purpurn auf. „Sieust Du nicht meinen weißen 
Anzug? — Das ist mein Hoshzeitakleid — 
Aber geh'. Du mußt nicht wemnen und mir 
Thränen in meinen Brautkranz fallen lassen,“ 
rief sie prötzlich, „das bedeutet nichts Gutes, 
und er mochte es nie leiden, wenn ich weinte, 
er wird Dir's auch verbieten ·“ 
Frau Ellsland trodnete sich die Auen 
und Jutiens Herz blutete beim Aublick 
dieser schönen, armen, geknickten Menschen⸗ 
dlume. 
Sie wird sich nicht mehr lange quälen,“ 
dachte de als sie dieses delikate, faft durch- 
sichnge Gesicht, diese dünnen Haude und das 
hbettische Roth gquf ihren Wangen hetrachtete. 
„Sie wira bald in ihrer ewigen Heimath 
sein. Aber welche Strase wäre hart genug 
für den Mann, der de so weit gebracht hat !* 
Die Sonnt ging eben unter, als wan 
Milfield. ein kleines Bergdorf. erreichte, wo 
Julie ihx Gesellschaft finden sollte winre von 
wo Frau Ellslaud und, Meta in einer ·Pri⸗ 
vatkutsche nuch dem schreclichen Orte ·jhrer 
Bestuumufig weder ge sen muhßten.3 
Julien — Wauntzen glübten, ihre Sugen 
glänzten vor⸗ Erwartung. Meta hatte sranatt 
in den Wagen; zurückgelehnt · und war still 
und in sich versu ken. Das Leben der Einen 
jollte hier beginnen, das der Andern war hier 
zu Ende. 
Kaum hielt die Posttutfche an den Holz⸗ 
dufen bes Hoteig zum Aodurxe in Mufied, 
so hatte auch Roner Wahne den sef im 
Schloß sitzenden Kutscheuschlag aufger —X 
lachte lustig in den Wagen hinein. Auer noch 
ehe h Julie von ihrem Sug erhoben oder 
tin Wort der Beg üßung sagen konnte, hatte 
Meta Eillsland einen Freudenschret ausgestoßen 
und war auf den Mann am Kutjchenschlag 
jugespuungen. 7 
„Roger, Noger!“ rieß fie freudezitternd,