Full text: St. Ingberter Anzeiger

Am Briefschalter. Poftfecretär: Nach Pas⸗ 
jau, 12 Kreujzer — Magd: Na das wär 
mir was Schönes! Ich habd ja franco darauf 
geschtiebhenn. 
Es klopft an der Hausthür. Ist da 
jewand ? fragt der Hausher zum Fenster 
hinaus. O nein ich bins nur, ist die be⸗ 
scheidene Autwort. 
Aus St. Valeriee in der Normandie 
meldet ein Privatschreiben folgenden Vorgang: 
Zwei meclenburgische Soldaten hatten eint 
Epazierkahrt auf dem Meere in einem Nachen 
unternommen, defsen Ruderer zwei Brüder, 
junge Franzosen von 18 bis 17 Jahren 
waren. Ein ploötzlicher“ Windstoß warf den 
Rachen um und die vier Personen, welche 
ir trug, fanden den Tod in den Wellen. Der 
kigenthüm r des Nachens klagte hierauf wegen 
Schadenersatzes gegen den Valer der beiden 
ungen Schiffr, der vom Gericht zu der 
Zahlung von 150 Franecs verurtheilt wurde. 
Als dies dem Großherzog von Medlenbur, 
nach Berlin berichten wurde, defatzleer, dem 
armen Franzesen die 150 Francs zurück u⸗ 
jzahlen, und ließ ihm außerdem, salls er dessen 
bedürftig, eine namhafte Unterstützung an⸗ 
bieten. Die Preußen haben ũbrigens dei dem 
Aunfenthalt in der Normandie so gute Erin⸗ 
nerungen zurückgelassen, daß sie bei dem 
Rückmarsch nach dem Süden mehrfach von 
ihren früheren Quartiergebern noch einen 
Tag oder zwei bei ihnen zu veweilen eins 
geladen wurden. 
— 
Bei der Friedensfeier in Frankenthal stand 
auf einem Trausparente folgender hübsche Reim: 
Ued' immer Treu' und Redlichkeit, 
Auch in polit'schen Dingen, 
Und weiche keinen Finger breit 
Von Elsaß und Lothringen? 
Soll ich dich nun auf der Slelle mit 
einer Ohrfeige oder mit meiner sullen Ver⸗ 
achtung strafen ? sagt der Lehrer zum Sshü⸗ 
ler. — „Ach da vitte ich lieher um Ihre 
stille Verachtung.“* 9 
Ein ziemlich elend aujehender Mensch wird 
zu lebenslänglicher Gelangenschaft verurtheilt. 
„Das wird er schwerlich aushalten!“ ruft 
Finer ans. 
Musißlantenstreiche. 
Von Willi Windeler. 
Beim neunundsiebzizsten Regiment 
Der Hildesheim⸗Infant'risten 
Befand fich ein zar durstig Corps 
Tapf'rer Hauiboisten. 
Die hat man hinter die Front gestellt 
Zu ihrem schweren Verdrusse, 
Dieweil der tapf're Oberst meint 
Weit sei gut vor'm Schuffe. 
Im neunten Jänner ging's Regiment 
Ben St. Bincent recoznosciren, 
Und auf 'ner andern Straße muß 
Die Masik marschiren. 
„Pfui Te fel, sagte der Dirigen 
„Das ist ein Zug ohne Ehre. J 
„Wie degradirt marschirt man hie 
HOhne Schießgewehre i⸗ 
Und rüftig vorwärts marschirt die Schaar, 
Bis die Sonne untergegangen. — 
And sie beim Glanz des frischen Schnee's 
In ein Dorf gelangen. 
Die Schenke war mit Feinden beseßt, 
Es waren zwölf Franclireure. 
„Na, schnunzelte der Dirigent, 
„Nu vibt's ja Gewehre.“ 
vGewehre und Wein. rufi Schulze aus, 
.Mehr kinn man doch nicht veriangen, 
Con tempo farioso, mei e Herrn, 
»Druf und dran gegungen 12* 
Mit lautem Hurrah und dem Elan 
Neunundfieugiger Infant'risten 
Stürmte muthig die Schenkenthür 
Das Corps der Hautboisten. 
Und sauvs qui pout ist der Off'cier 
—— Fenster hinausge angen. 
ro ert waren die Chasse⸗ots 
Und ihre Herren gefanhen. 
Und schmunzelnd annectirt die Musik 
Der Feinde vlanke Gewehre. 1— 
Und leerte etliche Schoppen Wein 
Und gab dem Herrin die Ehre. —3 
Nit elf Gefangenen thäten sie d'rauß 
Rach St. Vincent marschiren 
Und der. Herr Ooerst hat schmunzelnd g'sagt: 
„Das nenn' ich musiciren“ J 
——— 
Druck an. Veriag von F. X. Dér⸗.in St. Jugber9t. 35