Full text: St. Ingberter Anzeiger

Rarbe betrachtete, die sich oberhalb der Stirn, 
paras⸗l mit der Längenseite derselben hinpog 
Am andern Tage saß das prinzliche Paar 
in dem Fstialon des Herzogs, obtuan an 
n⸗ stzto Tafß⸗l, von Huldigungen 
und Aufmerksamke!:ten aller Art umflossen. 
Der Wein war den Gästen bereits zu 
Zopfe gesti gen. MNan nahm es mit den 
Worten nicht mehr so genau wie zu‘ Anfang 
des Bankettd. Die übersprudelnde französische 
debhoftigleit und leichte Froͤhlichkeit siegten 
über die Zwangsregeln der Etiketꝛie. Da wandte 
sich Murat im leichten Kowwersationstone an 
den Gastgeber:“ 
„Paroleu, lieber Herzog! Ihre Speiser 
nd voartefflich“ zub reitet. Sie müfsen den 
besten Koch der Welt haben, denn nie erinnere 
ich mich, besser gespeist zu haben·“· 
„Ich habe allerdiegs einen ausgezeichneten 
soch,“ bemerkie der Herzog mit S Iostgefäl⸗ 
ligkeit, „und auch was ebenso werthvoll ist, 
eine anhängliche treue Seele, denn er ist 
bereits ein Vierteljahrhundert in meinen 
Diensten !“ 
So f fragte“ der Prinz. ‚und sein 
Name dẽ 
Jakob Billefort! c· 7. 
Murat diß die Spihe einer Havannazigarre 
—ä — 
Darf jch Sie pmun eine Gefaͤlligkeit er⸗ 
— 25 
2 Sie ist zum Boraus erfüllt, Prinz?“ 
Nun wohl, tteten Sie mir Ihren Koch 
ab. Sie finden wohl elnen andern, ebenso 
muverfösstgen unb talentvollen Herdfeuerbe 
herricher···· 
„Site! Sie belieben zu scherzen!“ ent⸗ 
gegnete der Herzon, in dessen Antlitz die 
Schatten des Unmuths und der Verlegenhen 
kämpften. 
Ich fcherze nicht, Herzog! ein Kech, wie 
dir Ihre, fehlt mir seit lange. Ich hoffe, Sie 
verdenꝰ einer· Berbesserung der Lage Itnes 
alen ·treuen · Dieners nirhts entgegen zu seen 
aben. Ich bewillige Jatot Billesort einen 
— von 8000 Franken, damit sind 
eithehucht Nebentebenüen verbunden “ 
Der Herzog komnte es nicht über aich 
ewinnen, dem einflußreichen? Prinzen die 
Bitze ahzuschiagen, uud so ließ er nach auf⸗ 
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Koch zu fich rusen und 
agte ihm ungefähr Folgendes: 
Mein guter Jakob! Ich kann dich, so 
leid es mir thut, ferner nicht behalten. Der 
allmächtige Prinz Murot, der Schwager det 
sKaisers von Frankreich, will dich gegen ein 
ansehnliches Jahresgehalt in feine Die sie 
nehmen, und.. .. unds ich habe dich abge⸗ 
treten Du wirst nicht in die Lage kommen, 
mit dem Tausche unzufrieden zu sein. Der 
Prinz ist ein gütiger, wohlwollender Herr 
und in seinem Palais verkehren die döchsten 
Würdenträger des Landes! Ich möchte mich 
nicht gern dem hochgestellten Manne verfeinden 
und bitte dich deßhalb, nimm die Stelle an! 
„Es ift gut,“ sprach Billefort nach kurzem 
Bedenken, Fich nehme an und werde mich 
noch heute in das Palais des Prinzen dver⸗ 
jügen. J 
Murat hirtte bereits verschiedene Male 
seinen Kammerdiener gefragt, ob der neue 
Koch noch immer nicht eingetroffen sei. Ent lich 
konnte dieser die willlommene Nachricht brin⸗ 
gen, daß der Koch des Herzogs vom Cam⸗ 
bacörées im Vorzimmer warte. 
.Laß ihn he einkommen!“ befahl Murat 
mit einiger Ungeduld. Jalob Billefort trat 
ein und verneingte sich ohne Schen, àdoch mit 
Ehrerbietung vor seinem neuen Herru, der 
ihn aufmerlsjam und mit einem seinen Lächeln 
XX * —X — 
:Kenust du mich noch, Jakob Billekort 7 
fragte er mit einiger Schärfr im Tone. 
Sire!“ erwiderte Billefort, Fich habe 
sie als General und als Prinz verschiedeue 
Male zu. Pferde gesehen und im Uebrigen 
keunt jedes Kind den, Schwager des Kasers. 
„Und sonst hast du mich nie gesehen d713 
.Ni Sire — 2* 
—*8— ich kenne dich seit lauge,“ sagte 
Murat, indem ve das Hear emporstrich und 
mit dem Zeigefinger die, Narbe berührte, 
‚meinst du, so e was vernäße sich ?“ 2 
Die AMAugen, des Kochs eirweiterten sich 
dlötzlich. Es wor, als fände in diesem Moment 
irgend eine düstere Ahnung in seiner Bruft 
die unver muthete schreckliche Bestätigdung. Er 
wurde leichentlaß, taumelte einige Schritte 
surück bis an die Thür, schien aber durch 
den wohlwollenden Ausbdruck in Mural's Zügen