Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anterhaltungsblatte 
St Ingberter-Anzeiger. 
Nr. 6. Dounnerstag, den 12. 
?—aAunor 
iar 
— 
— Lord Kyse. 
Nach dem amerikanischen Originale des 
Charles T. Manners.— 
Frei bearbeitet von Lina Freifrau v. Berlepsch. 
—DDV—— 
J IFortsetzung.)“A. 35 J 
Ein Bauer! der mit einem schweren Korbe 
chiien entgegenkam, bejahte hastig des Wirthes 
dringende Frage, Os ich einen Mann fah, 
der wie verrüdt dahinritt? Meiner Treu, hat 
er mich doch fast niederzewsrfen, und statt sich 
zu entschuldigen itir die fremdländischsten Flüche 
nachgerufen. Dort unten spraug er ab; nahm 
sich aber nicht Zeit, das Pferd anzubinden, 
sondern rannte nag einem Boote; das dort 
angekettet lag.“ 
glatte Fläche, die im Sonnenschein schimnierte 
und glänzte. 
.Ah. dort ists — dort bei der Klippe.“ 
Er deutete hinaus nach“der fernen Stelle, 
fuhr aber gleich erbleichend fort », Barmher⸗ 
iger Himmel, das Boot ist umgsch agen! und 
was suchen jene Fischer ? Warnm versanimit 
sich dort die Menge du 
Hugo Cartright erblaßte.n 
ESie gauben doch nicht, daße ein Unglüc 
geschehen ? staumelte er.ne 
Ich glaubendaß ihr Freund erteunken 
ist.“ ñ 
Hugo sprong!ans: dem“ Wagen, und eitte 
zu der Menge, die plaͤudernd und gestikulirend 
beisammen stand. * 
Mehrere Schiffer hatten den Fremden vom 
Ufer stoßen sehen uud die gleichmäßigen kräf; 
tigen Schläge bewundert. Er ruderte weit 
hinans in den Sce und rastete dann. Auf 
einmal erhob er sich und beugke sich über das 
Bout. Einige behaupteten, er habe sich das 
Anilitz benetzt, Andere, ex sei über Bord ge⸗— 
sprurgen, um zu jchwimmen. Da er ein vor— 
züglicher Ruderer war, dachte nmian nichts wei 
ier davon, und als selae Stellung sich dauernd 
zleich blieb, kehrten die Leute wieder zur 
Arbeil zurück. Erst vor wenigen Minuten 
hatte einer pon ijhuen bemerkt, daß das Boot 
amgeschlagen „sei, und man folgerte nun, die 
angleiche Bewegung des Sees habe den Frem 
den unversehens getroffen und aus dem Boote 
Jeworfen. In diesem Falle mußte er bftige 
Anstrengungen gemacht haben, es wieder zu 
erreichen, deun es schwamm mit dem ctiel 
auch oben.“ in ee 
„Und das Pferd ist eben allein heimge— 
kommen,“ rief Hugo sichtlich erleichtert, „dann 
ist unser Schrecken grundlos, denn er ist auch 
ein guter Ruderer.“ 
„Wo aber ist das Boot?“ fragte der 
BGastgeber, „es müßte von hier aus in Sicht 
sein; zur Zeit des Seichens“ bedarf es zu⸗ 
dem einer festeren Hand, als die seine an 
sein schien“ * 
Der gute Mann erhob sich mit den Wor⸗ 
ten und blickte forschend hinaus auf die spicgel⸗ 
Der Genfersee hat zu gewissen Zeiten und an 
gewissen Stellen das sanderbare Phaͤnomen eines 
Steigens und Fallens von 225 Zuß in 25 Mi—⸗ 
nuten. Man heißt das „Seichen.“ Die Erscheinung 
wurde nie genügend erklärt, bedingt sich aber wahr⸗ 
scheinlich durch ungleichen Luftdrud auf verschiedene 
Stellen des Waßerspiegelsα 3