Alten den Rücken und stieg rasch die Treppe
hinunter.
Es schlug neun Uhr, als er die Kaserne
derließ, eine Viertelstunde spuͤter trat er in
das Wohnzimmer seiner Mutter. — Die alte
Frau saß in ihrem mit Leder überzogenen
Sessel und las, die Hände in den Schooß
gefaltet, in der Bibel. Sie erschrack, als sie
so plötzlich in das bleiche, von Wuth und
Haß enistellte Antlitz des Sohnes blickte.
Wo ist Barbara ?“ war die erste Frage,
welche Hugo an die Mutter richtete.
Ich weiß es nicht,“ erwiderte die alte
Frau, der diese Frage, verbunden mit dem
ünh il vertündenden Blicke, Enisetzen einfloͤßte,
„Seit Deiner Abreise habe ich sie nicht wie⸗
dergeschen“
Der Förster lachte laut und höhuisch auf;
es war das Lachen der Verzweiflung. Er
warf sich auf einen Stuhl, daß der morsche
Sitz krachee. —
Du weißt es nicht ? — Leere Ausreden!
Wo ist Georg?“
„Herr des Himmels — meine Ahnung!“
rief die alte Frau, sich erhebend. „Er war
e8, und erst jetzt, nachdem ich ihn hier ver⸗
loren hatte, muß ich das entdecken!“
„Mich täuscht man nicht so leicht, Mut⸗
ser,“ versetzte der Förster mit erzwungener
Ruhe. Du wußtest, daß jener Baron von
Westen Georg war, wußtest, daß er, um an
nir Rache zu nehmen, meine Braut entführen
—W
In dem Blick der alten Frau leuchtete
eine Hoheit, welche dem ungerecht und vorur⸗
heilsvoll anklagenden Sohne Schweigen gebot.
Wenn Barbara entführt ist, wenn jener
Baron von Westen sie entführt hat, so höre
—D aus Deinem
Munde,“ sagte sie ruhig. „Es ist wahr, daß
der Baron mit mir über Georg gesprochen,
daß diese Zusammenkunft in der Wohnung
Barbara's stattgefunden hat, aber mehr weiß
cch nicht. Du klagst mich und Deine Braut
. Erinnere Dich jenes Abends vor Deiner
Abreise. War Dein jähzorniges Wesen, Dein
rohes Betragen geeignet, Liebe für Dich zu
Awecken? Wenn Barbara Dir untreu ge⸗
worden ist, dann magst Du die Schuld Dir
allein zuschreiben.“
Der Förster hatte sich erhoben, cinen Wand⸗
schrank geöffnet und aus diesem ein Pistol
genommen. Ohne ein Wort zu erwidern, lud
er die Waffe. W
Ich weiß nicht, wer Dir ins Ohr ge⸗
raun hat, Grorg habe Deine Braut entführt,“
fuhr die Mutter nach einer Pause fort, rathe
Dir aber, zuvor der Sache auf den Grund
zu gehen, und nicht Deinem Jähzorn zu folgen,
der Dich zu einem gräßlichen Verbrechen hin⸗
reißen lönnte.“
Der Förster ließ den Hahn herunter und
sud das Pistol mit einer Kugel. „Ich werde
nit meiner Untersuchung rasch fertig sein.“
entgegnete er, ohne aufzublicken.
Willst Du Dir das Kainszeichen auf die
Stirne drücken? Hugo, Hugo, bedenke die
grauen Haare Deiner Mutter.“
Hat Georg sie bedacht, als er den Dieb⸗
tahl beging?“ fuhr der junge Mann wild
auf. „Er blieb Dein Liebling auch dann noch,
als der Assisenhof ihn zu drei Jahre Zucht⸗
jaus verurtheilte. Ich dagegen war von jeher
in Fremdling im Elternhause.“ — J
Trotig bückten die glühenden Augen Hu⸗
zo's der Mutter in's Antlitz, die alte Frau
allete die Hände, eint Thräne rann über ihre
Wangen. Sie erschrack nicht vor diesem Hasse,
sie kannte ihn ja seit Jahren; sie vertraute
zuf Gott, der das Geschick der Menschen
lenkt.
Der Förster stectte das Pistol in die
Tasche und schnallte den Gurt, an welchem
der Hirschfänger hing, fest um seine Hüfte.
DHugo, eins gelobe mir, bevor Du diese
Schwelle überschreitest,“ nahm die Mutter
noch einmal das Wort. Versündige Dich
nicht an Deinem Bruder, denl', es war Deine
Munter, die ihn unterm Herzen trug.“
FIch weiß, wie weit ich gehen darf,“
hraufte der Förster auf, seinetwegen wird
nan mich nicht auf das Schaffot schleppen.“
Laß das Pistol hier !“ bat die Mutter.
Ich lese einen schrecklichen Gedanken auf
Deiner Stirne · I
Der Fvörster schob die alte Frau bei Seite
ind ging schweigend hinaus. 9
Einige Bekannte, welche ihm begegneten,
zrüßten, er dankte nicht; den Blick slier vor
ich hingerichtet, durchschritt er eilig dieStra—