Anterhaltungsblatt
um
St. Ingberter Anzeiger.
NI. 69. Dienstag, den 183. Juni
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Zie Brüder.
Original⸗Novelle von Ewald August König:
entgegnete Georg ruhig. „Meine Unschuld ist
in den Tag gekommen, morgen wird die Zei—
ung uäher darüber berichten. Laß uns auf⸗
richtig mit einander reden. Woher Dein Haß
zegen mich rührt, vermag ich nicht zu ergründen?
in zu versöhnen, habe ich die Hoffnung ver⸗
oren. Unsere Mutter leidet darunter. Dir
cheint dies gleichgiltig zu sein, und doch
sönnte ein Wort von Dir ihr den Frieden
urückgeben.“
„Warst Du es nicht, der mir die Liebe
neiner Eltern raubte?“ versetzte Hugo verächt-
ich. „Warst Du nicht der Liebling. ich der
Fremdling im Hause unserer Eltern? Wenn
Dir der Grund nicht einleuchtet, dann ver⸗
ichte ich darauf, Dir andere zu nennen.
leberhaupt kümmert di ser Punkt mich wenig,
he kann Deine Liebe sehr gut entbehren. Ich
rage Dich noch einmal, willst Du mir sagen,
vo Barbara ist ?“
And ich wiederhole, forsche nicht danach,
ie hat Dich nie geliebt. Du selbst hast das
Band gelöst, durch welches sie sich an Dich
Jefesselt glaubte. Sei vernünftig, Hugo. Ich
ehe den Fall, Du zwingst sie, Dir zum Altar
zu folgen, glaubst Du, daß Du an ihrer
Seite Dein Glück finden wirst? Niemals, Eure
Tharaktere harmoniren nicht miteinander, Du
aift jähzornig, sie ist sanft, Du bist roh,
zartherzig, sie hat ein weiches Gemüth, ein
nildthätiges Herz.“
Die Augen des Försters sprühten Blitze,
inwillkührlich griff er in die Brufttasche,
seine Rechte umllammerte krampfhaft den Schaft
des Pistols.
„Ich mache Dir einen Vorschlag. Forsche
(Fortsetzung.)
„Glaube nicht, daß Du mir noch einmal
entrinnen oder mich mit einem Uriasbriefe
fortschicken kannst,“ fuhr Hugo fort, „Du sollst
mir Rede stehen, ich werde Dich dazu zwingen.
Du hattest wohl nicht erwartet, daß ich so
bald zurückkehren würde? Danke es Deinem
Genossen, den Du im Zuchthause kennen
lerntest, hätte nicht der Zufall ihm mir in
den Weg geführt, ich wäre das Opfer Deines
Bubenstreichs geworden.“
Georg hatte sich rasch gefaßt, er bot dem
„Bruder die Hand. „Laß diesen unseligen Haß,
der seit unserer Kindheit in Deinem Herzen
wurzelt und durch nichts gerechtfertigt ist, fah⸗
ren,“ sagte er, „und höre mich ruhig an.“
Ein rohes, höhnisches Lachen war die
Antwort des Försters. „Ich bin nicht in der
Stimmung, auf sentimentale Phrasen einzu—
gehen,“ versetzte er, „nur die eine Frage be—
antworte mir: Wo ist Barbara? Willst Du
etwa leugnen, daß Du sie verführt hast?“
„Du wirst nie erfahren, wo sie weilt, sie
liebt Dich nicht, hat Dich nie geliebt, das
mag Dir genügen!“
„So rasch glaubst Du das abzumachen ?“
rief der Förster wild auffahrend. „Vildest Du
Dir etwa ein, sie sei in Dich verliebt? In's
Zuchthaus sollst Du zurück, wohin Du ge⸗
hörft, ich werde schon erfahren, wo das Mäd—
chen ist.“
„Du wirst Dir vergebliche Mühe machen,“