dem Mädchen nicht nach, gelobe mir, unserm
Blück niemals in den Weg treten zu wollen,
and ich zahle Dir am Tage unserer Hochzeit
tausend Thaler.“
„Wo ist das Mädchen?“ fragte der För⸗
ster mir eisiger Ruhe, ohne auf den Vorschlag
ein Wort zu erwidern. „Wirst Du mirs sagen
oder nicht ?“
„Sie ist meine Braut ?“
Hugo trat einen Schritt zurück, der Hahn
knackte, der Finger lag bereits am Drücder.
Georg vernahm das Geräusch, welches
das Aufziehen des Hahns verursachte, er trat
ruhig vor den Bruder hiu.
„Dürstet Dein Haß nach meinem Blute,
—V
das Herz nicht sehlen.“
Die Ruhe Georgs reizte den Haß und
die Wuth des Försters nur och mehr. Er
sprang zurück. „Du, Du hast das Mädchen
bethört!“ schrie er. „Du hast ihr zugeredet,
sie solle den armen Schlucker laufen lassen
und sich dafür dem Baron in die Arme
werfen. Aber noch bin ich da, der entsprungene
Zuchthäusler“ —-
„Halt!“ siel Georg mit erhöhter Stimme
ihm ins Wort. „Du bist im Irrthum, wenn
Du glaubest, ich habe mich solcher Mittel be—
dient, um die Liebe Barbara's zu gewinnen.
Aber wenn ich dies auch gethan hätte, es
würde Dich nicht berechtigen zu jenen Worten,
welche Du vorhin gegen mich ausstießest, Du
magst mit mir reden, in welchem Tone Du
willst, jener Worte bediene Dich nicht mehr,
oder ich ersuche den Wirth, daß er mich in
—
ungen sicher stellt!“ Er griff bei den letzten
Worten zur Schelle. In demselben Augenblick
zoz Hugo, auf's Aeußerste gereizt, die Hand
aus der Tasche. Ein Blitz, ein Knall —
Georg sank, die Hand aufs Herz gepreßt,
auf den Teppich nieder.
Der Blick des Försters blieb ei e Weile
stier auf das blutende Opfer gerichtet. Ent⸗
setzen, Angst und Reue spiegelten sich in dem⸗
selben. — Da wurde es laut unten im
Hause, man stürmte die Treppe hinauf, nur
noch einige Sekunden und das gräßliche Ver—
brechen war entdeckt. Den Förster weckte die⸗
ser Lärm aus der Betäubung, er schleuderte
das Pistol weit von sich, öffnete die Thüre
uind eilte hinaus. Zwur versuchten einige Arme,
hn auf der Treppe aufzuhalten, aber mit
yerkulischer Kraft schob Hugo die Kellner und
Bäste bei Seite. Man hatte nicht daran ge—
»acht, die Hausthüre zu verschließen, der
Mörder war entflohen, noch ehe die, welchen
ꝛr auf seiner Flucht begegnete, von ihrer
Bestüczung sich erholten. Der Commerzienrath
befand sich unter den Ersten, welche den
Schauplatz des Verbrechens betreten. Er ord⸗
nete unverzüglich das Nöthige zur Rettung
des schwer Verwundeten und zur Verfolgung
des Mörders an.
Fünfzehntes Kapitel.
Vater und Tochter.
Kurz nach der Abreise Georgs hatt—
Barbara durch den Diener ihres Geliebten
ein Billet erhalten, welches nur die wenigen
Zeilen enthielt: „Sollte ich innerhalb sechs
Tagen nicht zurück sein, so wirst Du an Frau
Bölling eine Freundin finden.“
Diese Frist war nun verstrichen und Georg
noch immer nicht zurückgekehrt. Weshalb er
abgereist war, was er zu besorgen gehabt
hatte, das Mädchen wußte es nicht, und diese
Angewißheit, welche ihren Befürchtungen weiten
Spielraum ließ, erregte ihre Angst. Sie ar—
beitete und sang nicht mehr.
Vom Morgengrauen bis in die sinkende
Nacht saß sie an dem Fenster, von dem aus
ie den Weg übersehen konnte, den Georg
eingeschlagen hatte. In jeder Gestalt, welche
in der Ferne sich auf dem Wege zeigte, glaubte
fie den Geliebten zu erkennen. Bei jedem
eisen Geräusch hoffte sie, die Thür werde sich
zffnen und Georg in ihre Arme eilen. Dann
und wann krachte das Holz der theilweisen
nieuen Möbel, erschreckt fuhr das Mädchen
usammen, und auch der Kanarienvogel brach
jann plötzlich in seinem Gesang ab. Die—
Schweben in peinlicher Ungewißheit, dieses
Hoffen und Fürchten, dieses Sehnen und
Warten mit seinen Täuschungen ist eine qual⸗
volle Folter für das Menschenherz.
In der Nacht vom sechsten auf den sie⸗
henten Tag fuhr Varbara plötzlich aus dem