Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Also dafür ist das ganze Haus geschmückt 
und bekränzt worden?“ 
„Natürlich! Glaubt Ihr, der Commer- 
nienrath lasse das ohne irgend eine ganz be⸗ 
sondere Ursache thun ?* J 
„So zieht Herr Bölling in die Stadt ?“ 
Steffens sah den Fragenden so überrascht 
an, als ob er sehr geneigt sei, an dem ge— 
sunden Menschenverstande desselben zu zweifeln. 
„Ist Euch denn in den letzten Tagen gar 
nichts in dem Benehmen Eures Herrn auf— 
gefallen?“ fragte er nach einer Pause. — 
„Nun, erfahren müßt Ihr's doch einmal, 
weshalb also soll ich länger ein Geheimniß 
daraus machen ?“ 
Jean rückte unwillkührlich näher. Der 
Alte fuhr einige Male mit der Hand über 
den Rücken seines Hundes und klappte die 
Postille zu. 
„Bevor unser Herr heirathete, hatte et 
eine Liebschaft mit einem armen, aber grund⸗ 
braven Mädchen,“ fuhr er leise sort. „Wäre 
es seinem Willen nachgegangen, so haͤtte dieses 
Mädchen noch einmal den Titel „Frau Com⸗ 
merzienraͤthin“ geführt, aber der alle Herr 
ließ einen solchen Willen nicht gelten. Der 
Sohn mußie sich fügen und seinem Liebchen 
abschreiben. Sie zog von hier fort und niemals 
hoi man seitdem etwas von ihr gehört. Im 
dergangenen Frühjahr erfuhr unser Herr, daß 
jenes Mädchen eine Tochter hinterlassen habe, 
iurz nach der Geburt dieses Kindes aber ge⸗ 
slorben sei. Diese Tochter num' hat er gefunden, 
ihrem Einzuge in das Haus des Vaters gelten 
die Kränze und das Gastmahl· 
„Aber woher kommt es, daß nur vier 
Gedecke aufliegen ?“ fragis Jean. „Ich denle 
bei einer solchen Feier dürften die guten 
Bekannten und Freunde nicht sehlen“ 
„Das thut die Sippschaft, welche das — 
Fräulein mit ins Haus bringt,“ entgegnete Rwelinsvige Fharade. 
Steffens lakonisch. „Denlt Euch also, der .4.893 ⸗ 
Water hat endlich seine Tochter gefunden, . — & e 
das Madchen ist ichbn, gebildet, geistreich; 2. Sylbe. 
kurz: ganz so erzogen, daß sie dem Stande Was Dein ist, das gehört mein, 
ihres Vaters nur zur Zierde gereichen kann. Sollt cw aus wn ee Wille sein. 
Der alie Herr ist erfreut, er will sein Kind 
zifentlich anerkennen, er baut im Geiste die ö Wneddewect 
zerrlichsten Lufischlösser sür die Zukunft, da 
rklärt aber die Tochter, sie werde nie sein 
daus betreten, wenn sie nicht ihren Bräutigam 
nitbringen dürfe. Natürlich, bei dem Bräutigam 
leibt's nicht, die Schwiegermutter darf auch 
nicht zurückbleiben. Der Vater bittet, droht 
Alles umsonst, die Tochter beharrt eigensinnig 
xi ihrem Willen. Was bleibt dem alten 
derrn endlich übrig? Er muß nachgeben, 
denn er nicht auf sein Kind verzichten will“. 
GFortsetzung folgt.) 
A 
Artillerie! 
So hieß in jenen Tagen, 
Das Losungswort in jeglichem Gefecht, 
Mit dieser Waffe darf man dreist es wagen, 
Den Feind zu treffen wie es Fug und Recht. 
————— —— 
Und Schreck und Graus ergreift des Feindes Reihen 
Er weicht zurück, es hilft kein Widerstand. 
Wir sind verrathen schallt's und müssen weichen, 
Amsonsi das Leben für das Frankenland. 
Mög' Artillerie nun mehr und mehr gedeihen, 
und wachsen wie die Eich' im deutschen Land, 
Wir wollen, nach wie vor, dem Vaterland uns weihen, 
Und niemals herrscht der Feind auf deutscheu Strand. 
Druck and Verlag von F. X. Demeg in St. Ingbert.