Anterhaltungsblatt
St. Ingberter Anzeiger.
Vr. 79. Donnerstag, den 6. Juli
1831.
Ein dunkles Geheimniß.“*
Novelle
von Ewald August König.
jungen Mannes. Ich weiß es nicht, aber
nach meiner Ansicht muß innere Schönheit
sich mit der äußeren vereinen, wenn sie fesseln
joll, und darüber kann nur das Herz ein Ur⸗
theil fällen.“
Die Comtesse schwieg, sie mußte jetzt
überzeugt sein, daß der Besuch ihres Verwal⸗
valters nicht der Förstertochter gegolten hatte.
Was führte sie zu dem Förster? fragte sie
zach einer geraumen Weile. „Der Wunsch,
urch bessere Pflege und kräftigeren Schuß den
eldstand zu heben.“ Glauben Sie das er⸗
reichen zu können ? „Gewiß, wenn der Hert
Baron von Braß die Rüchsicht nehmen will,
einer Jagdwuth für einige Monate Einhalt
u gebieten.“ Der Freiherr von Braß wird
n meinem Forst kein Reh mehr schießen, er⸗
viderte die Comtesse ruhig. „Sie kennen den
ẽTharakter dieses Herrn-nicht, gnädiges Fräu—
ein.“ Ich habe ihn heute keunen gelernt und
zalte mich verpflichte, Sie vor ihm zu
varnen. Er hat mein Haus im Zorn ver⸗
afsen und gedroht, in der Nähe bleiben zu
vollen; wenn Sie ihm begegnen, gehen Sie
hm aus dem Wege, meht kann und darf ich
Ihnen jetzt nicht sagen. Nach diesen in auf—
allender Hast gesprochenen Worten zog die
Fomtesse die Zügel an; ehe der Verwalter
ich von seiner Ueberraschung erholt hatte; war
kleonore schon seinen Blicken entschwunden.
‚Der Würfel ist gefallen, der' entscheidende
Augenblick naht,“ murmelle der junge Manu.
Hätte ich nur gefunden, was ich suche, ich
vürde jetzt nichl mehr zögern, die Maske ab⸗
sureißen. Was sie mit ihm gehabt hat? Es
ist nicht schwer zu errathen, die Herrschaft der
(Fortsetzung.)
Es schien fast, als ob dem Verwalter viel
daran liege, die Zweifel der Comtesse zu he⸗
ben und ihren Verdacht im Keime zu ersticken,
denn er wählte dieselbe Richtung, welche sie
eingeschlagen hatte, und als er die junge
Dame erreichte, redete er sie an, ohne abzu—
warten, ob sie sich geneigt zeigte, ein Gespräch
mit ihm anzuknüpfen.
Er sprach von den Anordnungen, die er
getroffen hatte, um den Wildstand zu ver⸗
bessern, nund lobte bii dieset Gelegenheit den
Foͤrster als einen schlichten Biedermann, auf
dessen Treue und Rechtlichteit man in allen
Fällen bauen dürfe. Die Comtesse hörte ihn
schweigend an, ein Lächeln bitterer Ironie
zlitt über ihre Lippen. Der Föister soll eine
sehr schöne Tochter baben, warf sie in einem
Tone hin, der den jungen Mann befremdete.
„Man sagt es, gnädiges Fräulein, ob dieses Ge⸗
rücht wahr ist, vermag ich nicht zu beurtheilen.“
Ah, hütet der Förster sein Kind so sehr, daß
er den Anblick desselben seinen Gästen entzieht?
„Keineswegs, aber ich finde kein Interesse
daran, einem hübschen Mädchen tiefer in's
Auge zu blicken, wie ich es vor meinem Ge—⸗
wissen verantworten kann.“ Und ist dies
nöthig, um die Schbnheit des Mädchens be—⸗
urtheilen zu können ? fragte Eleonore mit einem
forschenden Seitenblick auf die Züge des