Full text: St. Ingberter Anzeiger

Grafen von Strahlen war der Goldfisch, nach 
welchem dieser verarmte Landjunker die Angel 
auswarf! Ob ich ihr folge und erkläre — 
Geduld, die Zeit ist noch nicht gekommen.“ 
Der junge Mann warf plötzlich sein 
Pferd herum und kehrte im scharsen Trabe 
zum Forsthause zurück. Laßt durch einen 
Eurer Burschen das Pferd zurückbringen und 
kommt mit mir, sagte er zu dem Förster, der 
über die ugrwartete Rückkehr des Verwal⸗ 
ters erstaunt, herausgetreten war. Nehmt 
Eure Büchse mit und gürtet den Hirschfänger 
um, man kann nicht wissen, wozu es gut ist, 
in gewissen Augenblicken bewaffnet zu sein. 
Der Förster schien offenbar sich den Zweck 
dieser Aufforderung nicht enträthseln zu können, 
dennoch tam er ihr ohne Widerstand nach. 
Er beauftragte einen Jägerburschen, das Pferd 
heimzubringen, und folgte dem jungen Manne, 
der einen Fußpfad einschlug. 
Der Freiherr hat das Schloß verlassen, 
der Zweck also, zu welchem wir uns verbün⸗ 
det haben, ist ohne unser Zuthun bereits er⸗ 
reicht, nahm der Verwalter nach einer geraumen 
Weile das Wort. Aber der Freiherr ist im 
Zorune geschieden, und wir kennen den Cha⸗ 
ralter dieses Mannes genugsam, um zu wissen, 
daß er die Comtesse beobachten und mit 
jeinem glühenden Haß verfolgen wird. Schon 
aus diesem Grunde müssen wir scharfe Wacht 
halten und dies wird uns schwer fallen, weil 
auch auf uns ein Theil seines Hasses sich 
erstrect. „Der Freiherr hat sich mit der 
Comtesse entzweit ?“ fraͤgte der Förster 
freudig überrascht. „Aus welchem Grunde 7 
Sie werden begreifen, daß mir das gnä⸗ 
dige Fräulein die Ursache nicht genannt hat, 
erwiderte Stern achselzuckend, dennoch glaube 
ich sie zu errathen. Des Freiherrn einziges 
Streben war darauf gerichtet, sich in den 
alleinigen Besitz der Strahleu'schen Güter zu 
setzen, und dazu gab es nur einen Weg, den 
der Heirath mit dem gnädigen Fräulein. 
„Sie glauben also, daß er sich einen Korb 
geholt hat?“ 
Und zwar einen sehr derb geflochtenen. 
„Dann glaube ich, haben wir nicht noͤthig, 
uns weiteren Besorgnissen hinzugeben, der Frei⸗ 
herr wird es nicht wagen, die Schwelle des 
Schlofses wieder zu Überschreiten.“ 
Und wenn er es thulte, glauben Sie, die 
Tomtesse besitze die Macht, es ihm zu wehren? 
Unter ihrem ganzen Dienstpersonal ist der 
ceutscher der Einzige, den ich für zuverlässig 
und treu halte. — „So sorgen Sie dafür, 
daß die Andern entlafsen und durch befsere 
Dienstboten ersetzt werden,“ bemerkte der 
Föester ruhig. „Sie haben ja jetzt die Gewalt 
in den Händen.“ 
Der Verwalter schüttelte aber den Kopf. 
Das ist rasch gesagt, leider nicht sobald ge⸗ 
than. Wollte ich jetzt der Comtesse das Ge⸗ 
webe zeigen, in welches der Baron sie verstrickt 
hat, so würde sie meinen Enthüllungen andere 
Bründe unterschieben, als diejenigen, welche 
in Wirklichkeit mich leiten, sagte er, sie würde 
dermuthen, daß ich durch meinen Haß mich 
hinreißen lasse, Verleumdungen zu ersinnen, 
die zu beweisen mir jeder Anhaltspunkt fehlt. 
Dann aber auch möchte ich nicht gern offen 
gegen den Freiherrn auftreten, meine Gründe 
werden Ihnen vielleicht im Laufe der Zeit 
klar werden. Der Freiherr logirt in der 
„Sonne“, ich bin überzeugt, er wird D. 
obald noch nicht verlassen und durch seine 
Spione die genauesten Erkundigungen über 
Alles, was im Schlosse vorfällt, einziehen. 
„Mag er es thun, was will er dem gnädigen 
Fräulein anhaben ?“ fragte der Förster ge⸗ 
lassen. „Die Comtesse ist geachtet und de⸗ 
liebt.“ — 
Lieber Freund, ein einziges Wort kann 
der Achtung und Liebe den Todesstoß geben 
und ich halte den Freiherr fähg, dieses Wort 
ju sprechen. Aber noch ein anderer Grund 
bewegt mich, den Freiherrn nicht aus den 
Außen zu verlieren und — — können Sie 
ichweigen? Der Förster blieb stehen, er blickte 
den jungen Mann mit dem Ausdruck treuher⸗ 
iger Ehrlichkeit an. „Wenn Sie daran zwei⸗ 
elten, ob ich es fönne, würden Sie mir ihr 
Vertruuen geschenckt haben?“ fragte er. 
Sie haben Recht, fuhr der Verwalter fort. 
Ich halte Sie für einen treuen Diener, für 
einen Ehreumann, in des Wortes vollster 
Bedeutung; thäte ich es nicht, würde ich 
Ihnen meine Pläne nicht mitgetheilt haben, 
enn auch ohne Ihre Hilfe koͤnnte ich die⸗ 
elben ausführen. Erinnern Sie sich noch des 
Tages, an welchem der Baron von Reden,