Full text: St. Ingberter Anzeiger

AUnkerhaltungsblatt 
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St. Ingberter Anzeiger. 
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Dor 
Arstag, den 18. Juli 
Ein dunkles Geheimniß.* 
Novelle 
von Ewald August König. 
alsdann dafür sorgen, daß wir morgen Abend 
in Nummer Siebenzehn speisen.“ 
Gut, ich werde inzwischen auf einen Vor⸗ 
wand sinnen. Der Verwolter verabschiedete 
sich jetzt und kehrte in seine Wohnung zurück. 
Er prüfte im Laufe des Tages seine Schuß⸗ 
vaffen und steckte, bevor er am Abend ius 
Städtchen ging, einen Revolver in die Brust- 
asche. Zu welchem Zweck, wußte er zwar felbst 
uicht; aber er sagte sich, unter den obwal⸗ 
enden Verhältnissen sei es rathsam, wenn er 
ine Waffe bei sich führe, so lange er den 
Freiherrn in der Nähe wisse. Er traf im 
Basthofe „zur Sonne“ die kleine Gesellschaft 
hereits versammelt. Der Bürgermeister, der 
Freiherr, der Richter, der Gastwirth und der 
Doctor Sand saßen an dem Tische, an dem 
nur die Stammgäste Platz zu nehmen pflegten, 
und ihre Unterhaltung schien in dem Augenblick, 
in welchem der junge Mann eintrat, eine sehr 
ebhafte zu sein. 
Ah, gut, daß Sie kommen, rief der 
Richter dem Eintretenden entgegen, Sie wer⸗ 
den die Güte haben, Ihre Ansicht über eine 
Behauptung zu äußern, die hier energische 
Opposition findet. Ich habe vorhin behauptet, 
die schöne junge Gräfin von Strahlen traure 
noch immer um ihren Verlobten, sie werde 
die Liebe zu ihm mit in's Grab nehmen. 
„Und wer tritt dieser Ansicht entgegen, wenn 
ich fragen darf?“ erwiderte der Verwalter. 
Der Herr Baron von Braß, fuhr der 
Kichter fort. Er will behaupten, das gnädige 
Fräulein habe seitdem bereits eine Linison 
mit einem jungen Manne unter ihrem Stande 
angeknüpft. Der Verwalter mußte gewaltsam 
(Fortsetzung.) 
Ich theile Ihren Verdacht und bin über⸗ 
zeugt, daß er begründet ist, nahm der Richter 
aach einer Pause wieder das Wort, aber ich 
glaube auch, daß wir dieses Geheimniß nicht 
enthüllen werden. „Selbst dadurch nicht, wenn 
ich den Beweis liefern wollte, daß jener Dolch- 
stoß nur von fremder Hand geführt worden 
sein kann,“ fügte der Arzt hinzu. 
Das können Sie beweisen? fragte der 
Verwalter rasch. „Vielleicht.“ 
Dadurch wäre möglicherweise ein Halte— 
punkt gewonnen, sagte der Richter. „Halten 
wir auch dies im Auge,“ fuhr der junge 
Mann fort, „ich werde Ihnen Morgen Abend 
den Beweis liefern, daß die mit einem Nacht— 
ciegel geschlossene Thür von außen geöffnet 
und wieder geschlossen werden kann. Ich wünsche, 
daß der Freiherr dabei zugegen ist, und dies 
kann nur dadurch ermöglicht werden, daß 
einer von Ihnen, meine Herren ihn einladet. 
Ich will dies übernehmen, erwiderte der 
Arzt. Wird es aber nicht sein Auffallen er— 
regen, wenn ich ihm sage — „Daß wir in 
Nummer Siebenzehn speisen werden ? Gewiß, 
aber wir können seinem Verdacht vorbeugen. 
stommen Sie heute Abend in den Gasthof 
und laden Sie mich im Beisein des Freiherrn 
unter irgend einen Vorwand ein, ich werde