lieren — „Halt, halt!“ fiel der Richter dem
erregten Jüngling ins Wort: „Eile mit
Weile.“
Aber die Comtesse wird ahnungslos dieses
Gebräu trinken und — „Es ist keine Gefahr
dabei,“ sagte der Arzt ruhig. Und im Noth ˖
falle sind wir zu ihrem Schutze hier, fügte
der Richter hinzu. Sie kennt also die Pläne
des Freiherrn) Wana soll die Entführung
vor sich gehen? „Punkl zwölf Uhr,“ erwiderte
das Mädchen mit wachsender Angst.
Der Freiherr hofft, daß bis dahin die
Comtesse und der Verwalter im tiefen Schlafe
liegen werden? Wer ist außer Ihr mit ihm
im Bunde? „Der Kammerdiener und die
Köchin.“
Hat man Ihr ebenfalls eine Flasche Wein
gebracht ? „Nein, die Köchin hat das Pulver
in das Wasser geschüttet, welches das gnädige
Fräusein jeden Abend zu trinken pflegi. Die
Speisen sind stark gepfeffert —“
Ah, — ich verstehe. Wer wird die Beiden
fahren ? „Der Herr Baron fährt selbst.“
So, so, wohl mit den Pferden der Com⸗
kesse und ihrem eigenen Wagen? Desdalb also
ward der Kutscher beseitigt? „Das wissen Sie
auch schon ?“ fragte das Mädchen bestürzt.
Kind, die Obrigkeit weiß Alles. Wer be—
gleitet die Comtesse ? Jakob.“
Weiß Sie, welchen Weg man ein einschlagen
wird? „Ja.“
Führt dieser Weg derch den Park? „Nur
durch eineͤn Theil desselben. Wissen Sie, wo
die Einsiedelei ist?
Hm, das ist der nächste Weg nicht, der
nach C. führt. „Nach C. wollen sie auch
nicht·“·
Aber der Freiherr hat Auftrag gegeben,
daß sein Gepäck nach C. spedirt wird. „Um
diese Leute auf eine falsche Fährte zu führen,
für den Fall die Entführung entdeckt wird.“
Das habe ich sofort geahnt, sagte der
Arzt. „Ich begreife nicht, daß Sie dabei so
ruhig bleiben,“ nahm der Verwalter das Wort.
„Weshalb warnen wir die Comtesse nicht,
weshalb treffen wir nicht unsere Vorkehrungen
um diese Entführung zu verhindern ?“
Weil ich wünsche, daß sie in's Werk ge⸗
setzt wird, erwiderte der Richter mit gemesse
nem Ernst. Nur dann, wenn wir den Frei⸗
herrn auf der That ertappen, habe ich das
Recht, ihn und seinen Spießgesellen zu ver⸗
haften, begreifen Sie meine Handlungsweise
jetzt? „Allerdings, aber ich fürchte —
Bah, wir sind drei muthige entschlossene
Männer gegen zwei feige Memmen und zum
Neberfluß werde ich zwei Gensd'armen requi⸗
riren. — Sie hat jetzt die Wahl, fuhr er,
ich zu dem Mädchen wendend, fort, entweder
pielt Sie die Flasche und die Entführung
zelingt, dann wird Sie augenblicklich verhaftet,
und einige Jahre Zuchthaus sind Ihr so sicher,
wie das Amen in der Kirche: oder Sie kehrt
auf dem betretenen Wege um und hält zu
uns, alsdann darf Sie überzeugt sein, daß
das gnädige Fräulein Ihr verzeihen wird.
Also entschließe Sie sich. — „Ich bin ent—
schlossen,“ erwiderte das Stubenmädchen, dem
eine Last vom Herzrn fiel. Sie will uns also
beistehen: Ja, so viel es in meinen Kräften
liegt.“
Der Richter wanderte eine geraume Weile
nachdenklich auf und ab. So wird es am
besten sein, sagte er endlich, wir fassen ihn
bei der Einfiedelei ab, dort ist der Weg ziem⸗
lich shmal und die Bäume gewähren uns
hinreichenden Schutz. Haben Sie den Schlüssel
zu diesem Pavillon? „Ich führe ihn bei
mit,“ erwiderte der Arzt, „ich vergaß damals
hn abzugeben, seitdem hängt er noch an meinem
Schlüsselringe.
Desto besser, so warten wir in dem Pa⸗
billon, fuhr der Richter fort. Sie hatte uns
also vorhin die lautere Wahrheit gesagt?
Erinnere Sie sich, ob Sie nicht irgend etwas
vergessen, oder einen an sich vielleicht gering⸗
fügigen Umstand entstellt hat, denn auch das
Kleinste kann hier Bedeutung haben. „Ich
sagte Ihnen die Wahrheit und wußte meinen
Aussagen nichts mehr hinzuzusetzen, es sei
denn, daß —“
Daß dem Herrn Verwalter morgen früh
gesagt werden sollte, das gnädige Fräulein
habe in der Nacht eine Depesche erhalten und
sei darauf unverzüglich zur Residenz abgereist.
„Der Plan war in der That vortrefflich er⸗
sonnen,“ sagte der Verwalter, dem es noch
mmer nicht gelingen wollte, seiner Aufregung
Herr zu werden.
Vortrefflich ersonnen, aber die Ausführung