Full text: St. Ingberter Anzeiger

Züge seiner unbekannten Schreiberin die jenes 
Wesens trugen die er vor den Hufen der 
Pferde geschützt und die ihn mit so märchen⸗ 
jaft schönen Augen angesehen, daß er sie da— 
rüber nicht vergessen konnte. Täglich war er, 
(Fortsetzung.) von der Stunde, wo er die Unbekannte ge⸗ 
So sprechend, erbrach der Baron den Brief; sehen, dieselbe Straße passirt und zwar ohne 
doch kaum hatte er ihn gelesen, da vergaß er den Freund, vor dessen Spott er sich fürchtete. 
auch Müdigkeit und Schlaf. And unter jedem verschleierten. Gesicht fuchte 
Was ist das? Welche wunderbare Schriftl seine Einbildung ihr Antlitz; aber immer war 
Soll ich, kann ich daran glauben? Diese Frau es eine Andere, die ihn anblickte. Jetzt mußte 
ist an einen Mann gebunden, der fie nicht sie nun auch noch im Traum die Gestalt jener 
liebt, für den sie nichts fühlt, und dem sie unglücklichen Frau annehmen. — 
doch Treue bewahren will, und wenn Sie Noch früher, als er sollte, verließ er sein 
cug darüder zu Grunde geht? Die Arme! Lager, denn an Schlaf war doch mit solchen 
Die Beklagenswerthe! Wie gern möchte ich Bedanken nicht mehr zu denken. Am vor⸗ 
iht helfen, doch sie selbst hat mir ja jeden herrschendsten dachte er nach, wie es zu er⸗ 
Weg dazu abgeschnitten. O welch herrliches möglichen sei, der unglücklichen aber doch sehr 
Wesen mußt Du Liebliche sein, die Du einen tolzen Frau, trotz ihres Verbotes, einen Brief 
so kindlich unschuldigen Weg suchst, der die ukommen zu lassen. Der einzige Weg dazu 
Leere Deines fehnsüchtigen Herzens ausfüllen chien ihm nach langem Sinnen der, durch die⸗ 
soll, Deinen Ruf schützen und gleichzeitig elbe Zeitung, in der ihr Inserat gestanden, 
Deine Treue einem Manne erhalten soll. der an sie die Bitte zu richten, sich einen Bries 
sie nicht verdient.“ anter ersterer Adresse von der Post zu holen. 
Trotz dieses Eifers seiner laut geäußerten Er war mit der Ausführung dieses seines 
Theilnahme mukte der Baron beim Schlusse Vorhabens so ganz beschäftigt, daß er, als 
doch unwillkürlich lächeln. der Assessor kam und Beide nach dem Bahnhof 
Sonderbar, schon werde ich parteiisch gegen juhren/ ungewöhnlich einfilbig war. Dem 
inen Mann, den ich nicht kenne. Frauen Freunde fiel das weiter nicht auf, weil seine 
sind immer sehr schnell mit Verurtheilung über Reise ihn zu sehr in Anspruch nahm, und der 
uns fertig, und verstehen in so rührender Baron war ja immer ernster als er, jetzt konnte 
Sprache alles so hübsch zu übertreiben. — es noch die unbehagliche Stimmung sein, daß 
Doch eins liegt klar: sie fühlt sich unglücklich; er so lange allein in Berlin zurüdbleiben 
isch mag Riemanden leidend wissen, aber sollte. — 
wie kann ich hier helfen ) Nun, lassen wir Doch eins schien der lustige Freund nicht 
die Nacht vorübergehen, der helle Morgen vergessen zu haben; er fragte, ab die schöne 
wird mir auch einen bellen Gedanklen dafür Werra geschrieben; es war kurz vor dem 
bringen.“ J Scheiden, das zweite Signal war schon ge— 
So philosophirte der Baron, legie endlich geben; der Baron glaubte es der Schreiberin, 
den Brief fort und ging zur Ruhe; denn er die ihm ein so seltsames Vertrauen geschenkt, 
wollte früh wieder aufstehen, um mit Felix schuldig zu sein, wenn er, selbst vor dem 
nach dem Bahnhof zu fahren, der ihn dazu Freunde, die Wahrheit verschweige. Man 
abbolen wollte. schied, noch ein Händedruck, noch die Ermahn⸗ 
Aber die Ruhe wollte sich nicht so finden, ung, bald von sich hören zu lassen, und der 
wie er es wünschie; die ganze Nacht brachte er Baron stand allein auf dem Perron. — Aber 
träumend im Halbschlummer zu. Ihn tääumte er war nicht trübe gestimmt, sondern zählte 
don der unbekaunten Schreiberin die verwirrende auch beim Rückweg nach seinem Hotel, wie 
sten Dinge, und was ihm am Morgen als das sonst den vierten Menschen als Soldat ab. 
Merkwürdigste erschien, als er erwachte, und Am andern Tage stond seine Bitte an 
sich dieser Träume erinnerte, war, daß die Wera wirklich in der Zeitung. Er batte die 
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