„Ihre Regel ist zweifellos autgezelchnet,
Mr. Lloyd, aber es gibt Ausnahmen zu allen
Negeln und meine Angelegenheit ist eine solche.
Mein Geschäft ist streng persönlich und Sie
werden es nicht zur Kenntniß Ihrer Buch⸗
halter bringen wollen.“
Des Mannes Keckheit entzündete den
Zorn des reichen Banquiers. Er wandte sich
schnell um.
„Mein Herr, Ihr Eindringen läßt sich
durch bloßes Nichtwissen erklären, Ihr Bleiben
aber ist impertinent. Ich habe keine persön⸗
lichen Geheimnisse, meine Geschäfte sind offen
wie der Tag und Jedermann mag ˖ davon
Einsicht nehmen. Wenn Sie etwa unter der
Hand Gewinnvorschläge zu machen haben, sind
Sie an den unrechten Mann gekommen. Law⸗
rence Lloyds Charakter und Ehrlichkeit ist an⸗
erkannt, er wird sein graues Haupt nicht mit
irgend welcher Unredlichkeit entehren. Ich
werde meine Diener beauftragen, Ihnen die
Thüre zu weisen.“ J
Während der Banquier das mit eisigem
Tone sprach, spielte der Fremde gemächlich mit
seinem Barte und der sarkastische Ausdrud
seiner Züge steigerte sich so schnell zu fata⸗
nischem Triumphe, daß der Herr des Hauses
in heftigem Zorn die Klingel zogg.
„Sehr wohl, Mr. Lloyd,“ bemerkte Lubin,
scheinbar noch immer ruhig, „ich werde dann
Ihre Buchhalter ersuchen nach dem Monat
Juni des Jahres 1829 zurückzugreifen. Es
sind nun gerade 15 Jahre, daß John Haughton
Sie besuchte.“
Ein dämonisches Lächeln zuckte um die
bärtigen Lippen und schien sich selbst den gli⸗
hzernden Woifszähnen mitzutheilen.
Es war, als habe ein Samum über Law⸗
rence Lloyds Antlitz hingefegt und das frische
Fleisch versengt. Er erröthete, erbleichte und
sank keuchend in einen Sessel. Kein Wort kam
über die starren Lippen.
Auf der Schwelle erschien der Bediente, er
war dem Rufe der Glocke gefolgt.
Eine Flasche Wein und Diäser,“ befahl
Fremde gemessen. —
Der Bediente riß die Augen weit auf,
verschwand aber sfforrtr.
Lubin näherte sich dem Hausherrn.
„Ich warte Ihre Befehle, Mi. Lloyd,“
her
sprach er mit höhnischer Artigkeit, „oll ich
mich Margen zu Ihren Buchhaltern bege⸗
ben ? *
In dem heiseren Tone mit dem der Ban⸗
quier antwortete: „Ich will Sie felbft sprechen,“
lag unsagbare Angst und Demüthigung.
Wieder zeigte sich der Ausdruck wölfischer
Graufamkeit, als Lubin behaglich und lä⸗
chelnd in einem Fauteuil Platz nahm.
„Gut; ich habe es Ihnen ja gleich ge⸗
sagt, daß Sie eine Privatunteredung vorziehen
würden.“
O wie jedes Wort in des stolzen Ban⸗
quiers Seele schnitt!
Der Bediente brachte inzwischen auf sil⸗
berner Platte den funkelnden Wein.
Mr. Lloyd bedeutete ihn die Gläser zu
füllen bot selbst dem Freniden eines daoon
und sprach dann mit Aufbietung aller Willens⸗
kraft: „Du kannst gehen, John, ich werde
ungefähr eine Stunde beschäftigt sein und
wünsche nicht gestört zu werden.“
„Sehr wohl, gnädiger Herr!“ entgegnete
der Diener und entfernte sich uit neugierigen
Blicken auf den sonderbaren Besuch.
Nur das laute Ticken der kostbaren Stand⸗
uhr unterbrach die nun folgende Todtenstill⸗.
Mr. Lloyd belämpfte sichtlich die innere Auf⸗
regung und sammelte Kraft und Wuth, Lubin
schlũrfte behaglich den edien Rebensaft.
„Sie finden mich verändert,“ begann er
endlich, „fünfzehyn Jahre sind aber auch eine
lange Zeit, obwohl ich Sie überall erkaunt
hätte.* 22. *
Der Banquier fuhr aaff .
„Sie behaupten doch wohl nicht, das Sie
der Betreffende — 1—
„Versteht sich. Zu jener Zeit war ich ein
bloßer Junge, jetzt bin ich ein Mann.“
„Ich erlenne Sie nicht und habe alle Ur⸗
sache, John Haughton für todt zu halten.
wenn er es nicht wäre, wie käme es, daß er
Jahre und Jahre lang kein Lebenszeichen ge-
gehben ?
In sicilianischen Kerkern pflegt man keine
TCorrespondenz zu gestatten,“ eutgegnete Lubin
zähneknirsched. ——
Ah!“ rief Mr. Lloyd und versank wieder
in trübes Sinnen.
„Uebexhaupt sehe ich nicht ein, was die