Full text: St. Ingberter Anzeiger

Berleugnung meinerIdentität Ihuen — 
soll,“ begann Lubin nach kurzer Pause, „denn 
ts ist nicht wahrscheinlich, daß eine dritte 
Perlon von der Sache weiß, und ich habe 
zudem die Papiere mitgebracht und den Ring, 
mit welchem wir die in Ihrem Besitz befind⸗ 
lichen Documente siegelten.“ —2 — 
Er zog den Rinug vom Finger und hielt 
ihn so, daß der Banquier das Siegel sehen 
konnie. Lawrence Lloyd warf nur einen Blick 
darauf, dann stützte er den Kopf in die Hand 
und betrachtete durch die Finger ängstlich den 
Fremden, der laugsam aus einer Brusttasche 
ein abgegriffenes Portefeuille zog, es auf den 
snicen aushreitete und darin suchte, bis er ein 
Pädchen vergilbter, mit rothem Bindfaden zu⸗ 
sammengebundener Papiere fand, welche er 
mit boshafter Freude und absichtlich quälendem 
Zögern entfaltettee. 
T, Diese Documente haben eigenthümliche 
Geschiche erlebt,“ bemerlte er, „was sagen Sie 
dazu, daß sie acht Jahre in einer Blechbüchse 
unter einem Olivenbaum im Garten eines 
Nonnenklosters begraben lagen ? Doch da sind 
sie nun in bester Verfassung, und ich bin ge ⸗ 
dommen, eine Uebereinkunft zu treffen. Ich 
freue mich sehr, daß Sie mir so lebhaft die 
Integrität Ihres Hauses versicherten.“ 
War das Hohn ⁊ Der Stolz des Banquiers 
empoͤrte sich, er erhob sich hastig und sank 
dann wieder, überwältigt von dem Gedanken, 
was diese verg.Ibten Papiere ür ihn bedeuteten, 
ju den Sessel zurüd, Ruin! Schaude! Der 
stolze Name, der geachtet war üderall, sollte 
in den Schmutz getreten, der hehre Ruf, dessen 
unbifleclte Reinheit so soegsam gehütet worden, 
geschmähl, geschündet werden !! 
Was verlangen Sie“ 
‚Mein Eigent um, Mr. Lloyd. Vollen 
Ersatz mit den gewöhnlichen Ziusen. Nicht 
mehr, aber auch keinen Heller weniger,“ lautete 
die entschlossene Antwort. 
„Bei solchen Summen laufen Zinseszinsen 
jurchtbar auf. Wir hatten in letztet Zeit schwere 
Verluste, eine Finanzkrise droht, und weun 
solch ein Betrag auf einmal aus meinem Ge⸗ 
jchäft gezogen wird, kann ich mich nicht 
halten.“ 
3 * 
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„Das ist nicht meine Sorger 
‚Würden Sie sich nicht mit dem ursprüng⸗ 
lichen Kapital begnügen,“ fragte Mr. Lloyd 
zoͤgerrd. 
„Mein Herr, ich bin kein Narr und ver— 
fenne auch die Tragweite der Sachlage nicht. 
Ich weiß, daß der betreffende Schuldposten 
sälschlich getilgt und mit dem fremden Kapital 
ein reiches Haus, ein großer Name gegründet 
vurde. Mau hält Sie in England für einen 
Crösus, und ich verlange jeden Heller meines 
Figenthums.“ 
Myr. Lloyd erhob sich und schritt mit 
zesenktem Haupte und auf dem Rücken ver⸗ 
schlungenen Armen langsam auf und nieder. 
—AD 
bittlich sei. 
Kaum eine Stunde früher, hatte er sich 
iber die sichere Stellung des Bankhauses 
dawrence Lloyd, über das glückliche Laviren 
in der finanziellen Krise, die mehr als eine 
alte Firma gestürzt hatte, gefreut, und nun 
drohte mehr als Ruin, es drohte Schimpf und 
Schande! —VV,——— 
Er stöhnte laut, der stolze Geist erbebte vor 
Schmerz. 
Draußen machten sich leichte Schritte hör⸗ 
har und eine süße Stimme rief: „Darf ich 
tommen, Väterchen ?“ 
Der Banquier erschrack, schritt unwillkühr lich 
zegen die Thüre, scat dann zurück uud deutete 
auf einen Alkoven. 
Lubin verstand sofort, ergriff seinen Hut 
und verschwand hinter den schweren Vorhängen, 
welche ihm jedoch genügenden Ueberblick ge— 
statteten. » 
Ggortsetzung folgt). 
—W Charade. 
Vortrefflich Er stel Die unsgelehrt macht und weise, 
Es dient die Zweite dem, Kaufmann, nicht minder 
denm Greise; 
Wirst Du die beiden nun mit einander verbinden, 
Zahllos lassen sie in der Ersten sich finden, 
Auflösung der Homonyme in Nr. 4 des Unterhal⸗ 
tiungsblattes: Encre“ — „Anker.“ 
Deuch and Verlag von F. X. Demetz in St. Inabert.