Full text: St. Ingberter Anzeiger

mnz förmlich that und nur zu weilen einen 
ensten Blick auf sie warf. 
Am Nachmittage des dritten Tages, wo 
die drei jungen Leute sich ganz allein in 
einem kleinen Salon des Hotels besanden, 
der zur geselligen Zusammenkunft von der 
Baronin bestimmt war, verließ der Assessor 
diesen plötzlich, vorgebend, er dätte nothwen⸗ 
dig einen Besuch zu machen. Maud sah ihn 
angftvoll gehen, und als er fort war, stand 
sie auf, um auch den Salon zu verlassen. 
Diese Absicht verhinderte der Baron dadurch, 
daß er ihr den Weg vertrat, sie an der 
Hand zum Divan zurückführte, und sich ihr 
Jegenübersehend, begann er, ohne ihre Hand 
frei zu lassen, die sie ihm zu eutziehen 
urebte: 
„Endlich ist der ersehnte Augenblick ge⸗ 
kommen, Maud; ich habe Ihnen viel zu 
sagen. —“ 
„Herr Baron,“ unterbrach sie ihn. 
WBaron, Herr Baron,“ sagte er, sie vor⸗ 
wurssvoll ansehend. „Ich kenne eine Zeit, 
vo der Name Alexander leicht und herzlich 
über diese Lippen ging. Bin ich Ihnen denn 
so fremd geworden, daß Sie selbst im Na— 
men eine Schranke suchen? Ist die alte Zeit 
so ganz vorüber?“ 
„Herr Baron — Baron Alexander,“ ent⸗ 
gegnete Maud, mit einem Auflug von Trauͤer. 
„Indem Sie diese Zeit zurückrufen, erinnern 
Sie mich auch an meinen Leichtunn, der mir 
o zahllose Thränen gekostet!.. 
Thränen — und warum? Liebten Sie 
mich damals doch?“ fragte er forschend. 
Sie wich seinen Blicken aus und ant⸗ 
vortete: „Meine Thränen flossen, weil ich 
damals eine solche Verwirrung herbeiführte 
und doch mein eignes Herz nicht kannte.“ 
„Das für Sir Artur schlug.“ — 
Maud sah ihn mit schmerzlichen Blicken 
an. „Bis zur Stunde, Herr Baron, hörte 
ich solche Worte von Ihnen nicht. Sie ver⸗ 
schmähten es, mir zu zeigen, daß ich Ihrer 
Achtung nicht mehr werth sei — heut-“ 
„Heut, liebe Maud, habe ich die Ver⸗ 
zangenheit vergessen, habe vergessen, habe ver⸗ 
Jeben, und will zum zweiten Male von 
Ihnen Ihr Herz und ven Ihrem Onkel Ihre 
Hand erflehen.“ — 
Wie von unsichtbaren Händen emporge— 
hoben, war Maud vom Divan aufgesprungen, 
„Halten Sie ein! Das ist, das kann 
rnicht Ihr Ernst sein. Ich habe verdient, von 
Ihnen für eine Kokette gehalten zu werden; 
ch habe verdient, daß Sie mir diese Grin⸗ 
nerung zurückrufen, aber ich erwartete nicht, 
zaß Sie mit den heiligsten Gefühlen Scherz 
treiben!!“ 
„Scherz? Maud, wissen Sie nicht, daß 
unsre Verbindung der sehnliche Wunsch so 
Vieler ist ?“ — 
„Aber nicht Aller — nicht Ihrer — 
nicht meiner,“ entgegnete Maud, ihm zum 
ersten Male in der ganzen Unterredung fest 
ins Auge sehend. „Sie wollen Ihrer Mutter 
eine Freude machen; doch sie lieben mich nicht, 
haben mich nie geliebt!“ 
Fortsetzung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
Zwei ehrenwerthe Deputirte fuhren dieser 
Tage von Versailles nach Paris. Der eine 
hatte seine Frau am Arme, der andere einen 
Hut auf dem Kopf. Und welch' ein Meister⸗ 
stück von einem Filz! Von unerhörter, aben⸗ 
euerlicher Form erregte er das Erstaunen 
aller Mitreisenden. Der Deputirte mit seiner 
Dame konnte sich nicht enthalten, seinen Col⸗ 
egen zu interpelliren: Was zum Teufel ist 
Ihnen denn eingefallen, daß sie sich diesen 
außerordentlichen Deckel kauften? — Aus 
Liebe zur Freiheit. — Wie, zur Freiheit ...? 
— Meine Frau findet ihn abscheulich und 
hat geschworen, so lange, als ich ihn trage, 
nicht mit mir auszugehen. — Ah, verstehe; 
ich bitte Sie, mir die Adresse Ihres Hut⸗ 
händlers zu geben, sagte der Interpellant 
mit einem melancholischen Blick auf seine Frau, 
die kein Auge von ihm wendete. 
Druck und Berlag von F. X. Demetz in St. Ingbert.