„Der Bürgermeister ist unser Feind, er wird
Dich verderben.“
Pah, welche Beweise könnte er gegen
XVä
lich hin.
„Welche?“ fuhr Gottfried fort. „Wüßte
ich's, ich wollte sie schon zu Schanden machen,
aber daß er gegen Dich operiren wird, daß
er dies muß, um seine saubern Pläne in's
Wert setzen zu können, unterliegt keinem
Zweifel.“ — Er erzählte jetzt dem Vater
den Grund seiner Verhaftung und verschwieg
ihm nicht, daß das Dokument sich in Wetterau's
Händen befinde.
Schulz fuhr von seinem Sitz auf. Gleich
einem Wahnsinnigen stürzte er sich auf seinen
Sohn und faßte ihn an den Schultern.
„Schaff mir das Dokument zurück!“ ries
er mit heistrer Stimme. „Ich saͤge Dir, Junge,
schaff mir's zurück! Dir habe ich das Papier
anvertraut, wenn Du nicht willst, daß ich
Dir fluchen soll —“
„Vater, um Gotteswillen, halte ein!“
fiel Gottfried entsetzt dem alten Manne in's
Wort. „Ich schwöre Dir bei Allem, was
mir heilig ist, daß ich mein Leben daran
setzen will, den Alt diesem Schurken zu ent⸗
reißen!“
Der Alte hatte seine Fassung wiederge⸗
funden, er ging mit großen Schritten in
seiner Zelle auf und ab und blieb endlich
vor seinem Sohne stehen. „Und wie willst
Du es Dir wieder verschaffen?“ fragte er:
Noch weiß ich es nicht,“ antwortete
Gottfried, „ich werde List und Gewalt ge⸗
brauchen müssen.“
„Gut, ich überlasse es Deinem Verstande,
das Mittel zu ersinnen,“ fuhr Schulz fort.
„Ehe Du die Stadt verläßt, wirst Du Dich
erlundigen, ob Jakob Krämer mit dem Bür—
germeister verkehrt, ob dieser in dem Haust
des Rentners gesehen worden ist. Dann
sende mir Ernst hierher, ich muß milt ihm
reden.“
Dem Befehle gehorchend, schlug Gottfried
sobald er das Gefängniß verlafsen hatte, den
Weg zum Hause des Rentners ein, nur durch
einen Diener des Krämer's konnte er die
gewünschte Auskunft erhalten. Unschlüssig aber
blieb er vor dem halbgesffneten Thore stehen,
er kannte Niemand in dem Hause. Enischlossen
zu warten, bis einer der Diener herauskom⸗
men werde, diesem alsdann zu folgen und
ein Gespräch mit demselben anzuknüpfen,
drückte er sich in eine Ecke des Thorwegs,
den Blick bald auf die Straße, bald aus
die Thür, welche in's Innere des Hauses
führte, gerichtet.
Es dämmerte bereits, als er von der
Straße her Schritte vernahm, welche sich
rasch der Thüre näherten, jetzt wurde diese
geöffnet, und in der nächsten Sekunde schrin
Wetterau an dem jungen Manne vorbei. Gott⸗
fried wußte jetzt genug, der Umstand aber,
daß die Entdeckung ihm so leicht geworden
mar, bewog ihn, zu weiteren Nachforschungen.
Kaum war Weiterau hinter der Thür ver⸗
schwunden, als der junge Mann diese behut⸗
jam oͤffnete. Er sah den Bürgermeister die
Treppe hinaufsteigen, leise, von der Dunkel⸗
heit, welche im Hause herrschte, begünstigt,
schlich er ihm nach. — Er kam eben auf
dem Koridor an, als Wetterau eine Thür
öffnete, die er hinter sich verriegelte. Gott⸗
fried legte das Ohr au's Schlüsselloch, er
vernahm Stimmen, ohne die Worte zu ver⸗
—R
entdeckte ihn ein Diener, wie er in gebückt er
Haltung an der Thür lauschte, so durfte er
darauf rechnen, daß er ergriffen und des
Diebstahls verdächtig der Polizeibehörde über⸗
geben wurde. Und doch mußte er wissen,
was die Beiden mit einander verhandelten.
Ohne sich eines bestimmten Planes bewußt
zu sein, öffnete er behutsam die Thür zum
Nebenzimmer.
GFortsetzung folgt.)
Der Münzsammcler.
Staatsbztg.)
Eine Novelle.
(ortsetzung.)
Leonien's schmerzliche Klage ward durch
ein Pochen an der Thür unterbrochen. Auf
ihren matten Ruf „herein“, ging die Thür
auf, und Maud stand auf der Schwelle,
glich mit ihrem rosigen Aussehen und in ihrem
weißen duftigen Kleide einer blühenden Mai⸗