Full text: St. Ingberter Anzeiger

Unterhaltungsblatt 
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St. Ingberter Anzeiger. 
—2 Dienstag, den 19. September 
21. 
ö 
Ein böses Gewissen.“* 
Stillen die genauesten Nachforschungen anzu— 
stellen, die vorläufig zu keinem Resultate 
fübhrten. 
Der Polizeibeamte hatte kaum das Zim— 
aer verlassen, als ein Indviduum eintrat, 
vbei dessen Anblick Krämer erschreckt von sei⸗ 
nem Sitze auffuhr. Dieses Individuum trug 
rotz der heißen Jahreszeit weite Sammthosen, 
einen verschossenen blauen Rock mit Medall— 
knöpfen, eine grauweiße Weste und in der 
daud eine dunkelgrüne Tuchmütze. Die Züge 
dieses Menschen machten einen abschreckenden 
Findruck, das rothe, von häufigem Spiritousen⸗ 
Venuß aufgedunsene Gesicht, die kleinen gla— 
iigen Augen, die stier und unbeweglich unter 
buschigen Brauen in ihren Höhlen lagen, die 
plumpe Stumpfnase, die aufgeworfenen Lip— 
den und die flache, niedrige Stirn, welche 
das spärliche Haar in wirrer Unordnung 
heilweise bedeckte, ließen auf den Charakter 
eines Menschen schließen, der gänzlich abge— 
tumpft gegen jedes bessere Gefühl, eine Ma⸗ 
chine war in der Hand dessen, welcher es 
ßerstand, das Räderwerk dieser Maschine in 
Bewegung zu setzen. 
„Ihr hier, Schmelzer ?“ fragte der Rent⸗ 
ner, nachdem er sich von seiner Bestürzung 
erholt hatt. „Bedenkt Ihr nicht, in weichen 
Verdacht mich Euer Besuch so kurz nach dem 
Brande bringen kann?“* 
„Ah, es hat bei Ihnen gebrannt?“ er⸗ 
widerte, der Angeredete, während seine Lippen 
ich zu einem hämischen Griusen verzogen. 
„Gratulire bestens zu dem Profit, den das 
tleine Unglück abwerfen wird!“ I 
„Haltet den Mund!“ fuhr Krämer zornig 
Novelle 
von Ewald August König. 
Fortsetzung 
Ernst fühlte sich durch diese schroffe Zu— 
rückweisung verletzt, und selbst die milden, 
liebreichen Worte Mathildens vermochten nicht 
den üblen Eindruck derselben zu beseitigen. 
Ohne sich um die Rettung seines Eigen⸗ 
thums weiter zu kümmern, verließ der Rent⸗ 
ner in Begleitung seiner Tochter das bren⸗ 
nenden Haus, um im ersten Gasthofe der 
Stadt einzukehren. Ihm folgte ein Diener, 
der die eiserne Schatulle trug, welche die 
Baarschaft und Werthpapiere Krämers enthielt. 
Auch Ernst entfernte sich von der Brand⸗ 
stätte, um seine Wohnung aufzusuchen. 
Der Unstand, daß das Feuer so rasch 
um sich gegriffen und das Haus an vier 
Ecken zugleich gebrannt hatte, erregte bei der 
Behörde sofort den Verdacht der Brandstif⸗ 
tung, in Folge dessen am nächsten Morgen 
in aller Frühe ein höherer Beamter sich zu 
dem Rentner verfügte. 
Krämer gab die Möglichkeit einer Brand⸗ 
stiftung zu, ohne indeß— Jemand bezeichnen zu 
lönnen, gegen welchen die Behörde dieserhalb 
einschreiten dürfte. Da es sich nun heraus⸗ 
stellte, daß der Rentner in keiner Beziehung 
durch den Brand etwas gewonnen haͤite, 
auch kein anderer Grund vorlag, ihn selbst 
dieses Verbrechens beschuldigen zu können, 
so begnügten die Behörden sich damit, im