Full text: St. Ingberter Anzeiger

Keineswegs, ich verlange nur den Lohn 
ür meine Arbeit. Weigert Ihr Euch, ihn zu 
zahlen, so werde ich den Alt mit aller Ruhe 
durchstudiren und den Inhalt desselben als 
Maßstab für seinen Werth annehmen, viel⸗ 
leicht sehe ich mich dann veranlaßt, meine 
Forderung etwas höher zu schrauben. Ja, ja, 
jo wird es am besten sein,“ setzte er hinzu, 
indem er sich zur Thür wandte, „die Sache 
eilt so sehr nicht, vorläufig habe ich genug, 
um mich einige Wochen anständig durch⸗ 
zuschlagen.“ 
(Forisetzung folgt.) 
Der Näunzsammler. 
Staatsbztg.) 
Fine Novelle. 
Fortsetzung.) 
Alle waren fort. Leonie war allein. Vier 
Wochen waren vorüber, und noch immer war 
Willrich auf dem Gute des Barons und ord⸗ 
nete dessen Münzen, die ihm die Ruhe des 
Schlafes raubten. 
„O, wenn der Schaztz mein wäre!“ seufzte 
er an einem Morgen zum Baron, der neben 
ihm stand und die Augen beobachtete, die die 
Münzen zu verschlingen schienen. 
„Die Hälfte gehörte Ihnen auf Mannes 
wort, wenn Sie mir die einzige schaffen, nach 
der ich viele Jahre gesucht und deren Besitz 
mir alles gilt,“ entgegnete der Baron. 
„Und bis jetzt haben Sie diese noch nicht 
gefunden ?* 
„Gefunden wohl, doch kann ich sie nicht 
bekommen.“ 
„Das sehe ich nicht ein, wenn Ihnen kein 
Preis zu hoch ist ?“ 
„Ich fürchte, auch dann erhalte ich 
sie nicht.“ 
„Dann, Herr Baron, kann sie sich nur 
in den königlichen Kabineten befinden.“ 
„Ach nein, lieber Willrich, sie hängt am 
Halse Ihrer Frau Gemahlin.“ 
Wie vom Blitz getroffen stand Willrich 
auf. „Sie haben recht, Herr Baron, da ist 
sie unerreichsar. Ich kenne den Werth dieser 
Medaille. Doch meine Frau gibt diese nicht 
um eine Million her.“ 
„Ja, ja, das wußte ich und dennoch 
jabe ich danach gestrebt, Alles geduldet. Be⸗ 
zreifen Sie nun, warum ich mich Ihrer 
Frau Gemahlin trotz ihre Kälte immer 
vieder näherte? 
Willrich wurde nachdenkend. „Verlieren 
wir doch nicht ganz den Muth, Herr Baron; 
es fängt da so ein Plan in meinem Kopf an 
uu reifen, — vielleicht schaffe ich sie 
Ihnen doch.“ 
„Könnten Sie das vollbringen, so ge⸗ 
hörte Ihnen das Werthvollste aus meinen 
Sammlungen.“ — 
„Auch der einzige Thaler des Königs 
Stanislaus ?“ fragte Willrich lauernd. 
„Der und jeder, der Ihnen gefällt.“ 
„Herr Baron, ich schaffe Ihnen die Me—⸗ 
daille Sabina Tranquillina.“ 
„Ihre Versicherung keglückt mich; ich 
ehe, Sie sind mein wahrer Freund, aber 
eien Sie vorsichtig; an dem Eigensinn einer 
Frau kann Alles scheitern,“ mahnte der Baron 
vährend er innerlich triumphirte, daß ihm 
ein Plan so leicht gelungen. 
„Ohne Sorge, Herr Baron,“ tröstete 
Willrich, „lassen Sie mich nur machen. Aber 
ich bin der Mann der That; ich muß sofort 
abreisen, denn jetzt heißt es handeln.“ 
Der Baron erhob gegen diese Willens⸗ 
äußerung keinen Einspruch, und Willrich reiste 
noch an demselben Tage ab. 
Zum Schrecken Leoniens begrüßte er sie 
mit nie dagewesener Freundlichkeit, erkundigte 
iich theilnehmend nach ihrem Befinden fand 
sie sehr blaß und entschuldigte sein so langes 
Fortbleiben. Kurz er fing an, sie mit eiger 
Liebenswürdigkleit und Aufmerksamkeit zu be⸗ 
handeln, daß die junge Frau wahrhaftes Ent⸗ 
etzen darüber empfand. Jetzt schien er nir 
ür sie zu leben, er ging mit ihr spazieren, 
»egleitete sie in's Theater, ja ihre Toilette 
chien ihm mit einemale zu einfach, sie mußte 
ich, ungeachtet ihres Sträubens, die elegan⸗ 
esten Roben aussuchen, er kaufte ihr einen 
ostbaren Schmuck. 
Leonie verzweifelte, vergeblich marterte sie 
sich ab, Gründe für dieses veränderte Beneh⸗ 
men Willrichs zu sinden. Was sollte das? 
Etwas mußte vorgefallen sein. Sollte der 
Baron schon seine Liebe zu ihr bereut haben?