Full text: St. Ingberter Anzeiger

ersparten zweihundert Thaler blieben in Ihrem 
Besitze. Sie konnten durch das Dokument auf 
Ihren Pflegesohn einwirken, sich vielleicht des 
Bermögens bemächtigen und“ — 
„Halten Sie ein!“ fiel Schulz ihm ins 
Wort. „Sie haben Recht. An Alles dies 
dachte ich bisher nicht, meiner Seele lag diese 
Vermuthung so fern, daß es selbst im Traum 
mir nicht in den Sinn gekommen wäre, auf 
sie zu fallen.“ w 
„Der Instruktionsrichter hat“ fie“ nur an⸗ 
zedeutet, der Staatsanwalt wird sie ausbeuten,“ 
nahm der Advokat wieder das Wort. „Der 
Mord muß gerächt werden, der Schein ist 
gegen Sie, was also ist natürlicher, als daß 
der Staatsanwalt die Anklage aufrecht hält 
und nach besten Kräften sie zu beweisen fucht! 
Die Geschworenen sehen nicht tiefer, wie sie 
dermögen, sie nehmen die im Anklagealt auf⸗ 
geführten Vermuthungen als indentisch mit 
Ihren Absfichten an und — Sie sind 
Aberführt!“ 
Der Landmann hatte sich auf die Bank 
gesetzt; das Kinn auf die Hände gestützt, sah 
er' auͤne Weile nachdenklich vor sich hin. „Den 
wahren Mörder ausfindig machen!“ erwiderte 
er endlich; „dazu hätte man damals Schritte 
thun sollen, gleich nach jener Nacht, heute find 
drei Monate seitdem verstrichen!“ 
„Machte ich Sie nicht derzeit darauf auf-⸗ 
merkfam, als ich gleich nach Ihrer Verhaf⸗ 
nung mich zu Ihrem Rechtsbeifland ankot * 
erwiderte der Advokat. „Sie wiesen mich 
zarsch und stolz zurück.“ 
Freilich, damals wußte ich noch nicht, 
was ich heute weiß,“ fuhr Schulz ungeduldig 
fort. Was nun?“ 
Fortsetzung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
furzer Zeit die russische Disciplin wieder in 
aingewöhnlicher Weise: In Minsk schlug der 
Blitz ohnlängst in das Militär⸗Provianige- 
zäude, zertrümmerte das halbe Dach mit fast 
ämmtlichen Dachsparren, und fuhr dann in 
das Bayopnet der vor dem Magazin hefind⸗ 
lichen Schildwache. Der Wache haltente Sol⸗ 
dat, Andrei Borissoff mit Namen, 25 
Jahre alt, und erst bei der letzten Aushebung 
recrutirt, patrouillirte ruhig vor dem Gebäude 
nit geschultertem Gewehr, als der Blitz in 
das Bayonnet schlug. Der Strahl zog sich 
längs dem Gewehrlauf, fand ein Hinderniß 
ain dem Holzwerk des Kolbens, bog sich um 
das Schloß herum, ohne die Hand des Sol⸗ 
zaten zu verletzen, riß das ganze untere Stück 
des Kolbens weg und fuhr dann in die Erde. 
Der Soldat war halb todt vor Schreck, be— 
zielt jedoch so viel Geistesgegenwart, daß er 
tehend an das Gebäude lehnte und das Ge⸗ 
vehr nicht los ließ. Es kamen Leute dem 
Soldaten zu Hülfe und wollten ihn wegtra⸗ 
Jgen, aber er weigerte sich mit dem letzten 
Aufgebot seiner Kräfte und seines Bewußt⸗ 
eins, und verlangte reglementmäßige Ablbsung. 
Man mußte erst zur Hauptwache schicken, und 
die getreue Schildwache hielt wirklich noch 
20 Minuten aus, bis die Ablösung da war. 
Darauf brachte man den Soldaten nach dem 
hdospital, wo er in Folge des Schreckes noch 
ängere Zeit krank blieb. Unstreirig ist eine 
Disciplin, welche den Soldaten blitz, und 
donnerfest macht, eine ungewöhnliche zu nennen, 
und rechtfertigt wohl den obigen Ausspruch 
Napoleons. 
— —— 
Gelegentlich der diesjährigen Feier zur 
Erinnerung an die vor 372 Jahren gelieferte 
Schlacht von Dornach, in der Schweiz, hatte 
ein Wirth seinen Garten mit solgender In⸗ 
schrift gezier: 
„Der Menschversuche die Göt— 
ter nicht, 
aber mein Bier. 
Schiller, Schnider u. Comp.“ 
Von den russischen Soldaten pflegte Na⸗ 
poleon J. zu sagen, die Disciplin sei bei ihnen 
— daß es 
nicht genüge, einen russischen Militär todtzu— 
schießen; man muß ihn dann noch erst um⸗ 
wersen, ehe man weiter vordringen könne. 
Bei einem großen Gewitter bewährte sich vor 
Druck und Verlag von F. X. De aetz in St. Ingbert.