Anterhaltungsblatt
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St. Ingberter Anzeiger..“
— 7 IIA. Dieunstag, den 26. September 7TTI.
—
Ein böses Gewissen.*
Novelle
von Ewald August König.
kommen, in der er Alles wissen darf.“ — Er
theilie jetzt dem Juristen mit, in welchem
Verhältniß er zu dem Ermordeten gestanden
jatte, berichtete ihn den Haß der beiden
Brüder gegen einander, die Gründe, welche
Krämer bewogen, Europa zu verlassen, und
den Auftrag, der ihm in Bezug auf das
Kind seines Herrn geworden war.
„Und von allcdem ahnt Ernst bis
heute noch nichts ?“ fragte Doktor Schacht
erftaunt.
Schulz warf rasch einen Blick auf Ernst,
dessen Zügen bei den letzten Worten Ueber—
raschung ausdrückten.
„Er war der Obeim Mathildens ?“
fragte er.
„Allerdings,“ fuhr Schacht fort, „und das
wußtest Du noch nicht?“
(Fortsetzung.)
„Nicht das Geringste,“ fuhr Schulz fort.
„Ich ließ nach dem Willen meines Herrn
das Kind ein Jahr lang bei der Wärterin
und brachte es dann der Wittwe Heller, welche
ich als eine brave, verschwiegene Frau kannte.
Ihr sagte ich, das Kind sei ein Findling,
sch dürfe es nicht mit mir nach Hause nehmen,
sie solle einstweilen die Erziehung desselben
ibernehmen, bis ich dier Eltern gefsunden
habe. Sie versprach, meinen Anordnungen
zetreu nachzukommen, gelobte mir strenge
VBerschwiegenheit und hat dies auch bis zur
Stunde redlich gehalten. Im nächsten Jahre
vird Erust großjährig, dann wollte ich ihn
einem Oheim vorstellen, das Dokument vor-
—V———
sein Vermögen erhielt.“
„Das Dokument befindet sich in den
Händen Wetterau's,“ bemerkte der Advokat,
wissen Sie, welcher Notar es ausfertigte ?
„Ich habe mich nie darum bekümmert,
Gottfried wird mir das Papier zurück-
schaffen.“
·Aber wenn ihm dies nicht gelingt?“
„Nein. Ich hörte wohl, daß der Gimor⸗
dete „Krämer“ heiße, war aber weit entfernt,
in demselben einen Verwandten des Rentners
Krämers zu vermuthen.“
Schulz hatte sich erhoben. „Wir werden
darüber noch später miteinander reden,“ wandte
er sich zu dem jungen Manne, „für jetzt bitte
ich fie, mich mit diesem Herrn allein zu lassen.
Sie werden diesen Wunsch ehren, wenn ich
Ihnen sage, daß mich Gründe zu demselben
bestinmen, die nicht nur für mich, sondern
auch für das Wohl eines Dritten schwer
wiegen.“ Ernst kam der Bitte ohne Auf—⸗
schub uach.
„Er ist der Sohn des Ermordeten ?“
fragte der Advokat, als der junge Mann die
Zelle verlassen hatte.
Der Ackerer nickte schweigend. „Sie wer⸗
den begreifen, weshalb ich ihn hinausschicke,“
oersetzte er, „noch ist die Stunde nicht ge—