Rechte verhalf. Rasch stedte Helldau das Papier
in seine Tasche.
Um jeder Aenderung seines Entschlusses,
zu der ihn vielleicht aufkeimende Reue oder
Bewissensangst bewegen konnte, vorzubeugen,
warf er den Schlüssel der Schatulle durch
das Fenster weit hinaus in die Gärten, fand
drämer ihn bei seiner Rückkehr nicht, so
mußte er annehmen, daß er ihn verloren habe.
Entdeckte er dann auch, daß man ihm das
Dokument geraubt hatte, so war es noch im⸗
mer zweifelhaft, ob sein Verdacht anf Helldau
fiel, da jener ja das unbegrenzte Vertrauen
seines Herrn genoß, vielmehr mußte sein
Argwohn den Entführer Mathildens treffen.
— Heildau kannte jenen Menschen, in wel⸗
hem Verhältniß derselbe zu dem Rentner
siand, wußte er nicht, er glaubte aber bemerkt
u haben, daß jenes Verhältniß ein sehr
bertrauliches war, und schloß daraus, daß der
VBagabund das Werkzeug zur Herbeischaffung
des Dokuments gewesen sei.
Der Buchhalter schloß jetzt die Thür sorg
fältig zu, übergab dem Wirth den Schlüssel
und ging dann nach Hause, um den Alt der
Wittwe einzuhändigen. A
Frau Heller bezeugte eine lebhafte Freude,
As sie das Papier empfing und es gelang
hr, die Gewissensstruvel des Buchhal ters zu
beseitigen. *
7. Kapitel.
Gottfried schlug, nachdem er das Haus
des Bürgermeisters verlassen hatte, unverzüg
lich den Weg zur Stadt ein. Er wollte zuerst
mit dem Advokaten reden und dann dem
Vater den Tod der Mutter mittheilen.
Für seinen Schmerz um den Verlust,
den er erlitten, war es sehr gut, daß die
Ermordung Wetterau's und die Hoffnung den
Vagabunden in der Stadt wiederzufinden,
seine Gedanken beschäftigten; rascher als die
Zeit linderte die Geistesthätigkeit den Gram,
der seinem Herzen tiefe Wunden schlug.
Wohl war es eine harte Aufgabe für ihn,
dem Vater diese Trauerboischaft zu bringen,
er wußle, mit welcher Liebe der alte Mann
an seiner Gattin hing, er ahnte die Ver⸗
zweiflung, welche sich der Seele des Vaters
bemächtigen würde.
Aber Schulze war auch ein Mann, der
den Schlägen des Schichsals eine eiserne Stirne
hot, der sich dem Willen der Vorsehung ohne
Murren fügte, und auf diese Festigleit, auf
diese fromme Ergebenheit baute Gottfried.
Wie drangte es ihn, am Herzen des Va⸗
ters Trost zu suchen und dafür wieder Trost
zu geben! — Gewiß, der Schmerz um eine
Jeliebte Todte verliert viel von seinem Sta—
chel, wenn ein geliebtes Herz ihn theilt.
Als Gottfried im Hause des Advolaten
anlangte, war dieser schon ausgegangen und
der junge Mann beschloß, die Rücktehr des
selben abzuwarten. Aber Stunde auf Stunde
herrann, Schacht kehrte noch immer nicht heim.
Die Schreiber zuckten die Achseln; der Doctor
habe hinterlassen, er gehe ins Gefängniß zu
tinem Clienten, von dort werde er zurückehren
sagten sie, wahrscheinlich ziehe sich die Con⸗
iultation so sehr ia die Länge.
Gottfried konnte endlich seine Ungeduld
nicht mehr bemeistern, er wollte eben das Haus
wieder verlassen, um den Advokaten im Ge⸗
fängniß aufzusuchen, als dieser eintrat. Der
Blick, den er dem jungen Manne zuwarf, als
er denselben in seinem Bureau stehen sah, be—
fremdeie Gottfried, er las in demselben Ueber⸗
raschung und eine Kälte, welche ihn verletzte.
Er folgte dem Advolat in dessen Kabinet, und
Schacht verschloß, sobald sein Begleiter ein⸗
getreten war, hinter diesem die Thür.
„Ich begreife nicht, daß Sie nach dem
Vorgesallenen noch den Muth haben, sich hier
zu zeigen“, nahm der Jurist das Wort.
IIch glaubte, Sie seien längst über die
Grenze.“
„Und weßhalb ?“ fragte Gottfried erstaunt.
Sie fragen noch?“ — Reden wir offen
miteinander. Weshalb haben Sie den Bür—
germeister ihres Ortes gemordet ?“
Gottfried stand sprachlos vor Erstaunen
vor dem Fragenden, der in diesem Schweigen
und Erblassen nur die Angst des bbsen Ge
wissens sah.
„Sagen Sie ehrlich, war es überlegter Plan
oder nur Nothwehr, was Sie zu diesem Ver—
brechen trieb ?“
Keines von beiden“, entgegnete Gottfried
mit bebender Stimme, entrüstet, daß man auf
ihn diesen Verdacht werfen konnte.
„Bevor ich Ihnen aber über die Ereig—