„Genevra wird von allen Seiten gehät⸗.
schelt und verzogen,“ murmelte sie, „und meint
nun, wir lassen uns von ihren Launen be⸗
herrschen.“
„Nehmen Sie iber's nicht übel, Lady
Worth,“ flüsterte Cathbert mit eigenthümlich
bewegier Stimme, „es ist das ein Theil der
Sühne, der ich nicht entgehen kann. Uebrigens
werde ich sie zwingen, mich zu ochten.“7
„Kümmern Sie sich nicht um das Mäd⸗
chen, lieber Cuthdert, sie soll fich schämen, es
wor ein ganz unweibliches Benehmen.“
„Bitte, stellen Sie mich der Dame vor,
mit der Mr. Lloyd eden spricht,“ ersuchte
Lord Lyle nach kurzer Pause.
„Ich keune sie noch nicht, es ist eine
Freundin von Misß Loyd. G.dulden Sie sich
eruen Augenblick, ich werde gleich Jenmand
senden, der Sie vorstelli.“ J
Wenige Miinuten später legte Kitiy Car⸗
tright iht Händchen schüchtern auf Lord Cuth-
berta Arm, um seiner Einladung, sich mit ihm
der Promenade nach dem See anzuschließen, zu
jolgen.
Sie wagte kaum das Auge zu ihm zu er⸗
heben, und als es endlich doch geschaͤh, zuckte
sie schmerzlich zusammen. Wie ahnlich, o wie
ahnlich den geliebteu Zügen, die fie' nie wie⸗
deisehen sollte!
Das liebliche Köpfchen senkte sich,die
quellenden Thränen zu verbergen. Hatte er es
demerkt, weil er sich abwandte, die reiche
Blüthe ciner exotischen Pflarze zu betrachten J
Auch seine Hand bebte, da er die Blume brach,
sein Antliz war bleich und die Lippen so fest
geschlossen, als wagten sie nicht der wilden
Rede Ausoruck zu geben.
Und als Kitty endlich sich beherrschle und
die seuchten Augen fragend zu ihm erhob, traf
sie ein Blick voll inniger Zärtlichkeit.
„Sie denken an. Ihren“ Bruder, Miß
Cartright,“ sprach Lord Cuthbert leise, „und
ich ehenfalls. Ich errieth sosort, daß Sie Hu⸗
go's Schwester sind.“
„Euer Guaden sind sehr gütig gegen uns,
ich weiß nicht, wie Worte fluden, Ihnen un ⸗
seren Dank zu sagen,“ stammelte Kitty, „mir
ist, als sei Hugo selbst mir nahe. Wohl schrieb
er oft von Ihrer Aehnlichkeit, so auffallend
aber hatte ich sie mir nicht gedacht.“
*„TVDassen Sie es so sein, liebes Kind,“ bat
Cuthvert. gewähren Sie mir Bruderrechte.
Kommen Sit furchtlos und vertrauend zu mir,
so oft Sie eines Bruders Rath und Hülfe
drauchen. Wollen Sie mir das versprechen,
Miß Cartright 73*
„Euer Gnaden sind sehr herablassend, ich
fühle Ihre Güte mehr, als ich zu sagen ver ·
mag. Durch Ihre Großmuth und Miß Lloyde
Freundschaft sind Mutter und ich nun jeder
Sorge enthober“
Niß Ltoyvent Ihnen eine liebe Freun⸗
din ?*
„Ja, so edel und großmüthig, daß ich sie
nie genug loben kamm, auch wenn ich ihr Be⸗
nehmen gegen Sie nicht begreife. Genebra ist
fonst so gerecht···
Vielleicht war sie's auch gegen mich,“ er⸗
wiederte er, die Stirne rimzelnd.
In diesem Moment glich er Hugo Car-
tright so auffallend, daß Kitty sih in seine
Arme geworfen und ihn leidenschaftlich als
Bruder degrüßt haben würde, wenn nur die
Haart aͤnders g kämmt und der ausländische
Bart abgenommen gewesen wäre. So be—
gnügte sie sich mi? deisem Seufzer nud fprach
die Hoffnung aus, daß Lord Lyle und Meiß
Lloyd noch Freunde werden möchten. In sel—
ben Moment etschien Genebra Lloyde am,
Arme ihrés Vaters. Die Wangen glühtien, die,
Augen funkenen und mit haftiget Geberde
exgriff ke Kitty und führte sie ihrem Va⸗
—B J — J
.Geh mit Kitly voraus, Papa, ich komme
—XX
Und wohrend Mr. Lloyd widerstandslos
stitth fortführte, trat Genevta dem Edelmaun
entgegen.
„Glauben Sie ja nicht, Lord Cuthbert
Lyle,“ sprach sie schnell und leidenschaftlich,
daß Kitty ein Opfer Ihrer Laune, Ihrer
Verführung werden wird, weil nur die Schwe⸗
ster eines armen Sekretairs. Ich will dafür
sorgen, daß keine verrätberische Hand den
Schmelz ihrer Unschuld trüdt.“
„Warum beurtheilen Sie mich so hart, so
ungerecht, Miß Lloyd,“ fragte der Lord traurig
und vorwurfsvoll.
„Ich beurtheile Sie nach dem, was ich
weiß, in Entrüstung und Entseßen weiß,“