gebt mir einen der Briefe Krämer's, gleich⸗
piel, elchen.“
Der Amerikaner sah dem Advokaten er⸗
staunt in's Gesicht, wieder umspielte jenes
höhnische Lächeln seine Lippen. „Glauben Sie,
ich werde diese Briefe aus der Hand geben?
So leicht ũberlistet man mich nicht.“
„Aber ich bedarf des Briefes, um
den Rentner überführen zu können,“ fuhr
Schacht fort. Ihr behaltet ja immer noch
Beweise genug, und könnt ven einen Brief
wohl entbehren.“
„Ich weiß nicht, welche Rolle Sie eigent⸗
lich in dieser Sache spielen,“ versetzte Schmel⸗
zer, zuerfst sprechen Sie zu mir im Auftrage
des Rentners und nachher verlangen Sie von
mir Beweise, um jenen überführen zu können,
mir klingt das sonderbar, sehr sonderbar, sehr
sonderbar. Aber Sie sollen den Brief haben,“
setzte er hinzu, wäre es auch nur, um Jhnen
zu beweisen, ddß ich die Wahrheit sagte.“ —
Er trennte nach diesen Worten eine Naht in
dem Futter seiner Mütze offen und nahm aus
diesem Versteck einen Brief, welchen er dem
Advokaten überreichte. „Es ist der erste Brief
Kramers,“ versetzte er, „den letzten behalte
ich, dieser wird Ihnen genügen.“
Schacht steckte das Papier in die Tasche,
empfahl dem Verbrecher nochmals Vorsicht
und entfernte sich, um gleich darauf in die
Zelle des Ackerers zu treten, in der er außer
dem Gefangenen Gottfried fand.
Der alte Mann hatte vor wenigen Augen⸗
blicken die Nachricht vom Tode seiner Gattin
erhalten, schweigend hielten Vater und Sohn
sichzumschlungen, und über die wellen ge—
furchten Wangen des Ackerers rollte leise
eine Thräne, sie galt bem Andenken der
Geschiedenen.
Der Advokat wollte si h zurückziehen, aber
Schulz hatte ihn schon bemerkt; er winkte
jenem, zu bleiben. „Ein großer, ein entsetz⸗
licher Verlust hat mich betroffen,“ sagte er,
indem er dem Advpkaten die Hand reichte,
aber was kann's helfen, ob ich mich darum
abhäãtme, früher oder später müssen wir ja
doch allezeinmal fort und deßhalb soll man
auf solchen Verlust stets gefaßt sein. Aber
ich will Sie mit meinen häuslichen Angele—
genheiten nicht aufhalten, was bringen
Sie mir?“
„Eine gute Botschaft,“ entgegnete Schacht,
„doch möchte ich Sie bitten,; unter vier
Augen“ —
„Gottfried, geh' so lange hinaus,“ wandte
der Ackerer sich zu seinem Sohne, „aber warte
draußen, ich habe Dir noch Manches aufzu⸗
tragen. — Und jetzt reden Sie, die beste
Potschaft. welche Sie mir bringen könnten,
wäre die, daß ich meinen Kerker verlassen
dürfte. Dann könnte ich mein Weib bestatten,
an ihrem Grabe ein Vaterunser beten und die
wenigen Tage, die unser Hergott mir noch
schenkt, dazu verwenden, meinen Sohn glück⸗
lich zu machen.“
Ich bringe Ihnen diese Botfchaft,“ ent⸗
gegnete der Advokat, „Sie können den Ker⸗
ker heute nech verlassen, wenn Sie wollen.“
„Darf ich wirklich?“ rief der Ackerer
freudig. „O Dank, Dank für dieses Wort,
es macht mich auf ewig zu Ihrem Schuldner.“
Er war aufgesprungen und durchschritt jetzt
mit großen Schritten seine Zelle. Plötzlich
blieb er vor dem Advolaten stehen, der schwei⸗
gend vor sich hinschaute. „Sie schweigen?“
fragte er. „Sie nehmen an meiner Frende
nicht Theil 7
„PDoch, den herzlichsten,“ erwiderte der
Jurist. Bevor Sie aber die Freiheit, die ich
Ihnen biete, annehmen, bitte ich Sie, mir
rine Frage zu beantworlen. Würden Sie sich
noch acht oder vierzehn Tage hier gedulden.
venn Sie dadurch das Glück Ihres Pflege⸗
sohns begründen könnten?“
(Fortsetzung folgt.)
Charade.
Wer in der Ersten wissentlich beharrt,
Dem wird das zweite Düsterheit umzie h'n.
Der Truger meines ganzen aber starri
Gedankenlos in's Nichts hinein.
Auflösung der Charade in Nr. 114 des Unter⸗
haltungsblattee: Wall fisch.“
Druck und Verlag von F. X. Démeß in St. Ingbert.