Full text: St. Ingberter Anzeiger

AUnterhaltungsblatt 
St. Ingberter Anzeiger. 
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Sonntag, den s. Sespber 
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7. 
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Ein böses Gewissen.* 
redung, welche er kurz vorher mit demselben 
zepflogen hatte. 
„Ich werde den Rentner zwingen, daß 
er seine Tochter dem jungen Manne giebt,“ 
chloß er, „ist das geschehen, ss machen die 
heiden Hochzeit, und reisen ab, ich enthülle 
jem Instruttionsrichter das Geheimulß. wel—⸗ 
hes den Mord Krämers umschwebt und über⸗ 
asse den Rentner seinem Schicksal, Sie er⸗ 
alten an demselben Tage Ihre Freiheit.“ 
Der Ackerer ging eine geraume Weile 
chweigend vnf und ab, er rang mit einem 
Entschlusse. Der Wunsch, das bleiche Antlitz 
zer treuen Gattin noch einmal zu sehen, noch 
inmal die bleichen Lippen zu küssen und bei 
zem Begräbniß zugegen zu sein, regte sich 
nächtig in seiner Seele, auf der andern Seite 
iber hielt er es auch für seine heiligste Pflicht 
den Sohn seines Herrn, wenn dies in seinen 
dräften stand, glücklich zu machen. Und es 
var im Grunde doch nur ein geringes Opfer, 
velches er ihm brachte, er hatte nun länger, 
denn zwei Monate in dem Gefängniß zuge— 
zracht. sollte er sich vor den wenigen Tagen 
ürchten, wenn die Freiheit ihm so nah und 
icher in Aussicht stand? 
Es sei,“ versetzte er, „ich bleibe.“ 
Ich erwartete diesen Entschluß,“ erwi⸗ 
herte Schacht, „nehmen Sie meinen herzlich— 
ten Dank.“ 
„Wollen Sie wirklich den Verbrecher 
intwischen lassen ?“ fragte der Ackerer. 
„Es war nur eine Falle, die ich ihm 
tellte. Wäre Ernst nicht mein, Freund, ich 
vürde keinen Augenblick gezögert haben, auch 
en Rentner dem Gericht zu überliefern. Er 
—A— — 
Novelle 
von Ewald August König. 
(Fortsetzung.) 
Der Ackerer sah erstaunt dem Fragenden 
ins Antlitz. „Ich das Glück meines Pflege⸗ 
sohns begründen? Wie verstehe ich das?“ 
„Wollen Sie heute schon ben Kerker ver⸗ 
sassen, so kann ich dies nur dadurch ermög- 
lichen, daß ich den Rentner Krämer der Mit—⸗ 
ichuld an der Ermordung seines Bruders 
seige. Sie werden begreifen, daß Ernst daun 
nicht mehr die Tochter Krämers heirathen 
lann, er liebt aber Mathilde, er sucht in 
ihrer Liebe sein Glück.“ — 
„Deßhalb soll ich so lange hiec bleiben, 
bis die Beiden Hochzeit gemacht haben?“ fiel 
der Ackerer ihm ins Wort. 
„Noch weiß ich den Weg nicht, der die 
Liebenden aus diesem Labyrinth führen soll,“ 
fuhr der Advokat fort, „aber verlassen Sie 
sich auf mich, willigen Sie in meinen Vor⸗ 
schlag ein, so dürfen Sie überzeugt sein, daß 
ich Sie keine Stunde länger schmachten lasse, 
als dies unbedingt nöthig ist.“ 
„Noch sehe ich nicht ganz klar in dieser 
Sache,“ verfetzte Schulz, indem er sich auf 
der Bank niederließ, „erklären Sie mir das 
deutlicher, mein Kopf ist durch die lange Haft 
geschwächt, ich fühle, meine Geisteskraft hat 
abgenommen.“ 
Der Advokat berichtete jetzt die Verhaftung 
des Amerikaners und den Inhalt der Unter—