Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu, Alter, bei mir aber verdienst Du ihn 
nicht, verfuche Dein Glück an anderen Thüren, 
— ich werfe Dich hinaus wie einen Hund, 
wenn Du es noch einmal wagst, mir diesen 
Vorschlag zu machen“ 
Helldau war bestürzt, in einem solchen 
Paroxismus, hatte er seinen Herrn noch nicht 
gesehen. Wußte dieser bereits, daß Ernst sein 
Neffe war? Daß er den jungen Mann bitter 
haßte, ging aus seinen Worten deutlich her⸗ 
vor, woher aber rührte dieser Haß ⁊ Ernsi 
hatte Mathisde gerettet, auf seinen Armen, 
der Todesgefahr trotzend, trug er sie aus dem 
breunenden Hause, war dafür ihm der Reut⸗ 
ner nicht zu großem Dank verpflichtet? 
strämer hatte inzwischen die Thür zum 
Rebenzimmer geöffnet und Mathilde gerufen, 
welche jetzt eintrat. 
„Da, dieser Mensch behauptet, Du liebesi 
den Agent Heller, Ihr beide seiet mit einan⸗ 
der einverstanden, sage ihm doch, daß seine 
Behauptung aus der Luft gegriffen, daß sie 
leeres Geschwätz ist.“ 
Bebend, die Hände vor der Brust gefaltet 
stand Mathilde vor dem Vater, ihr Schwei⸗ 
gen reizte seinen Zorn. — 
„Horst Du nicht!“ rief er heftig. „Mäd⸗ 
chen, ich will nicht hoffen, daß er wahr ge⸗ 
redet hat, daß jener Mensch — — 
„Verzeihung, Vater,“ bat das Mädchen, 
„mach mit mir, was Du willft, nur ver⸗ 
lange nicht, daß ich ihm entfagen soll! Sein 
Edelmuth, sein treues, gutes Herz fesselt mich 
ganz an ihn, vergebens wäre es, gegen diese 
Liebe anzukämpfen —“ 
„So wollte ich, daß er am Galgen hinge 
und Du — doch nein,“ suhr Krämer, sich 
mühsam fassend, fort, „ich werde schon Mittel 
finden, diese Fessel zu zerreißen. „Was ist er, 
was hat er, dieser Musterreiter ? 
„Er rettete Ihr Kind aus den Flammen,“ 
wagte Helldau einzuschalten. 
Der Rentner war erfreut, einen Ablenker 
für seinen Zorn gefunden zu haben. „So, so,“ 
wandte er fich zu diesem, „und das, glaubt 
Ihr, gibt ihm ein Recht auf den Besitz mei⸗ 
nes Kindes und meines Vermögens? D, ich 
begreife, ich fange an, klar zu sehen? Ihr 
dachtet ein gutes Geschäkt zu machen, deßhalb 
übernahmt Ihr die Kupplerrolle, er glaubte, 
sch werde ihm meine Tochter nicht verweigern 
können, wenn er sie aus einem brennenden 
Haufe geholt habe, — die Polizei sucht noch 
immer den Brandstifter, ich denke, ihr jetzt 
einen Fingerzeig geben zu lönnen. Nehmt Euch 
in Acht, Eure grauen Haare werden mich 
nicht zurückhalten.“ 
„Machen Sie Ihres Drohung wahr, fiel 
delldau jetzt dem Rentner ins Wort, „geben 
Sie diesen Fingerzeig“ ich fürchte ihn nicht, 
seien Sie aber versichert, daß in der nächsten 
Minute nach meiner Verhaftung dem Insitruk⸗ 
lionsrichter Ihr Verhältniß zu dem verhafteten 
Verbrecher bekannt wird.“ 
„Was wollt Ihr damit sagen!“ fragte 
Krämer erbleichend. 
.Viel und auch wieder nichts, wie Sie 
wollen, Sie wissen jetzt, daß ich eine Waffe 
gegen Sie besitze, die Ihnen gefährlich wer— 
den kann“ 
Helldau ging nach diesen Worten hinaus, 
er hatte dem Rentner gezeigt, daß er ihn 
vernichten konnte, weiter wollte er es nicht 
treiben. Auch Mathilde wollte sich entfernen, 
der Vater gebot ihr, zu bleiben. Du kennst 
jenen Menschen schon länger 7“ fragte er. 
„Ja, er war mein Jugendgespiele, wir 
liebter uns damals schon, und diese Liebe 
wuchs mit uns, sie hatte in unsern Herzen 
feste Wurzel geschlagen.“ 
„Ich werde sie ausreißen,“ unterbrach 
srämer zornig. „Ueberhaupt wirst Du bei 
ruhigem Nachdenken einfehen, daß diese Hei⸗ 
rath eine Erniedrigung für Dich sein würde,“ 
fuhr er milder fort, zund daß ich unter den 
obwaltenden Umständen meine Einwilligung 
nicht geben darf.“ 
„Ich weiß, daß Ernst mich glücklich ma⸗ 
chen wird, das überwiegt alle Gegengründe,“ 
antwortete Mathilde fest und bestimmt. 
„Freilich. Euch ist es Hauptisache, unter 
die Haube zu kommen!“ spottete der Rentner. 
„Du wirst noch heute Abend abreisen.“ 
„Wohin ?“ fragte Mathilde. 
„Noch weiß ich's nicht und wüßte ichs 
Du wirst es nicht eher erfahren, bis 
Du am Ziele Deiner Reise bift, ich erwarte 
—A 
„Und wenn ich nicht gehorche. Wenn ich 
dem Worte Gottes folge, welches uns lehrt