Vater und Mutter zu verlassen um des
Mannes willen ?“
„Possen!“ versetzte der alte Mann achsel⸗
zuckend. „Das Gesetz gibt, Gott sei Dank,
dem Vater die Macht, das unmündige Kind
zu züchtigen, wenn es nicht gehorchen will!“
Mathilde biß die Unterlippe fast blutig,
sie besaß ganz das heftige Temperament des
Vaters, dessen Worte sie in tiefster Seele
verletzten; aber sie bezwang sich. „Eine solche
Züchtigung würde das Band zerreißen, wel⸗
ches mich an Dich fesselt,“ versetzte sie tonlos,
„ich werde gehorchen.“
„Du bist mein gutes braves Kind,“ er⸗
widerte Krämer, der wohl einsah, daß er zu
weit gegangen war, „glaube mir, diese- Liebe
ist nur eine erhitzte Frucht Deiner Phantasie.
Mache Dich reisefertig, ich werde Dich heute
Abend von hier fortbringen “
Mathilde ging in ihr Zimmer · zurück, sie
wußte, daß Vorstellungen und Bitten den
harten Sinn ihres Vaters nicht erweichten,
weßhalb sollte sie diese verschwende ẽ
Der Rentner ging mit verschränkten
Armen eine Weile in seinem Zimmer auf und
ab und setzte sich dann hin, um einige Briefe
zu schreiben. Er wurde in diesem Geschäft
durch den Eintritt desjenigen gestört, der
ihm all' diese Unruhe, all' diesen Aerger
verursachte.
„Was wünschen Sie ?“ fragte er, als
der junge Mann die Thür hinter sich ge—
II——
kommen Sie morgen oder übermorgen wieder,
Ihr Anliegen wird wohl keine Eile haben.“
Ernst war bestürzt, er konnte sich die
Ursache dieses schroffen Benehmens nicht er⸗
klären. „Ich kam hierher in der Absicht,
mich nach dem Befinden Ihrer Fräulein Toch⸗
ler zu erkundigen,“ entgegnete er, vielleicht
exlauben Sie mir —“
„Ich erlaube nichts, gar nichts!“ fuhr
der Rentner barsch auf.
„Im Grunde ist es mir ganz recht, daß
Sie gekommen sind, ich kann Ihnen dann
gleich in Bezug auf Ihre Wünsche und Hoff⸗
nungen einen kategorischen endgültigen Bescheid
geben. Sie trachten nach der Hand meiner
Tochter, doch kann von einer Erfüllung dieser
Hoffnung keine Rede sein, ich werde niemals
meine Einwillung dazu geben. Wenn Sie es
einmal so weit gebracht haben, daß Ihr
Vermögen dem meinigen gleich steht, dann
dürfen Sie noch einmal vorsprechen, vor⸗
ausgesetzt, daß meine Tochter alsdann noch
frei ist.“
Ernst errieth, daß Mathilde dem Vater
ihre Liebe verrathen hatte, noch bevor sie dem
Geliebten dieselbe gestand. Die beseligende
Gewißheit, daß Mathilde seine Liebe erwi⸗
derte, milderte die schroffen Worte des alten
Mannes. „Das Eis ist gebrochen, ich
jrage nicht lange, wer es gebrochen hat,“
—XVXX
„Sie haben überhaupt in dieser Angele⸗
genheit durchaus nichts zu fragen,“ fiel der
Rentner, sich mehr und mehr ereifernd, ihm
in die Rede, „Ihre Unverfchämtheit ist ohne⸗
hin groß genug. Ein edel denkender Mann
würde einem Mädchen, welches so hoch über
ihm steht, dergleichen Dingen nicht in den
Kopf setzen, einem Abenteurer freilich kann
man das nicht übel nehmen“
„Was Sie so sehr gegen mich erbittert,
weiß ich nicht,“ versetzte Ernin ruhig, „ich
hätte nimmer von einem gebildeten Manne
ein solches Benehmen erwartet. Wollen Sie
Ihre Einwilligung nicht geben, so können fie
es bei einem einfachen „Nein“ bewenden las⸗
sen, der vielen Worte bedarf es nicht.“
„Ein eiufaches „Nein“ ist bei Leuten
Ihresgleichen nicht angebebracht, fie draͤngen
sich durch die Hofthür wieder in's Haus,
wenn sie durch die Hausthür hinausge⸗
—X
Gortseßung folgt.)
Mannigfaltiges.
Ein österreichischer Fähnrich
schlug einen Soldaten ins Gesicht, der darü⸗
ber natürlich eine sauꝛe Miene zog., Elementer!“
rief Jener, „ich weiß holter, was d' jetzt
denkst! Du denkst, i wär a Dummlopf! Dentst
mir das noch'nmal, mußt d'vierzehn Täg in
die Wacht!“
Druck und Verlag von F. X. Dernez in St. Ingbert.