„Weil Ihr böses Gewissen Ihnen sagt,
daß der Prozeß für Sie eine schlimme Wen⸗
dung nehmen könne. Sparen Sie mir gegen⸗
über die Maske, mich betrügen Sie nicht.
Der Amcerikaner wird schweigen. wenn Sie
Ihre Einwilligung zur Hochzeit Ihrer Tochter
mit Ernst Heller geben.“
Die Zornader auf der Stirn des Rent⸗
ners schwoll drohend an. „Also auch Sie
sind im Komplot?“ rief er heiser, den glühen⸗
den, durchbohrenden Blick, inwelchem das
Feuer unverföhnlichen Hasses loderte, fest auf
den Advokaten gerichtet. „Auch Sie wollen
den Kuppler spielen? Fürwahr, ein hübsches
Nebengeschäft für einen Advokaten, dem die
Praxis vielleicht. kaum das trockene Prod
einbringt!“
Doktor Schacht, erhob sich. Unsere Un⸗
terredung ist zu Ende,“ sagte er gelassen, „auf
Beleidigungen antworte ich nicht. Er wandte
sich zur Thür. Krämer hielt ihn am Arme
zurück. Auf den Ausbruch“ der Wuth war
Erschlaffung gefolgt, der Rentner sah, ein,
daß er va banque spielte, daß Alles, Ehre,
Vermögen und Leben auf der Karte stand,
welche der Advokat ausgespielt hatte. „Unter
welchen Bedingungen soll die Heirath vollzo⸗
gen werden?“ fragte er.
HUnter welchen? Ich denke, Bedingungen
sind hier weder zu fordern noch einzugehen,
die Hochzeit wird innerhalb acht Tagen
gefeiett und das junge Paar reist un⸗
verzüglich ab.“
„Wird der Amerikaner jchweigen, /wenn
ich dieses Opfer bringe 7*
„Er wird schweigen bis zur Bestätigung
seines Todesurtheils. Bis dahin haben Sie
sür seine Flucht Sorge zu tragen, gelingl Ihnen
das nicht, so“ —
‚Wird er bekennen?“
„Allerdings!“
Der Rentner sah lange schweigend vor
sich hin. „Welchen Vortheil bietet mir Ihr
Vorschlag?“ nahm er endlich wieder das
Wort. „Sie werden selbst einsehen. daß ich
nichts durch denselben gewinne.“
„Sie gewinnen nichts dadurch ? Minde⸗
stens eine Frist von einem Vierteljahre, welche
Ihnen hinreichend Zeit läßt, Eurvpa zu
verlassen.“ ⸗
.In acht Tagen die Anstalten zur Hoch⸗
zeit zu treffen, ist unmöglich,“ hob der Rent⸗
ner nach kurzem Nachdenken an.
„Dafür lassen Sie mich sorgen. Sie ver⸗
loben die beiden Kinder im Beisein einiger
Zengen und ich ermögliche es, daß die Trau—
ung innerhalb acht Tagen siattfinden lann.
Also kurz und bündig, ja, oder nein.“
Der Rentner kämpfte einen Augenblick
mit seinem Entschlusse, dann schlug er in die
dargebotene Rechte des Advokaten ein.
„Sie sehen, ich habe nich Ihrem Willen
zefügt, weil ich es für besser halte, von zwei
Aebeln das kleinere zu wählen, jetzt aber bitte
ich Sie, mich für heute in Ruhe zu lassen.
Warten wir mit der Verlobung bis morgen
oder übermorgen, so große Eile hat's ja noch
nicht. Ich bin zu aufgeregt heute,“ fuhr er
fort, als er das Mißtrauen des Juriften be⸗
merkte, „deßhalb bitte ich Sie nochmals, war⸗
ten Sie bis morgen.“
Der Advokat sah dem alten Manne scharf
und sest in's Auge. „Es sei,“ erwiderie er
„ich will Ihnen vertrauen und hoffe, daß
Sie mich nicht zwingen werden, hinter Ihnen
den Telegraphen spielen zu lassen.“
Er ging hinaus und gerades Wegs zur
Wohnung der Wittwe Heller, in welcher er
Ernst, dessen Mutter und Helldau antraf. Er
vußte, daß Helldau mit Ernst im Bnunde
vwar, und kounte daher im Beisein desselben
die Verabredung. weiche er mit Krämer ge⸗
troffen hatte, mittheilen.
Ernst war überrascht, er grübelte indeß
aicht lange darüber, durch welches Mittel sein
Freund diese Zusage erhalten hatte, sondern
zab sich ungetheilt der Freude hin, die sein
Hetz bei dem Gedanlen an diese nahe bevor⸗
stehende Verbindung mit Mathilde erfüllte,
1I. Kapitel.
Schon im ersten Verdör legte, der Ver⸗
brecher ein offenes Geständniß ab, ohne indeß
eines Mitschuldigen Erwähnung zu thun, er
dertraute auf die Zusage des Adbokalen und
wollte den Weg zur Rettung sich offen halten.
Zwar hatte er sich vorgenommen, sein Ge—
dändniß so lange wie möglich hinauszuschieben,
Anfangs beharrlich zu läugnen und erst später
heilweise Zugeftändnisse zu machen, um die
Berichts ⸗Verhandlungen zu verzögern, aber