Full text: St. Ingberter Anzeiger

einmal mündlich erzählen kann. Nur eins will 
ich Dir noch mittheilen. Dein Freund Gott⸗ 
fried Schulz wird im Laufe des Herbstes 
heirathen, er ist mit einer reichen Bauern⸗ 
tochter verlobt, und dem Alten ist's recht, 
daß wieder eine Frau in's Haus lkommt. 
Der Alte hat gelobt, wenn Du dem Bank⸗ 
hause Anweisung gibsi, Dir das Geld zu 
senden, diese Sendung zu begleiten, er müsse 
Dich noch einmal sehen. Nun lebe wohl und 
behalte lieb Deinen Freund Theodor Schacht.“ 
MVauat ilde umschlang den Gatten und sah 
ihm bittend in's Auge. „Hast Du mich auch 
jetzt noch lieb?“ fragte sie. — 
„Welche Frage J Wie kommst Du zu ihr! 
Glaubst Du, daß meine Liebe zu Dir je ab⸗ 
nehmen könne ? — 
Mathilde konnte die Thränen nicht mehr 
zurückhalten, hastig verließ sie das Zimmer. 
ISie ahnt, in welchem Verhältniß ihr Vater 
zu dem Mörder stand,“ sagte die Wiltwe, 
Igönne ihr einige Tuge Ruhe, Ernst, dieser 
Gedanke ist nicht so hart, wie der, welchem 
fie bis jetzt nachhing, er wird jenen verdrän⸗ 
zen und den Schmerz abstumpfen. Ich gehe 
zu ihr, um sie zu trösten n.. 
Hier steht noch ein Postscriptum,“ nahm 
Ernft das Wort, als er sich mit Helldau 
allein sah. Du wirst mir recht geben, wenn 
ich Dir rathe, Deine Gattin von hier fern 
zu halten wenigstens so lange, bis das Ge⸗ 
rede verstummt ist, welches die Enthüllungen 
des Mörders veranlaßt haben. 
Helldau schüttelte den Kopf. Grübeln 
Sie üͤber den Sinn dieser Worie nicht lange 
nach,“ versetzte er, „denken Sie, das böse 
Gewifssen habe den Vater Mathildens zum 
Selbstmorde getrieben, und lassen Sie den 
Schleier hangen, der Ihnen den Rest des 
Geheimnisses verbirgtẽẽ:: 
,So sei es,“ xrwiderte Ernst, indem er 
der eintretenden Gattin entgegen ging und sie 
an sein Herz schloß, „mag jenen S—chleier 
zerreißen wer will, uns kümmert das Dunkel 
vergangener Tage nicht, denn uns lacht der 
Sonnenschein der Liebe und keine Wolte soll 
ihn uns rauben!! ! 
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Zannigfaltiges. I 
Die Stadt Chicago war im Jahre 
1830 noch nicht vorhanden; bis 1833 be⸗ 
stand daselbst nur ein Fort; noch im Jahre 
1840 zählte sie nicht mehr als 5000 Ein— 
vohner. Seitdem ist sie zu einer Großstadt 
oon üher 300,000 Einwohnern (darunter 
130,000 Deutsche) und zum Mittelpunkt des 
Aus- und Einfuhrhandels für den amerika⸗ 
nischen Westen herangewachsen. Vierundzwanzig 
Eisenbahnlinien münden hier und bringen 
täglich 200—250 Züge. Chicago war der 
größte Getreidemarkt der Welt, und man 
sonnte es als Entrepot für alle europäischen 
Luxuswaaren, die für Amerika bestimmt waren, 
betrachten. Daß unter diesen Umsländen die 
Verluste nicht auf die Einwohner der unglück- 
liichen Stadt sich beschränken, versteht sich von 
selbst. Man glaubt, daß Newyork, Mandester 
Leeds und Lyon beträchtliche Verluste erleiden 
werden, Die Unterbrechung der Geschäfte zu 
Th eago — noch dazu in der geschäftsvollsten 
Jahreszeit. — wird ferner auf den Werth 
naucher Eisenbahnlinien ungünstigen Einfluß 
ausüben, und auf dem Londoner Markt ha⸗ 
ben die Aktien der Illiaois. und einiger an⸗ 
deren Bahnen eine beträchtliche Baisse erlitten. 
Endlich find die Versicherungs-Gesellschaften 
von Newyork. Boston und Hartsord start 
in Mitleidenschaft gezogen, und in Newyort 
herrschte am 8. d. deßhalbe eine unge⸗ 
heure Parilkkkf. 
Eine neuerfundene Stedna— 
delmaschine in Hartford, im Staate 
Connecticut, fertigt in jeder Secunde 2400 
der besten Stecknadeln, also 144,000 in der 
Minute, 8,640,000 in einer Sturde! Wo 
Cleibt. da die Menschenhand!? — 
Ein aus Indaien tommendes Schiff hat 
an der Küste von Jamaica am 285. Sept. 
Schiffbruch erlitten. 200 Leichen 
wurden an die Küste geworfen. 
deed ahn e —— 3 
Druck und Verlag don F. X. Dene in St. Ingbert.