Full text: St. Ingberter Anzeiger

Unterhaltungsblatt 
Im 
St. Ingberter Auzeiger. 
—X Dienstag, den 835. Oetober 
Steintzöfer und Soßn. 
WVon Ewilie Heinrichs. 
mit Güte und Drohung über diesen Punkt 
zum Reden zu bhringen versucht. Eginhard 
schwieg beharrlich und erklärte zuletzt mit einer 
Stimme, welche wie Hohn klang: „Mein 
theurer Lehrer schärfte mir noch einmal dus 
bierte Gebot ein!“ — 
Hartmuth mußte woͤhl endlich einsehen, 
daß man die Untersuchung geflissentlich in die 
Ldänge zog und ihn schließlich auf Verdacht 
perurtheilen würde; — war er doch fest 
überzeugt, daß der ganze Diebstahl nur in 
Seene gesetzt worden war, um ihn als ge— 
meinen Verbrecher gänzlich unschädlich zu 
machen. 
Wer mochte es ihm unter solchen Um⸗ 
ständen perdenken, daß er die erste peste 
Belegenheit zur Flucht ergriff, eine Gelegen⸗ 
heit, welche ihn leider noch obendrein zum 
Brandstifter stempeln sollte ? 4 
Es war an einem dunkeln Abend in den 
ersten Tagen des Septembers, als Hartmuth 
bei der Wittwe des Freundes eintrat. 
Unumwunden erzählte er ihr die Geschichte 
seiner Leiden. Sie hörte ruhig zu; was konatt 
iie bei allem, was sie durchlebt und erfahren, 
noch überr aschen und erschütierr ꝛẽꝛ 
„Wobin gedenken Sie zu fliehen, mein 
Freu fragte ße, als er geendet. 
„Nach Amerika!“ 
„Es ist das cinzige Asyl sür Sie; — 
ich werde Sie verbergen, bis sich die Gelegen⸗ 
heit zum Fortkommen für Sie findet. Ich 
lenne die Frau eines Schifftapitäns, welcht 
bren Mann in diesen Tagen von einer Jan⸗ 
geren Reise zurüderwartet; die Frau ist mir 
Gortfetzungh. 
Hartmuth war wirklich glücklich entkommen; 
daß er an der Brandftiftung im Gefängniß, 
wenn eine solche wirkllch vorlag, ebenso un— 
schuldig war, wie an dem Diebstahl, braucht 
nicht näher erörtert zu werden; daß er jedoch 
—XD 
sondern die Freiheit vorzog, obgleich diese ihm 
unter den obwaltenden Umständen für die 
Zukunft nicht viel nützen kdonnte, erscheint bej 
seiner völligen Unschuld unerklärlich. Und doch 
war's bei dem Gange der Untersuchung ihm 
nicht zu verargen, es war ihm in dieser mo⸗ 
natelangen Haft zu deutlich, zu llar geworden, 
daß dem Reichthum gegenüber zuweilen die 
sonnenhellste Unschuld bis zur Unkenntlichkeit 
geschwärzt werden kann, und daß eine geheime 
Macht Berdacht auf Verdacht gegen ihn ber 
zehoch aufzuthürmen sich rastlos mühte. J 
Die Aussage des alten Comptoirdieners 
bon dem lurzen Anschlagen und Knurren des 
Hundes an jenem Abend, wie bei einem Be⸗ 
kannten, welches ihn zu der sichern Annahme 
geführt, daß es Hartmuth gewesen, welcher 
bon seinem Spaziergauge zurückgekehrt sei, fiel 
ganz besorders erschwerend gegen ihn in die 
Wagschale, wozu sich alsdann noch besonders 
grabirend sein pätes Nachhausekommen und 
die geheime Zwiesprache mit dem lleinen 
Eginhard gesellte. 
Der Pfarrer Schenlein hafte den leßzteren