Weg nach der Wohnung der Wiltwe Strin⸗
böfer einzuschlagen.“
Er taf ke allein, beim Lampenschein
mit einer Näharbeit emsig beschäftigt.
„Ich bitte um Entschuldigung, Madame!“
begann er, höflich grüßend, „der Kapitäu
Brandt, mein lieber Freund, ist, wie ich sehe,
nicht mehr hier.“
„Er ging von hier geraden Wegs nach
seinem Hause,“ erwiderte die Frau.
„Ich danke Ihnen, Madame“““
Bei der Thür wandte er sich um.
„Auf die Gefahr hin, zudringlich zu er⸗
scheinen, muß ich mir doch noch eine Frage
erlauben, verehrte Frau!“
Frank verstand es vortrefflich, zeitweilig
die täuschendste Moske der Aufrichtigkeit und
Ehrlichkeit anzunehmen.
„Fragen Sie immerhin, mein Herr!“
bersetzte die Wittwe, ihn ruhig anblickend, „es
bleibt ja mir überlassen, zu antworten.“
„Ganz sicher, verehrte Frau! Ihre Er—
scheinung erinnert mich unwillkührlich an ein
Bild, welches ich einst vor vielen Jahren bei
einem Freunde gesehen, ich möchte darauf
schwören, daß ich das Original vor mir
sehe.“
Wie hieß dieser Freund 77 fragte jezzt
die Wittwe erstaunt.
„Hartmuth, — er war später Hauslehrer
bei dem Commerzienrath Steinhöfer — ah,
Sie nennen sich ja auch Steinhöfer, sind am
Ende gar verwandt mit dem reichen Fab-
rilanten ?
„Weitläufig,“ versetzte sie ausweichend,
„Sie kannten Hartmuth also genauer 7?“
Frank hatte auf's Geradewohl in's
Blaue geschossen und so ziemlich getroffen. Er
wurde kühner.
„Wir waren Busenfreunde,“ versicherte
Frant mit edler Dreistigkeit, „kannten keine
Geheimnisie vor einander. Sie können sich
meinen Schmerz bei der nachherigen Katastrophe
im Steinhöfer'schen Hause denken.“
Das schöne, weiche Antlitz der Wittwe
war ruhig und unddurchdringlich wie immer,
nur in den dunkeln Augen leuchtete es auf,
ein blitzartiges Mißtrauen, welches unbemerkt,
entschwand. 4 7
„Ja so, ich erinnere mich,“ versetzte sie
zleichgültig, Hartmuth hatte mein Bild vor
einer Freundin auf seinen Wunsch erhalten,
mir selber stand er fern. Ich erfuhr sein
Schicksal durch die Zeitungen, ohne mir ein
genaueres Urtheil über seine Schuld oder
Unschuld bilden zu können. Er entfloh, wo—
durch er sein Schichsal wohl verschlimmert
hat. Halten Sie den Freund wohl für un⸗
ihuldic
Frank zuckte die Achseln, er hatte bei der
undurchdringtichen Ruhe der Frau seine tigene
Sicherheit verloren und wußte nicht mehr
recht, woran er war.
„Mir geht's in dieser Hinsicht genau wie
Ihnen, verehtte Frau!““ erwiderte er nach
einer lleinen Pause; „wer kann die Tiefen
des menschlichen Herzens ergründen? Obgleich
Hartmuth mein Busenfreund war, kann ich
doch nicht von seiner Unschuld so ganz fest
überzeugt sein, zumal seine Flucht, wie Sie
ganz richtig bemerkten, seine Schuld im
Grunde constatiren mußte. Und dann die
Brandstiftung —“
„So glauben Sie auch hier an seine
Schuld???
„Thatsachen zeugen zu gravirend gegen
ihn, — ich möchte so gerne an seine Unschuld
glauben!“
„Nun, wer hindert Sie daran, mein
Herr ?“ sprach die Wirtwe mit einem Lächeln,
„echte Freundschaft, meine ich, dürfte in sol⸗
chem Falle der letzte Richter sein —“
„Ei, mein Zeugniß, falls es gefordert
wäre, hätte sicherlich in diesem Sinne nur
gelautet,“ versicherte Frank. „Das Schlimmste
soll sein unheilvoller Einfluß auf den jungen
Steinhöfer gewesen sein, — man spricht so⸗
gar von einer Enterbung zu Gunsten der Frau
Commerzienräthin und ihrer Familie.“
„So ist der junge Mann ihr Stief⸗
lohn de
„Nich doch, jener Hartmuth hat ihn den
Eltern, die mit rührender Liebe an ihm hän⸗
gen, gänzlich entfremdet, der Vater soll jede
Hoffnung aufgegeben haben und mit dem
Plaͤne umgehen, ihn nach Amerika seinem
Verführer nachzusenden und so für immer
aus dem väterlichen Hause zu verstoßen.“
„Sie scheinen sehr vertraut mit den AUn⸗
legenheiten jener Familie zu sein, mein