Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anlerhaltungsblatt 
WM 
»St. Ingberter Anze ig er. 
18 1. 
r. 433 
Steinhöfer und Sotzn. 
Von Emilie Heinrichß. 
dabei Alles auf die Netven atnn, auf Nerven 
und Blut. 
Der Kellner weckte ihn fruhzeitig, wie er 
befohlen; soeben war Dr. Wolff mit dem 
Nachtzuge eingetroffe. 
eim Mocrgentaffee theilte Frank ihm 
Alles mit, was er erfahren, besonders auch 
die kleine bedeutsame Episode mit dem Sohn 
der Wittwe Steinhöfert. 
Der Rotar schlürfte behäglich den duf⸗ 
figen Mocca, wozu eine feine Habanna vor⸗ 
trefflich mundete. 
Ulso ein solches Söhnchen besitzt die gute 
Frau,“ sagte er gleichmüthiß, „freilich, da 
nuß man einschreiten, so vder so. Das Bürsch⸗ 
hen will mit diesem Kapitän nach Amerika, 
sagten Sie nicht fo 
„WMit der Mutter Erxlaubniß schon iin acht 
Tagen.“— 
Hum, wahrscheinlich zu unserem Diebe, 
meinen Sie nicht auch, lieber Frank!“ 
„Freilich,“ lachte dieser spöͤttisch, Aer 
wird ihn zum Rächer erziehen wollen. “ 
Zum Racher, nicht aͤbel — aber die 
Geschichte ist wirklich nicht zum Lachen, mei' 
Bestereeeeeeee 
Hulte ich Sie sonst herüber citirt, kebe 
Doctor ? 
Wan sieht, die beiden Complicen stande 
auf sehr vertrautem Fuß mit einander. 
Ganz recht,“ versetzte Wolff, fich sinnen 
in die Sophaecke zurüdlehnend, „Sie thate 
wohl daran. Das könnte später, wenn dle 
dleine Schlange erwachsen, ein nettes Pag: 
ibgeben mit ünserin Hamtlet, ein rechtes Fele 
jür seinen Himmel quf Erden. Wenn man 
(Fortsezung. 
989. Kapitel. 
VUeberlassen wir die Wittkwe ihrer schweren 
Sorge und kehren zu Frank zurück, welcher 
mittlerweile ebenfalls seinen Entschluß gefaßt 
und sich geradeswegs wieder nach dem Tele— 
graphenbureau begeben hättte. 
„Gut, daß wir diese kleine giftige Schlange 
bei Zeiten kennen gelernt,“ murmelte ex, „sie 
könnte uns dereinst arg zu schaffen machen,— 
hatte schon jezt eine solche Dosis Gift. Wahr⸗ 
haftig, der Himmel selber steht uns bei, — 
ich bin ein Glücksktind in des Wortes ver⸗ 
wegenster Bedeutung, werde d'rum auch 
sicherlich daß höchste Ziel erreichen, — das 
böchste!! 
Er sunmte eine lustige Melodie und gab 
mit der größten Stelenruhe folgende telegra⸗ 
phische Depesche auf: „An den Herrn Dr. 
Wolff zu X. Ihre Gegenwart erscheint mir 
höchst nothwendig, bringen Sie die nöthige 
Vollmacht des dr Commerzienraths mit; 
es verlohnt der Mühe. Mit dem Nachtzuge 
erwarte ich Sieß.. 
In seinem Hotel speiste er äußerst fein, 
er war ein Gourmand und brauchte das 
Geld nicht zu sparen. Angenehne Träume 
von seiner künftigen Größe wiegten ihn in 
den Schlaff. 
Es ift nicht wahr, daß der böse Mensch 
auch böse Traͤume haben muß, es komm