Unterhaltungsblatt
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StIngberter Anzeiger
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4.
S)onntag, den 12. November
1831.
3 teinßöfer und Sohzu.
Von Emilie Heinrichs.“
Wittwe ihr Kind sanft in die Sophaecke bet—
tete und das Licht ergriff, um nach der Thür
zu gehen.
„Mein Gott, Sie woller doch nicht öff⸗
nen?“ rief Frau Brandt, „geben Sie mir
das Licht, Liebe! ich will mit diesem Stären⸗
fried schon fertig werden.“
Wiederholtes Klopsen unterbrach ihre Worte,
Frau Steinhöfer ging rasch, ohne eine Sylbe
zu eiwiedern, hinaus, Lon ihrer Freundin
gefolgt.
Als sie die Hausthür öffnete und das
Licht erhob, prallte: sie entsetzt zurück, —
zwei Polizeibeamte traten ihr entgegen, hinter
diesen tauchte das wohlbekaunte Gesicht einer
angesehenen Magistratsperson außt.
„Entschuldigen Sie diesen ungewöhnlichen
Besuch, Frau Steinhöfer!“ begann Letzterer,
äch vordrängend, „das Gesetz verlangt bei
besonderen Anlässen, — doch, was sehe ich,“
unterbrach er sich erstaunt, „Sie scheinen ver⸗
reisen zu wollen, — ich hörte bereits, daß sie
Ihren Sohn fortgesandt —4—
„Das habe ich gethan, Herr Bürger⸗
meister !“ fiel die Wittwe ihm kalt und
stolz in's Wort, „ich hoffe, das Recht dazu
zu haben.““
»Hm, das fragt sich,“ murrie er, in's
Haus tretend, „folgen Sie mir, meine Herren!
— Im Namen des Gesetzes sind diese Beamte
befugt, in meiner Gegenwart eine Hausuchung
vorzunehmen, Sie werden sich der Nothwen⸗
digleit fügen und uns keine Schwierigkeiten
in den Weg legen, Frau Steinhöfer!“
„Eine Haussuchung!“ wiederholle dae
Wittwe, stolz zurücktretend, „welcher Gruud
Gortsetung.)
10. Kapitl.
Es war nach Mitternacht; in dem kleinen
Hause der Wittwe Steinhöfer brannte noch
Licht, — sie saß im vollständigen Reise-
Anzug, mit ihrem schlaftrunkenen Kinde auf
dem Schooße, in der kleinen Stuhe, thränen⸗
los vor sich hinstarrend.
Vor ihr auf dem Tische lag ein Päckchen,
wilches sie mitnehmen wollte, alles Uebrige
follte der Obhut ihrer Freundin, der Frau
Brandt, überlassen bleiben. —*F
Die Frau des Kapitäns, ein resoluter
Charakter, treu und gefällig, saß tröstend
neben ihr und bemühte sich vergebens, ihr
diese Reise auszureden und sie noch in der
letzten Stunde zum Bleiben zu bewegen.
„Sie sehen zu schwarz, meine Beste!“
meinte sie, „was will ihr Schwager machen,
„kann er doch Gott danken, daß Sie die
Sache ruhen lassen⸗⸗ 9— J
„So lange dieser Mann eiwas zu fürchten
hat, ruht er nicht,“ versetzte die Wittwe,
„wer weiß, was die nächste Stunde mir schon
für Unheil bringen kann, — die böse Ahnung
schnürt mir die Brust zusammen. O, läge
erst das große Weltmeer zwis hen mir und
diesem Fürchterlichen! — horchi
Ein festes Klopfen an die Thür ließ
beide Frauen zusammenschrecken. Frau Brandt
hielt sich zitternd an dem Tisch, während die
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