Anterhaltungsblatt
St. Ingberter Anzeiger.
—7 146. — Donnerstag, den 16. November
1871.
5teinhöfer und Sohn.
Von Emilie Heinrichs.
„Nun, ich will einem solchen möglichen
Scandal schon vorbauen,“ lachte der Notar,
„wenn uns für die Zukunft der Eginhard
leine Dummheiten anrichtet. Sie haben noch
das Mittel in Händen, einen mächtigen Riegei
vorzuschieben.“
„Und das wäre?“ fragte der Commer-⸗
sienrath nach einer Papse.
„Ein Testament, worin Sie die für solche
Fälle nöthigen Vorkehrungen in bündigster
Form treffen. Glauben Sie mir, lieber Siein -
höfer, Eginhards seltsame Veränderung ist nur
die Folge bestimmter Vorschriften aus Amerika.
Wir haben damals selber gesehen, welche un⸗
Jeimliche Macht jener Mentor über seinen
Zögling besaß; ich bin überzeugt, er besitzt
sie noch heute, und wird diese Macht, wenn
der Knabe erst Mann geworden, zu seinen
Zwecken sicherlich ausbeuten. Sie werden dann
wahrscheinlich für den Communismus ge—⸗
spart haben.“
„Still, still, J der Gedanke bringt schon
mein Blut zum Sieden,“ rief Steinhdfer.
beide Hande ballend, „der Junge wäre weiß
GBott im Stande dazu. Setzen Sie mir noch
heute ein Testament auf, Vater, mit alien
uöthigen Klauseln versehen, um meinem Erben,
dem Träger meines Namens, die Hände zu
binden.“
„Gut, wer soll an seine Stelle treten, wenn
der zErbe den Bedingungen des Testaments
zuwider handelt ?“ ——
„Dafür lasser Sie einstweilen einen freien
Raum, ich hoffe sobald noch nicht zu sterben.
Im Uebrien soll es rechtskräftig angefertigt
werden.“
(Fortsetzung.)
„Das genügt nicht,“ versetzte Wolff fest,
„wir müssen die Papiere vernichten. Die Frau
—V
ganzes Leben; die beiden Kinder todt, oder
doch so gut als todt, jener Hartmuth ehrlos
gemacht, — die Sache also für uns rein
abgewickelt, da ich schon sorgen werde, daß
jener Mensch Europa nie wieder betritt. Nun
erwächst uns in diesem Inspektor eine neue
Gefahr, doppelt, weil er Polizeimann, also
nicht leicht anzugreifen ist. Wir müssen die
Papiere haben, um jeden Preis, hören Sie,
Herr Sohn, um jeden Preis!“
„Rathen Sie mir, ich überlasse Ihnen
die Sache.“
„Geben Sie mir unmschränkte Vollmacht
hinsichtlich des Geldpunktes ?
„Vollständig, nur schaffen Sie mir diefes
neue Gespenst aus dem Wege, Vater!“
„Bon, es soll bald gemacht sein, dieser
Polizei⸗Achilles wird doch auch wohl seine
Ferse haben. Ja, ja, Herr Sohn! das wäre
gefundenes Futter für irgend einen nach pi⸗
kantem Stoff heißhungerigen Romanschrift⸗
steller, das Publikum verschlingt solche Lec⸗
lüre.“
„Um Gotteswillen, das brächte mich unter
die Erde,“ rief der Commerzienrath außer
sich, „gegen dergleichen kann man sich ja gar
nicht einmal schüßen!“
v.