Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Well, Sir! ich bin selber Schigsen,“ und 
damit kettete er einen Lahn los. 
GSteinhöfer schaute nach dem Himmel hin⸗ 
auf und auf den See hinaus, beide waren 
blau und beite. 
Der Commerzienrath fühlte Latgeweile 
und Verdruß, vielleicht konnte diese Fahrt mit 
dem närrischen Engländer ihn erheitern. 
Dieser hatte die Ruder in der Hand, 
Steinhöfer sezte sich an's Steurr. 
Nicht zu weit von Lande!“ 
„Well, dir! Nach Küßnacht!“ war die 
Untwort und Jener schrie: „Den Teufel auch, 
das wäre eine schöne Spazierfahrt!“ 
Der Engländer handhabte mit gewandter 
Sicherheit die Ruder, blitßschnell flog der 
leichte Kahn über die spiegelglatte Fluth, und 
behaglich schaute der Commerzienrath in die 
sonnige Gegend hinaus, welche immer ferner 
dem Blicke entschwand. 
Sie waren allein, fern von Menschen, so 
weit das Auge reichte, kein Schiff, kein ein⸗ 
ziges Segel, nur die Fische sonnten sich auf 
der blitzenden Fluth und schossen spielend 
durche:nander. 
Der Engländer ließ pößlich die Ruder 
sinlen und den Kahn langsamer treiben; er 
blickte starr zu dem Commerzienrath hienüber. 
„Icrtzt ist's genug,“ sagte dieser unruhig, 
„wir wollen heimlehren“ 
„Jawohl, genun,“ versetzte der Engländer 
im reinsten Deutsch. „Adieu, Herr Commer⸗ 
zienrath! grüßen Sie Ihren Bruder!“ 
Er holte mit der Ruderstange zu einem 
gewaltigen Schlage aus, der Commerzienrath 
schrie auf und glitt entsetzt auf die Kniee. 
NKein Erbarmen! — Es war die lehzte 
Arheit, die letzte blulige Saat zur Erute! 
Ein lautes Röcheln, ein Fall in's Was⸗ 
ser, — dann schloß sich die Fluth über dem 
Brudermörder 
Der Kahn schwankte hin und her, eg 
fehlte nicht viel, so hätte die dunkle Tiefe auch 
den Mörder verschlungen. 
.Das Glück war mit dein Verbrecher, er 
kam ungesehen nach Luzern zurüdc. 
Der Commerzienrath war verschwunden, 
wie sein Sohn. Niemand hatte sie gesehen, 
alle Nachforschungen waren vergebens. Man 
mußte sie für verunglückt halten. 
An demselben Tage verschwand auch der 
Englander aus Luzern. 
Als die Noischaft an die Frau Commer⸗ 
nienräthin Steinhöfer gelangte, legte sie tiefe 
Trauer an, während Doctor Wolff zum einsi⸗ 
weiligen Administrator der Fabrik laut des 
bporgefundenen Testaments ernannt wurde. Der 
offene Raum war mit diesem Namen aus⸗ 
gefüllt. 
„Was nun?“ fragte Frank seinen Com⸗ 
—ER 
der Fabrik?“ 
„Sobald wir den Todtenschein der beiden 
Verschollenen in Händen haben, mein Lieber!“ 
versetzte Wolff, „verschaffen Sie diese und 
Ihr Ziel ist erreicht· 
Der Einwurf war richtig, Frank biß sich 
auf, die Lippen und schwieg. 
J (Fortsetzung folgt.) J 
NMannigfaltigesess. 
Stettin, 14. Nob. Der Polizei ist 
es gelungen, eine förmliche Räuberhöhle, und 
zwar in einem Fort zu entdecken. Das Lager 
war für 20 Perfonen eingerichtet, die dort 
den Raub zusammenschleppten und Nachts 
Gelage feierten. —— 
Der „Indust. Als.“ erzählt folgendes: Ein 
raicher Straßburger Kaufmann verheirathete 
seine Tochter vor etwa drei Jahren und an⸗ 
jäßlich dieses Familienfestes schenkte er drei 
wohlthätigen Anstalten je eine Eisenbahn⸗ 
Aktie. Nun hat vor einigen Tagen eine Ver⸗ 
losung statigefunden, eine der Altien ist heraus⸗ 
gekommen und die Waisenanstalt, der diese 
Aktie geschenkt worden war, gewinnt mit einem 
Schlage die hübsche Summe von 200,000 
Fr. Einer Waisenanstalt fällt das große Looß 
zu! Der Zufall hat selten eine glücklichere 
Hand gehabt, und der Kaufmann, als erste 
rfachedieses Glückssalles muß sich freuen, 
daß er so gut inspirirt war. 
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Drud und Verlag von J. X. Deineß in St. Ingbert.