Full text: St. Ingberter Anzeiger

reuet fich dessen. — wagte es doch selbst der 
Divter der Räuber nicht, dem detrogenen und 
versiohenen Bruder das Richterschwert gegen 
den Henker des Vaters in die Hand uu drü⸗ 
Zken, er mußte sich selber richten. Nun wohl, 
der Mörder Deines Vaters ist todt, — der 
einzige Erbe zoahrscheinlich ebenkalls durch 
mörderische Hand vernichtet. Du trittst in 
leine Stelle l Sagt, lieber alter Freund, wer 
hat die Erbschaft des Commerzienrathes an⸗ 
getxeten d 
Zuerst die Wiltwe. — jeßt ihr Vater, 
der Doctor Wolff. So sagte mir der Polizei⸗ 
Inspectot.“ 
Ift die Wittwe denn auch todt 49 
„Ach, das sind boöse Geschichten,“ ver⸗ 
sezte Brandt kopfschüttelnd, ‚diese Frau scheint 
sehr leichtsinnig, wenn nicht gar bose gewesen 
u sein, Sie hat Mann und Kind bald ver⸗ 
gessen, ist nach Paris gegangen und hat dort 
rin großes Haus geführt. Gin vornehmer Grak 
hat sich um sie beworben, sie hat ihn geheirathet 
und ist dann auf geheime Denmmciation hin 
der Bigamie angeklagt, weil der Leichnam des 
erster · Gakten nict aufgefunden, sie also noch 
aicht als Wittwe sich betrachten konnite. 
„Sie hat fürchterlich viel Geld gebraucht, 
der Polizei⸗JInfpeetor sprach von einer halb 
Million, dann ift eines schönen Morgens! der 
danbere Graf auf und davon gewesen, hat 
Alles mitgenommen an Geld und Geldes werrh. 
— Er soll gar kein Graf gewesen sein. Die 
neugebackene· Graͤfin hat just an dem Tage 
vor Gericht erscheinen sollen. Da wird sie 
vor Schreck und Aerger krank, sie legt sich 
din und stirbt richtig innerhalb vier Wochen. 
Nun war ihr Vater der lehte Erbe laut eineß 
dorhandenen Testaments, und der listige 
Advokat ist Herr des ganzen grohßen Ver⸗ 
mögens“ 
Der Lehle also, gottloh!“ sprach Hart⸗ 
muth, mit diesem Menschen abzuxechnen, macht 
mir die gröhßte Freude, ar ist. die Urquelle 
des Bosen — Nunm noch eine Frage, theurer 
Freund! wißt Ihr nicht, ob die Mutter des 
Fommerzienrathẽ noch lebbẽ — Doch was 
frage ich, sie muß ja todt sein, wie wäre 
dieser Wolff sonst Erbe 
Ddie Mutter des Commerzienratha Starb 
denn Ferdinands Vater nicht an ihrer Leiche?“ 
Sie war scheintodt, lag im Starrlrampf. 
ils das Schredliche geschah, sie allein ist die 
Zeugin des Mordes, denn fie vernahm in 
hrer schrecklichen Lage, welche sie zu jedem 
debenszeichen unfähig machte, die letzten Worte 
»es Opfers. Ala sie erwachte in der Nacht 
hor ihrem Begräbniß, war ich Zeuge, wie 
ie dem entseßlichen Brudermörber dak Ver⸗ 
hzrechen vorwarf. — Versteht Ihr jetgt seinen 
dak und die That, welche gegen mich verübt 
purde? — Konnie ein Gebrandmarkler wider 
hn zeugen, ihn anzuklagen wagen ? — 
„Ja, ja, jetzt wird mir Alles kiar,“ rief 
der Kapitän, heiliger, gerechter Gott! Du 
konntest so lange dem Frevel tuhig zuschauen?“ 
Sein Gericht hat schon getroffen,“ sprach 
dartmuth feierlich, „denn das ist der Fluch 
der bösen That, daß sie fortzeugend. Böses 
nuß gebären. — Der Brudermörder kKegt 
nuf feuchtem Grunde, unbestattet, den Fischen 
sum Raube, — denhkst Du hierbei nicht an 
zas Grab Deines Vatexs, mein Sohn! — 
dieses furchtbare Gericht ist mir Bürge, daß 
uch Dir Dein Recht noch wird, daß die 
Firma Steinhöfer dem wirklichen Erben zufälll. 
Auf d'rum. nach Europa! noch einmal will 
ch, wenn auch ein vom Gesetz Verfolgter, die 
alte Heimath betreten, um meine letzte und 
zöchste Mission zu erfüllen, und dann zurüd- 
sehhren, um hier in meiner friedlichen Einsam⸗ 
leit zu sterben“ 
Nun, das findet sich,“ meinte Brandt. 
der Ferbiuand hier ist auch alt genug, seine 
verlorene Schwester zu suchen, eine kleine 
Spur ist schon durch den Polizei; Inspektor 
gefunden; eine alte Kupplerin hat das arme 
ind bis zum zehnten Jahre erzogen, worauf 
sie mit einem tollen Mnsikanten in die weite 
Welt gegangen sein soll.. 
Ich suche sie big an'n Ende der Welt!“ 
rief Ferdinand fieherhaft erregt. 
Auch das findet sich,“ lächelte Brandt, 
es gibt jetzt durch die Zeitungen Minel und 
Wege genug, die Verlorene, wenn sie noch 
am Leben ist, zu finden. Jeßt aber möchte ich 
um ein Lager bitten, ich bin verdammt 
müde. Ihr könnt mittlerweile Eure Sachen 
ordnen, ich denke, morgen soll's losgehen, — 
der Polizei⸗Inspeclor meinte. er sei einem 
Menschen auf der Spur, wolcher eine sonderbare