Full text: St. Ingberter Anzeiger

und daß Sie beides in ihrem Namen ange⸗ 
nommen hätten.“ 
.D meine stolze, hehre Genedra!“ ächzte 
Banquier. 
„Ich will mein Bestes thun, des Mäd⸗ 
chens Herz zu gewinnen,“ fuhr Lubin ruhig 
fort, „denn sie hat mich wirklich gefesselt. 
Nachdem ich Alles reiflich überlegt habe, lam 
ich zu dem Resuliat, daß es am besten sein 
wird, wenn ich den alten Namen nicht mehr 
führe, sondern als deutscher Edelmann auf- 
irete. Die Engländer haben erhabene Bespiele 
der Bevorzugung deuischer Gatten, und Sie 
drauchen nur den Tag zu bestimen, an wel⸗ 
chem Graf Luvin Ihrer Tochter vorgestellt 
werden soll. Daß ich meine Ralle zu spielen 
verstehe, werden Sie bald einsezen, und da 
mir's oft gelungen, schöner Frauen Gunst zu 
gewinnen, dürften Sie sich schließlich noch Ihres 
Schwiegersohnes freuen.“ 
„Meine Tohhter ist gegenwärtig bei einer 
Freundin auf dem Laude,“ entgegnete. der 
Banquier truͤde. 
„Nun,“ dann kommt sie hoffentlich bald 
und inzwischen leiten wir die Sache ein. Ich 
verschaffe mir Credit- und Empfehlungsbriefe, 
ein Kammerdiener muß ankommen und nach 
Graf Lubin fragen, der große Banquier Law⸗ 
rence Llioyd führt mich in die Gesellschaft ein, 
und schließlich widersteht dessen schöne Tochter 
der Glut meiner Werbung nicht. Wollen wir 
die Sache nicht als abgemacht betrachten 7 
Warum auch nicht? Lawrence Lloyd wußte 
wohl. wie all sein Sträuben enden müffe. 
und doch stteckte er: abwehrend die Hand aus. 
Lossen wir es lieber dei der besprochenen 
Woche“ 
der 
„Wie es Ihnen beliebt, aber ein schneller 
Entjchluß ist immer am klügsten, borausge⸗ 
setzt, daß man ihn bdoch fassen mus, bemerkte 
Luͤbin achselzuckend. 4 — 
.D daß ich wüßte, obe Genevra Sie 
tieb haben knnte,“ murmelte der unglüdliche 
Vater. 
Beim Teufel, das gehoͤrt ja gar nicht 
hieher. Sie ist hoffentlich eine gehorsame Toch⸗ 
ter, uud Sie erklären einfach, sie müsse.“ 
Lawrence Lloyd jeufzte jschwer. Wann hatte 
ur je dieses Wort der gelitbten Tochtter gecen⸗ 
Ader gebraucht 9 
Lubin ging vergnügt von dannen, denn 
er wußte die Sache sei so gut als abgemacht, 
und trug die erste Abschlagszahlung bereits 
in der Tasche. Er lkehrte jedoch nicht in's 
Hotel zurück, sondern fuhr mit dem nächsten 
Zuge in eine bevölkerte Fabrikstadt, nio er 
einige Geschäfte besorgte, die ihn sichtlich be⸗ 
riedigten. 
Zwei Tage später erschien im Hotel ein 
dammerdiener und fragte, ob sein Herr, Graf 
Lubin hier abgestiegen sei. Ein Kellner be⸗ 
gleitete ihn nach dem betreffenden Zimmer, 
und ließ wie zufällig die Thür offen. Der 
stammerdiener trat ein, verbeugte sich tief und 
Braf Lubin rief laut: „Bist Du endlich da, 
starl, ich fürchtete schon, Du würbd st nicht 
lommen. Hoffentlich dast Du all' meine Briefe 
in Ordnung ?* 
„Zu dienen, Euer Gnaden. Die Ueber⸗ 
fahrt war rauh, sonst wäre ich früher ge⸗ 
—X 
„Nun, ich bin froh. daß Du da bvist, 
denn ich war hier wie eingen auert. Jeßt kann 
ich mir wenigstens die Gesellichaft und das 
Leben etwas besehen, und die Verändervng 
wird wohl thun.“ 
Ja, i8 war eine Veränderung. Von einer 
bloßen Ziffer im Hotel verwandelte sich Graf 
Lubin in einen Stern erster Größe. Er be⸗ 
vohnte nun eine Zimmerreihe, und es wim⸗ 
melte stets von Besuchen. Erst waren es Han⸗ 
delsleute, die Befehle empfingen, dann erschien 
der reiche Raquier Lawrence Lloyd und ver⸗ 
hr e mit dem Grafen auf vertrautem Fuße, 
nun folgte Lord X. und Baron Z., und der 
deutsche Graf war mit Glanz in Londons Ge— 
ellschaft eingeführht. 
Schöne Federn bestimmen den Werth det 
Vogels, und so war auch Graf Lubin's Er⸗ 
cheinung nun weit einnehmender und elegan⸗ 
zer, als Lawrence je gedacht hätte. 
Daß die Aristokratie sich so schnell und 
lebhaft für den Fremden interessirte, war dem 
Banquier ein größerer Trost, als er sich selbst 
gestehen wollte, und er suchte fich sofort in 
den Glauben zu lullen, daß Genevra sich am 
Ende doch glüdlich fühlen könne, wenn des 
Grafen Stellung sich endlich definitid befe⸗ 
tigt haeee. — 
Wie schnell umgarnt ung der Hölle Reß,