AUnterhaltungsblatt
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—St Ingberter Anzeiger
—— TDonmerstag, den 28. Dezember ——
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Der geheimnißvolle Wriet
Ein Nachtstück aus der franzbsischen Revolutionszeit.
Den Aufzeich nungen eines französischen Marine—
offiziers nacherzählt von J. 86 eil.
Ich hin in Brest geboren“ uͤnd in Soj⸗
datenkind, als welches ich mir bis zu meinem
neunten Jahre meinen halben Unterhalt selbst
verdienen mußte. Da ich aber das Meer leiden⸗
schaftlich liebte, verbarg ich mich in einer
schönen Nacht im unlersten Raume eines Han⸗
delsschiffes, welches nach Indien segeln sollte
Man entdeckte meinen Aufenthalt erst, als
wir schon auf offener See waren“ und der
Capitain nahm mich zum Schiffsjungen an,
statt mich in's Meer zu werfen, wie ich es
eigentlich verdient hätte.
So stieg ich von Stufe zu Stufe und als
die französische Revolution ausbrach, war ich
bereits Capitain eines schönen Kauffabrers und
hatte schon fünfzehn Jahre auf demselbeu zu⸗
gebtach —
„Als das königliche Seewesen plötzlich so
bieler Offiziere beraubt war, ersetzte man sie
durch die Capitaine der Kauffahrer und auch
mir gab man die Befehligung einer Brigg,
Maxat genannt.
Am 28. Fructidor 1797 erhielt ich die
Ordre, mich segelfertig zu machen, um 60
Soldaten und einen politisch Verbannten nach
Cayenne zu transportiren. Ein Schreiben des
Directoriums empfahl mir für den Deportir⸗
ten Schonung, in dem Briefe war ein zweiter
mit drei rothen, übermäßig großen Siegeln
versehener eingeschlossen, den ich erst dann
oͤffnen sollte, wenn ich den ersten nördlichen
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Vrellegrad erreicht hatte und im Begtiff sei,
dem Aequator zu passeren. Dieser Brief war
von eigenthümlicher Form, lang und schmal
und dadei deragtig ersiegelt daß ich trot
aller Muͤhe keinen Blick in das Innere des⸗
selben haͤtie thun können, ohne das Verbot zu
überschreiten.
Ich vin keine, abergläubige Natur, aber
dennoch flößte mir dieser Brief Furcht ein.
Ich legte ihn in meiner Cajüte unter das
Glatz einer, kleinen Standuhr, die sich
neben meinem Bette befand. Das Boudoir
einer Fürftin kounte nicht sorgfältiger geordnet
sein, als meine kleine Cajüte; alles war an
einem bestimmten Platz und derartig befestigt,
daß selbst die größte Bewegung des Schiffes
nichts daran zu ändern vermochte.
Nachts beuutzte ich mein Beit als Schlaf⸗
fätte und am Tatge konnte ich es zu einem
Ruhesitz umgestalt en, worauf ich oft behaglich
meine Pfeife rauchte. Der Fukboden war
blank gebohnt, Alles glünzend und geschmad
boll, mein ganzes Schiff war mir lieb und
werth, oft war es schon der Schauplatz
heiterer Scherzen, und manigfacher, Freuden
gewesennnn. J
Auch diesmal begann die Neise in ange—
nehmster Weise, wenn nicht. doch ich wil
meinem Bericht nicht vorareifen.
Wir hatten Nordostwind und ich wollte
gerade den Brief an seinen Platz legen, als
mein Gefangener, der ewwa 26 Jahre zählen
mochte, mit seinem schönen, ungerfähr sieben⸗
zehnjährigen Weibchen bei mir eintrat. Er
war, wenn auch in wenig blaß und fast zu
igrt Iix eenz agn, äine angenehn e Er—⸗