die Maschine Sie uenn und neunzig Mal zer⸗
malmt haben. Hätte ich nicht zuerst die Dame
geschen und mein Bestes gethan zu bremsen,
so hätten wir Sie und das Kind unfehlbar
überfahren müssen.
Gott sei Dank, daß Alles so gut ablief,“
entgegnete Cuthbert innig.
„Ich werde Sie jeden Tag meines Le⸗
bens segnen,“ rief die junge Mutter weinend,
„Molly ist mein einzig Glück, mein ganzer
Reichthum, und doch hätte sich wohl kaum ein
anderer Herr um das Kind einer armen Tag-
löhnerin gelümmert. Gott vergelte Ihnen die
edle Thaf, und seine Engel mögen Sie be⸗
schüten. O zu denken, wie der heutige Tag
häite enden tönnen !“
Wieder erstickte Schluchzen ihre Stimme.
„Ich freue mich, nahe genug gewesen zu
sein, um das Kind zu retten,“ bemerkte Lord
Cuthbert lächelnd, „aber Sie dürfen fie künftig
nicht mehr an solch gefährliche Stellen mit
nehmen. Sehen Sie, wie ich Molly's Röckchen
zerrissen habe, da müssen wir ihr schon ein
neues Rleischen geben lassen.“
Er drückte der Kleinen ein glitzerndeß
Goldstück in's runde Handchen, streichelte die
rosig thränenfeuchte Wange und schritt schnell
don dannen.
Genevra Lloyd folgte langsam und gelangte
bald zu dem Wagen, in dem Tante Barbara
und Kitty bereits Plaß genommen.
„Was fehlt Ihnen, Genevra7* fragte
Miß Evesham besorgt, „Sie sehen bleich aus.
Und wo ist Cuthbert?
3ch bin ganz wohl,“ entgegnete Genevra
den Schleier senkend, „und Lord Cutobert
wird sogleich kommen.“
Wirklich erschien er eben auf der Straße
und beschleunigie seine Schritte, als er die
Damen warten sah.
„Wir haben uns sehr gut unterhalten.
Cuthbert, und haben viel gelernt,“ scherzte
Tante Barbara, als der Wagen aus der
Fabrik rollte, „ich wollte, Du wärest auch
dabei gewesen.“
„O wünschen Sie das nicht, Tantchen,
denn Sie wissen nicht, welches Unheil dieses
Wunsches Erfüllung bedingt hätte,“ rief Ge⸗
nedra mit hebender Stimme, und erzählte trot
Cuthberig bitlsend abwehrender Geberde die
Erlebnisse der leßten Stunde, die selbstver⸗
ständlich einen Sturm der Aufregung hervor⸗
riefen.
„Nun, was hältst Du jezt von ihm
fragte Kitty, als die Mädchen sfich endlich
allein in ihrem Zimmer befanden.
„Er ist mir ein Räthsel,“ eutgegnete Ge⸗
nevra, „ein unerklärlich Geheimniß. Er selbst
und doch nicht er.“
XII.
Zephyr hielt goldene Ernte und konnte sich
weder über die Freigebigkeit der Theaterdirec⸗
tion, noch den Enthusiasmus des Publicums
beklagen.
Täglich wurden ihre Gemächer von uner⸗
müdlichen Verehrern belagert, täglich ihr kost⸗
bare Gaben gesandt, die sie annahm, ohne
sich auch nur mit einem Worte zu bedanken.
Ja, sie gab sogar zu verstehen, daß fie allen⸗
sallsige Begleitbriefe nie lese. Und doch sandte
man ihr die werthvollen Spielereien, so groß
war die Begeisterung, die Thorheit des Pub⸗
likums, und sie ließ jeden Abend einen großen
soffer packen, dessen Inhalt, wie lächelnd sie
das Brüderchen versicherte, einst sein Glück
machen solle.
Der Knabe war ihr Ideal. So oft daß
Wetter es erlaubte, nahm sie ihn mit in's
Theater, und mußte er zu Hause bleiben, so
war bei ihrer Heimkehr der Willkomm so
zärtlich und innig, als komme sie von weiter
Reise zurück.
Jon war ein eigenthümlich ernstes zurück
hallendes Kind mit scharfen, wachsamen
nugen. Er hatte übrigens mehr Jahre gese-
hen, als die zarte, schmächtige Gestalt vermu⸗
tben ließ.
Am Tage nach Lubinßz Theaterbesuch,
kleidete sich Fphyr in einsach schwarzes Ge⸗
wand, verhüllte sich in einen dichten Schleier
and hatte sonderbarer Weise auch den Kuaben
ala Pädchen gelleidet.
„Ich weiß, wo Du hingehst,“ sagte Jon,
als sie an der dem Piccadilly Hotel nächslen
Straßenecke aus dem Wagen ftiegen, „und
sch wollte, ich hätte Dir's nicht gesagi.“
.Still, Liebling. Was immer für mich
daraus entstehen möge, Dich soll es nicht be⸗
rühren. Uebrigens will ich nur erfahren. ob