Full text: St. Ingberter Anzeiger

so glücklich, daß ich die ganze Welt umarmen 
möchte.“ 
„Komm küsse mich mein Morgenstern! 
Weißt Du auch, wie Du die kalten euglischen 
Herzen im Sturme nimmst, wie ich eifersüch⸗ 
tig wäre, wenn ich nicht von Zephyrs Kälte 
und Stolz gehört hätte.“ 
Wie die Augen leuchteten, dig Wangen 
glühten! Jede Spur des tragischen Enthusias⸗ 
mus, der wilden Größe, die ihrer Schönheit 
solch wunderbaren elektrischen Reiz gegeben, 
war verschwunden, sie war nunmehr ein thöe 
richt liebend Weibd?? 
„Ja, ja, ich bin reich und berühmt,“ lä⸗ 
chelte fie, „wenigftens so lange die Prosce⸗ 
niumslampen brennen, deshalb betrachte ich 
auch die ganze Glorie. O Pedro, Pedro, wie 
kann ich Dir danken für all das Glück, das 
Du mir gegegen.“ 
Und wieder wandte sie die thränenfeuchten 
Augen mit glückse ligem Lächeln zu ihm. Der 
herzlase Heuchler umfaßte die zarte Gestalt 
und tüßte die vollen Lippen mit scheinbarer 
Innigkeit. 
.Doch sag mir nun auch, Pedro, wie es 
kommt, daß ich Dich als Graf wieder finde 7 
„Das ist gerage dus Geheimniß, das 
mich aus Deinen Armen riß, und das ich 
noch ein Weilchen dewahren muß, dann soll 
der Brautkranz Deine Locken schmücken, und 
ich führe meine Gräfin triumphirend nach 
Italien.* X D 
.O süße, selige Hoffnung 77 feufgzte 
Zephyr. —— 
.. Und willst Du Dich meiner Leitung 
aberlassen, Liebchen, willst Du noch eine Zeit 
lang Zephyr bleiben, und Deine Beziehungen 
zu Graf Lubin geheim halten 7* 
„as? — Dich nicht sehen 7?? stammelte 
das Mädchen. 
„Hab ich das gesagt, Geliebte? könnte 
ich das ertragen? Nein, meine Braut soll 
mich bei sich empfangen, und ich werde jeden 
Ubend ihr meine Huldigung bringen, für 
die Welt aber bleiben wir uns vorerst fremd.“ 
„Darin liegt kein Unrecht. 
Natürlich nicht, und es soll auch nur 
jo lange dauern, bis meine Geschäfte geendet 
sind, und ich diese nebeligen Gestade verlassen 
kann.“ 
„O diese kalten nebeligen Gestade,“ wie— 
derholte Zephyr, „wie sehne ich mich nach der 
sonnigen Heimath! Doch ich muß nun gehen, 
der Wagen wartet. Wild und verzweiflungs- 
voll bin ich gekommen und gehe nun gluͤck⸗ 
selig fort!“ 
Der Graf geleitete sie hinaus; Jon folgte 
schweigend. 
Als Lubin wieder in's Zimmer zurück⸗ 
kehrte, fstützte er gedankenschwer das Haupt 
auf die Hand. Eine hald⸗ Stunde mochte 
vergangen sein, dann richtete er sich guf und 
murmelte: 
„Es gab keinen andern Ausweg. Wie leicht 
ist's doch, so ein thöricht Frauenherz zu be⸗ 
rügen. Ein zärtlich Wort, ein schmeichelnd 
Lächeln, eine leichte Liebksfung loct das lie⸗ 
bende Weib bis zum Rinde des Abgrundes. 
Nun es verleiht Graf Ludin Ansehen in der 
Gesellschaft, wenn er Erhörung fand, wo ein 
Herzog abgewiesen wurde. Spielen wir denn 
die Komddie ein Weilchen und sorgen wer 
dann dafür, daß Nina nicht wieder er⸗ 
scheiner 
XIII. 5 —8 
In der Honeyfuckle Cottage verstossen die 
Tage in stillem Frieden, und doch freute sich 
Tante Barbara nicht darüber. 
Lord Cuthbert und Miß Lloyd benahmen 
sich im geselligen Verkehr artig und selbst un— 
gezwungen herzlich gegen einander, sobald sie 
jedoch einen Moment allein warxen, behandel- 
ten sie sich mit eisiger Kälte. 
Wodl hatten die Gartenscene und das 
heroische Benehmen in der Fabrik wohlthätigen 
Findruck auf Genevra nicht verfehlt; aber sie 
änderte eine vorgefaßte Meinung nuur schwer 
und zählte Lord Lyle zu jener grundsaßlosen, 
jelbstjüchtigen Classe von Männern, für die 
Tugend und Seelenreinheit ein leerer Begriff 
und oberflächliche Bildung ein Ersaß für 
Herzensrohheit ist. Für derlei Charaktere 
zatte sie selbstverständlich nur unbegrenzte 
Verachtung. 
Dieses Urtheil milderte sich allerdings 
hurch sein Benehmen in der Honeysuckle Cot⸗ 
jage und seine innige Verehrung, seine fast 
lindliche Ergebenheit in alb ihre Launen be⸗ 
rührte fie sympathisch nud sprach ihrer ro⸗