Wie klein und erbärmlich erscheinen die⸗
ser Welt Thorheiten, Eitelkeiten und Leiden,
wenn man hinaufblickt zur stillen: Majestät
jener unbekannten Sphären,“ flüsterte siee
„Ja, dort tritt Seele der Seele entgegen,“
erwiederte er träumerisch, „dort gibt es keinen
hohlen Ahnenstolz, keine leeren Titel. Thoren,
die wir die Hand nach glänzendem Flitter aus-
strecken und dafür die kostbarsten Schätze
opfern.“ ——
„Ich verstehe Sie nicht,“ “bemerlte Ge⸗
nevra leise.
„Gott gebe, daß Sie mich nie verstehen!
Wohl waren Sie in mancher Hinsicht unge⸗
recht und hart gegen mich, Miß Lloyd, aber
wenn Sie mich für einen Menschen halten,
der sich eines schrecklichen Irrthumes und
Fehlers schuldig gemacht, kommen Sie“ der
Wahrheit ziemlich nahe.“ . .
„Es thut mir leid von Ihnen selbst die
Bestätigung begangenen Unrechtes zu hören,
denn ich war eben zu der Annahme gelommen,
daß meine schlimme Meinung grundlos sei.“
Ich habe nur geges mich selbst gefehlt,
und nur an mir rächt sich die Sünde und
frißt sich mir in's Herz. Ich habe mich be⸗
trogen wie jener Unglückliche, der die un selige
Gabe begehrte, daß Alles, was er berühre,
fich in Gold verwaundele“ —W
Seine Leppe bebte. sein Auge verrielh
namenlose Qual. Genevdra betrachtete ihn er⸗
staunt vud ftagend.
„Sie glauben wohl, ich rase ? Enischul⸗
digen Sie, wenn ich momentan die Faffung
zerlor. Ich möchte nicht, daß Sie denken, ich
klage wie ein Schuljunge über geschehene
Dimge, und doch erbilte ich eine Gunsi von
Ihnen, dem einzigen Wesen in der weilen,
weiten Welt, das je mein Herz berührt, Nein)
zürnen Sie nicht, ich weiß. daß diese Liebe
so hoffnungslos ist, als obd sie jenen Sternen
gälte. Dennoch wünsche ich, daß sie mir glau⸗
ben, wenn ich behaupte, Ihre Anklagen seien
ungerecht. Gott weiß, ich habe gefehlt, aber
nur ich leide darunter und das Wesen existirt
aicht, das sagen kanute, es sei ob meiner
Handlungen schlimmer, sündhafter oder un—
glücklicher. Glauben Sie das Fräulein? Ich
verspreche, das Ihnen verhaßte Thema nie
wieder zur Sprache zu bringen. wenn Sie
nur einmal mir in's Auge sehen wollen und
sagen, daß Sie an die Wahrheit meiner
Worte glauben.“
Er vemerkte nicht das leise Erxröthen,
ahnte nicht des stolzen Herzens Beben, aber
er freute sich der klaren, festen Stimm.
AIch glaube Ihnen. Es ist mir unerklär⸗
lich und räthselhaft, aber, Lord Cuthbert, ich
dlaube, daß Sie die Wahrheit sprechen.“
„Sagen Sie nicht Lord Cuihberi. lassen
Sie die leere Form. Tritt nicht über jenen
Sternen Seele der Seele gegenüber ? Jener
süße schwedische Gebrauch däucht mir unsag⸗
har reitend. O fagen Sie nur einmal, nur
heute, wo die Welt so schwarz und hoffnungs·
los doc mir liente:: Ich glaube, daß Du die
Wahrheit sprichst k? Konnen Sie das. Miß
LClondd ?*
„Ich glaube, daß Du die Wuhrheit fprichst,“
lüsterte die leise melodische Stimme. Sie
hörte nur mehr das Echo seines Dankes,
denn einem Blitze gleich war Erkenntniß des
eigenen Herzens erschreckend und entzückend,
über sie gekommen. Rasch entzog sie ihm die
Dand und huschte im Halbdunte davon. Daz
Rauschen des Kleides und der leichte Schrin
auf der Treppe verrieth allein noch des ge⸗
lieblen Wesens Näzhe.
„So verjchwinden wohl auch des Him⸗
mels schützende Geister,“ flüfterste Cuthbert,
als er in sein einsames Gemach zurücklehrte.
Die düstere Verzweiflung seines Innern aber
war ebenfalls verschwunden.
XVI.- —Wo
Zephyr stand im Zenith der Gunst und
des Glückes. Das Publicum kounte —XL
din, die mit ihr vorgegaugene Verãnderung
zu bemerlen. Jener vde, sehnende Ausr
war verjschwunden, fie betrat die Bühne mit
alänzenden Augen und glückseligem Lächeln
und benahm sich im Ueberfluten des eigenen
Herzens freundlich und gütig gegen Jeder⸗
mann.
Jeden Abend wiederholte sich eine kleine
Scene. Sobald sich der Vorhang hob und die
Tänzerin eischien, wandte fich das fankelnde
Auge nach der Loge des Grafen, und wenn
er auf sie niederlächette, erglühte sie und
strahlte vor Freude, wie irgend ein liebendes