Full text: St. Ingberter Anzeiger

hörichtes Weib. Sonderbaͤrer Weise war sie 
dun nicht mehr halb so anzichend. Der eigen⸗ 
chümliche Reiz, der sie wie ein Glorienschein 
umgeben, war verschwunden, sobald das arme 
Beschöpf zufrieden und glücklich war. Selbst 
des Herzogs Huldigung fing an zu erkalten; 
Zephyr bemerkie es nicht. und weunn sie es 
deachiet haben würden, hätte sie sich nicht da⸗ 
rum gekümmert. Was kümmerte sie die Welt, 
was dlieb ihr zu wünschen übrig. so lange 
des Geliebien Blumenspenden ihr zufielen, 
so lange er sie bei ihrer Rückehr er⸗ 
wartete! 
Der Graf aber kannte des Publicums 
schnell wechselnde Gunst und wußte, daß man 
nur das Aufgehen eines neuen Sternes er⸗ 
wartete, um diesem die schmeichelnden Huldig 
ungen zu zollen. Für ihn hatte es genügt, 
das Werfen der Bouquets etwas auffallend 
ju machen; London vergaß dann wohl nicht 
jo leicht den Triumph. daß er gesiegt, wo 
zin Herzog geschmachtet, und nun sorgte er 
dasür, sich so bald als moͤglich zuructzuziehen. 
Wohl vermißte Zephyr seine Blumen und die 
Begeisterung seiner Gegenwart, aber sie ertrug 
e8 leicht, so lange er sie regelmaßig be⸗ 
RE 
Immer noch umgarnte sie der Betrũger 
mit süßen Schineichelworten und zäaͤrtlichen 
Ziebkosungen und hütete sich, irgend welchen 
Zwersel in ihr zu wecen. In ihrer Wohnung 
Zar er ein privilegirter Gast und lam und 
ging mittels eigener Schlüssel, wann immer 
z3 ihm beliebte. Jons Antipathie zu besiegen, 
war ihm nicht gelungen, aber er achtete nicht 
darauf, um so meht als er ihn nur selten 
sah. Wohl klagte Zephyr gelegentlich über 
des Rruders duͤsteres, launendaftes Wesen, 
wohl wußte sie, daß er manch val Stunden 
zang fehlte, aber ihre Aufmertsamkrit war zu 
seht von Lubin gefe sselt, um die Sache ernst⸗ 
lich zu untersuchen Jon war übrigens nicht 
weit, ir beland sich in einem Versteck, von 
welchem weder der Graf noch die Schwester 
eine Ahnung hatten. In dem kleinen Boudoir, 
in dem sich Lubin gewöhnlich einfand, stand 
in mit meergrünen Seidenvorhäugen versehe ⸗ 
ner Toilettetisch. Eines Tages war Jon in 
einem einsamen Spiel dahinter gekrochen, um 
inen Gefangenen vorzustellen, der Eintritt 
Zephyrs und des verhaßten Mannes aber 
Jjatte ihn zum wirklichen Gefangenen gemacht. 
Fe verhieli sich ruhig und hörte jedes Wort. 
don Stunde an huschte das sonderdare Kind 
egelmäßig in das Versteck, so oft es den 
rafen kommen hörte, und wenn dieser es 
imn wenigsten ahnte, lauschte ein scharfes Ohr 
dem halblauten Selbstgespräch, mit dem er 
ich gelegeutlich die Zeit vertrieb, bis Zephyr 
aus der Probe kam. 
Einmal knitterte er mit wildem Ausruf 
die eben gelesene Zeitung zusamm en und warf 
je von sich. „So, so, meine reizende Ge⸗ 
jebra, die „Times' gidt andlich Kunde über 
deinen Aufenthalt. In großerer Gesellschaft 
dei Lord Cuthbert Lyle. Das lautet anders 
uUs des Vaters Lesari von ein paar Tagen 
dandaufenthalt bei einer Freundin. Hm, hun. 
die Times. nennt Lord Lyle einen jungen 
Edelmann von glänzenden Eigenschaften und 
Verhältnissen.“ 
Die Sache muß untersucht werden, da⸗ 
nit ich nicht gelegentlich um die Braut be— 
srogen werde. Genevra kann und darf ich 
nicht verlieren und loste es mein Leben. Nun 
vill ich aber nicht länger zögern, fondern die 
sleine Thörin irgendvie aus dem Wege räu⸗ 
nen, und dann kühn die Vollziehung des 
Contracts verlangen.“ 
Er dhatte diese Worle laum halblaut ge⸗ 
prochen, durch die meergrüne Draperie aber 
lidte ein funkelndes Auge auf ihn und ver⸗ 
tand wohl den g faährlichen Ausdruck seiner 
Züge, den toͤdtlichen Haß seines Lächelns. 
Das tluge Kind wußte, wer unter der kleinen 
Thörin“ gemeint sei und ballte krampfhaft 
die Faust. 
(Fortsehung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
Warum sind die Wangen eines Land⸗ 
mädchens wie guter Kattun? Weil sie, wenn 
gewaschen, die Faxbe balten. 
—— 
Druc und Verlag von F. X. Deneß in St. Ingbert.