Ht. Ingberler Anzeiger.
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M 32. — Sonntag, den 28. Februr 1872
** St. Ingbert, den 24. Februar. nonmen. Dieselbe kritt am 1. März in Kraft. Eine heftige
Endlich scheint sich unsere Augeordnetenkammer mit allem Cifer persönliche Bemerkung Ruland's ruft ftürmische Erwiderungen her⸗
im die Landtagsarbeiten zu machen. Unausgesetzt sind die verschier vor. Die Sitzung wird unter großer Aufregung geschlossen.
nen Ausschuͤsse thätig, um ja noch vor Thorschluß d. h. vor Posen, 23. Febr. Die Polizei ⸗nahm eine Haussuchung
er Vertagung, ein Budget zu Stande zu bringen; denn bald in der Wohnung des Domherrn Kozmian anläßlich des augeblich
vird es für unsere Abgeordneten heißen: „Die schönen Tage in beasichtigten Attentats gegen den Fürften Bismard vor.
ranguez sind nun zu Ende“, und fatal wäre es für dieselben Frankreich. —W—
och, wenn sie mit Domingo im Don Carlo sagen müßten: ‚Wir“ Die „Opinion nationale“ enthält folgende Mittheilung: „Das
ind vergebens hier gewesen.“ Während sich nun unsere Kammer Gerücht ist verbreitet, daß man eine Verschwörung entdect habe,
ar eifrig ihren posiliven Arbeitlen zuwendet, berichten verschiedene um die Beersammlung in Versailles aufzuheben. Die
zeitungen Eigenthümliches aus der Vorgeschichte ihrer letzten theo · Organisatoren dieses Versuches sollen drei der verrufensten mili⸗
etischen Debatten. ärischen Persönlichkeiten des Kaiserreichs sein. Wir geben dieses
Durch das Resultat der Abstimmung über die Beschwerde des unwahrscheinliche Gerücht unter allem Vorbehalte.“ — Wenn es
gischoss von Augsburg zu der Einsicht gebracht, daß es fürderhin —XXD
nutz⸗ und aussichtslos sei, die kostbare Jeit der Kammer mit ähn⸗ liches gegen die National⸗Versammlung unternehmen will, so gilt
ichen Anträgen noch länger in Anspruch zu nehmen, war die Zu⸗ es doch für gewiß, daß die Bonapartisten die Armee mit großew
ückziehung des .Initiativantrages“ Barth-Schüttinger von den Erfolg bearbeiten, und daß ein Theil der Regiementer, darunter
licamontanen Parleiführern bereits beschlossen, als plötzlich von besonders das 54. Linien-Regiement, der kaiserlichen Sache bereits
uswärt? her Contreordre erfolgte. Und woher ? Aus den leiten· gewonnen ist. Daß, falls ein Handstreich gegen die Versammlung
zen ultramontanen, partikularistischen und deutschfeindlichen Kreisen ausgefuͤhrt werden dürfie, dieser unter der Civilbevölkerang auf
son Berlin. Man wollte auf der ganzen Linie vorrücken, auf einen großen Widerstaud stoßen sollte, ist, nicht anzunehmen. Bei der erbit⸗
illen Seiten zugleich angreifen und den Feind dadurch uͤberall, terten Stimmung, welche unter den Communisten herrscht, ist es sogar
in allen wichtigen Punkten in Athem halten, seine Aufmerksamkeit nicht unmöglich, daß viele derselben Partei für einen militärischen
vomoguch von den Hauptpunkten abienken, indem man hoffte, dandstreich ergreifen, zumal sie glauben, daß diefer das einzige
surch dieses Manöver auf dem entscheidenden Punkte eher durch⸗ Mittel ist, um der ihnen so verhaßten Herrschaft der Versailler
stiugen zu können. Doch getäuschte Hoffnung! Bei ihnen hat sich ine Ende zu machen. An Demonstrationen zu Gunsten des
sür dieses Mal die Theorie des konzentrischen Angriffes, die sie Kaiserreichs fehlt es nicht. Gestern fand eine solche vor dem Hotel
vohl vom Schlachtendenker Molike abgesehen hatten, nicht bewährt, des Herzogs von Aumale statt, wo Diener und großer Empfang
ind ihre Hoffnungen dürften sich auch von Tag zu Tag illusorischer war. Gruppen, die sich vor demselben angesammelt hatten, stießen
rxweisen. die Rufe aus: „Nieder mit Aumale!“ „Es lebe der Kaifer!“
Die ganze Debatte über den „Initiativantrag“ war für die Der Scandal war so arg, daß die Polizei einschreiten mußte und
igentlichen patriotischen Fuhrer somit nur ein Scheinangriff, bei VBerbaftungen vornahm.
jem aber, wie ein Correspondent malitiss bemerkt, freilich mehrere
hrer angesehensten Parteigenossen moralisch auf dem Platze blieben.
hdie Würfel sollien in Berlin fallen. Dort trug man schon den
uühnen Gedanken, Fürst Bismarcdk in der Gunst seines Kaisers
rschüttern zu machen und seine Stellung zu untergraben; schon
chwelgte man in der stolzen Hoffnung, ihn vollständig gestürzt zu
ehen.
Auffallend ist es gerade nicht, daß man in München so ge⸗
reulich den Wink der Berliner Gesinnungsgenossen befolgte und
nach ihm die Taktik wechselte; denn zwischen den Führern dort
ind hier herrschen die freundschaftlichsten Beziehungen. Windthorst,
die hannover'sche Ercellenz, der Hauptlämpe partikularistischer Seits
in Rorddeutschland, ist schon seit der Zollparlamentssession von
1868 die Hoffnung aller süddeutschen Preußenfeinde und während
dieser Zeit dei jeder bayerischen Ministerkrise der Candidat derselben
für den bayerischen Min'sterpräsidentenstuhl und das auswärtige
Amt. Freilich war seine Candidatur trotz sehr günstiger Neben⸗
umstände stets ersolgios; sie scheiterte an dem kerndeutschen Sinne
inseres hochherzigen Königs. Ein gewisser Humor liegt' aber
mmerhiu, trotz den Freundschaftsbeziehungen zwischen Jörg und
Windthorst und deren Genossen, in der Thatsache, daßg sogar
msere „Patriolen“, den Todfeinden des „Berolinismus“, ihre
kaktik von der Spree, von Berlin aus diktirt wird.
Deutsches Reich.
München. Dem Vernehmen nach sollen heuer im Sommer
auf dem Lechselde große Manöver stattfinden.
Munchen, 22. Febr. Der JIV. Ausschuß der Kammer
der Abgeordneten hat den Antrag Kolbs auf Trennung ven Staat
ind Kirche durch eine einstimmig angenommene motivirte Tages—
IAdnung beseitigt.
Munchen, 23. Febr. Abgeordnetenkammer. Die neue Ge⸗
chäftsordnung der Kammer wird mit einigen, redactionellen Aen⸗
derungen und Modificationen Völks, wonach' statt fünf Abthei—
ungen sieben gebildet werden, im Namensaufruf, einitimmig ange⸗
Vermischtes.
Speyer, 19. Febr. Die am Samstag beendigte Prüfung
für den Einjährig⸗Freiwilligendienst haben 27 adfpiranten bestanden,
vährend 25 decselben das Zeugniß der Befähigung nicht ertheilt
werden konnte.
Die Schneiderstrike in Mainz nach dem ,Fr. J.“ scheint
seinen Urhebern verderblich werden zu wollen. Erstens haben sich
nicht alle Gehilfen daran betheiligt, zweitens blieben die Meister
dabei, nicht auf feste Sätze sich einzulassen, sondern die Arbeit je
nach deren Güte verschieden zu bezahlen; endlich versorgt sich das
Publicum ohne große Beschwerde von auswärts und zahll dabei
sogar noch billigere Preise, als bisher die Mainzer Gewerbsleute
verlangten.
7Koln. Es hat sich ein franzosisches Comitsé
gebildet, welches beabsichtigt überall da, wo französische Kriegsge⸗
sangene in Deutschland begraben liegen, ein Monument zu ihrem
Bedächtniß zu errichten. Besonders ist es die franzoͤsische Geistlich⸗
teit, welche diesen nationalen Gedanken gefaßt hat und mit allem
Eifer auszuführen bestrebt ist.
Meslz, 14. Febr. Heute ist durch den Polizeicommissär D.
ein seit längerer Zeit hier unter fremdem Namen in Dienst stehen⸗
der Schmiedegeselle verhaftet worden, welcher als der Mithelfer
rines vor drei Jahren zu Vaihingen an der Enz (Württemberg)
derübten Raubmordes an einem israelitischen Geldmäkler, Namens
Werthheimer, erkaant worden war. Derselbe heißt Seiffert und
jatte in Gemeinschaft mit einem Knechte Werthheimers, Namens
Wolf, den Mord verabredet und ausgeführt; hierauf waren sie
Beide mit geraubten 4000 fl. bis nach Würzburg entwichen, wo
ie entdeckt und festgenommen (wurden. Von dem Schwurgerichte
su Heilbronn wurden Beide zum Tode verurtheilt, jedoch zu lebens⸗
änglicher Zuchthausstrafe begnadigt; vor der Bestätigurg des Ur⸗
heils aber gelang es dem Seiffert, aus dem Gefängnisse zu
nikommen, und jetzt erst, nach dreijähriger Verschollekbeit, hat ihn
ver Arm der Gerechtiakeit wieder erreicht