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M 33. Dienstag, den 27. Februar e e e— 1872
Deutsches Reich.
Mäuchen, 23. Febr.“ Jufolge Entschließung des köͤnigl.
Staatsministeriums des Innern vom 158. d. M. wurde zur Ge⸗
währung von Beihilfen an Angehörige der Reserve und Landwehr
für die Regierungsbezirke Bayerns im Nachgange zu der bereits
gemäz Reichsgesetz vom 12. Juni v. J. zur Vertheilung gelangten
Summe aus der noch verfügbaren Reserve eine weitere Maximal⸗
umme, für jeden Kreis ca. 10,000 fl., festgesetzt, und soll an
PKeservisten und Landwehrmänner, welche erst nach dem 21. August
1871 aus Frankreich in ihre Heimath zurückgekehrt sind, oder sich
ioch‘ gegenwärtig bei den die Occupationsarmee in Frankreich
zildenden bayerischen Truppenabtheilungen sind, ferner an solche,
welche Gefuche früher einzureichen aus irgend einem entschuldbaren
Brund versäumt haben, endlich auch an solche, welchen bei der
Hertheilung eine Beihilfe gewührt wurde, und welche aus dringend
gewichtigen Gründen um Erhöhung des erhaltenen Betrages durch
dewährung einer weiteren Beihilfsfumme nachsuchen, vertheilt
verden. Gesuche sind bis 10. März d. J. bei den Distriktsver⸗
paltungsbehoörden einzureichenn.
München, 24. Februar. Der IV. Ausschuß der Kammer
der Abgeordneten hat entsprechend dem Vorschlage des Abg. Hasen⸗
uaier als Referent über den Autrag auf Abänderung des Art.
2 Abs. 1 des Schuldotationsgesetzes vom 10. Novewmber 1861
einstimmig den Beschluß gefaßt, daß Art. 2 Abs. 1. des Schul⸗
dotationsgesetzes lauten solle: „Volksschulen, an welchen nur eine
Lehrstelle besteht, find mit einem Schullehrer zu besetzen. Beträgt
jedoch die Zahl der Schüler nach einem fünfjährigen Durchschnitte
weniger als fünfzig, so kann, wenn nicht die Lehrstelle bisher schon
nit einem Schullehrer besetzt war, gestattet werden, daß ein stän⸗
ziger Schulverweser aufgestellt werder
Berlinn, 24. Febr. DasAttentat gegene den⸗ Fürsten
Bismarck zerfließt allem Anschein nach in Nichts: die vom Geheime⸗
zath Stieber geleiteten Haussuchungen in Posen sollen ganz er⸗
folglos geblieben sein. Der verhaftete Pole heißt Westerwelle —
ein junger Taugenichts, ein Bummler soll er“ sein, mehr nicht.
Die spottsüchtigen Berliner sagen; man habe ihm ein Huhn zum
Schlachten gebracht, aber er habe sich geweigert, weil er kein Blut
jehen könne. 3 —WV —
Leipzig, 23. Febr. Das Leipziger, Tagblatt“ veröffent⸗
licht eine Bekantmachung des Polizeiamts, wonach hier versucht
wurde, Mitglieder für die Londoner internationale Arbelter⸗Asso⸗
cdation anzuwerben.Da der Verein bestrebt sei, die social ⸗demo⸗
lratische Republik einzuführen und die Arbeiterpartei in den Besitz
der Staatsgewalt zu bringen, so wird die Anwerbang für den
derein — die Leistung von Beiträgen an denselben, sowie die
jernere Mitgliedschaft — bei Strafe verboten.
Belgien.
Naͤch Meldung aus Antwerpen sammelten sich am 23.
d Abends vor dem Hotel Antoine zahlreiche Volksmassen, welche
unter Pfeifen und Schreien bald den Ruf: „Nieder mit den
Verschwoͤrern!“ bald: Es lebe Chan.bord!“ hören ließen. ĩIn
den Zugängen zum —— ——— aufgestelli⸗ Die
Herzöge von Tremquisle zund Rohan sind in Antwerpen angekom⸗
—VV——
Der „Precurseur“ in Antwerpen vom 22. d. gibt, wenn auch
mit Vorbehalt, folgende Mittheilung: „Wir erfahren, daß der Ex⸗
önig von Hannover, Georg V., gestern Abend incognito in unserer
—A
des Hotels St. Antoine abgestiegen. Hert Windthorst, Deputirter
im Parlament zu Berlin, begleitete ihn.“ Im Laufe des heutigen
Vormittags hat er dem Grafen Chambord einen Besuch gemacht,
aach Ausgangeder Messe, welcher der Letztere regelmäßig beiwohnt.
Mehrere deutsche Deputirten von der Fraction Windthorst werden
erwartet, Es handelt sich darum, wie man unß versichert, Ange—
j his der Aussichten einer Kestautation des Grafen Chamdord, mit
hin Umlethandlungen zu eröffnen in Erwariung gewisser Eventua-
lilätn. Die Anwesenheit des Herrn Windthorst und mehrerer
seiner Collegen bei Georg V. wäre ein Unterpfand für die Bereil⸗
villigkeit der deutschen ultramontanen Partei, sich einer Combi⸗
nation anzuschließen, die zugleich der ftanzösisch⸗legitimistischen Partei
ind den depossedirten königlichen Häusern in Deutschland günstig
väre.“
Bermischtes.
FOtterberg, 21. Febr. (Sonderbare Reise eines Briefes.)
Fin Gerichtsvollzieher gab hier einen Brief zur Post nach Reichen⸗
hach., Eine nähere Angabe, wo Reichenbach liegt, war nicht bei⸗
gefügt. Es war deßhalb mit Recht zu vermuthen, daß es das
tteichenbach in der Pfalz sei, 425 Stunden von Kaiserslautern,
vo sogar eine Postexpedition ist und täglich von Kaiserslautern
nus ein Postwagen hingeht. Allein dahin ging der Brief nicht,
ondern nach Reichenbach in Schlesien, von da nach 2 anderen
Rseichenbach, in der Lausitz und im Voigtland und kam endlich als
inbestellbar nach Otterbach zurück. In dem Briefe wurde einem
Ranne mitgetheilt, daß er an einem bestimmten Tage als Kläger
jor Gericht zu erscheinen habe. Der bestimmte Tag kam, der Be⸗
lagte auch — aber der Kläger nicht. Der Brief harte ihn nicht
zefunden, weder in Schlesien noch im Voigtlande, noch in der
Zausitz, weil er zu Reichenbach bei Kusel wohnte.
Warum in die Weite schweifen dd
Sieh das Schoͤne liegt so nah.“ (gpf. Post.)
7. In Mainz ist am 23. d. früh der von Bingen anlau—⸗
ende Guͤterzug entgleist; sämmtliche Güterwagen wurden mehr
oder weniger zertrümmert; auch die Maschine ist völlig dienstun⸗
auglich. Der Schaden wird auf beinahe 100,000 fl. geschätzt;
oerunglückt ist Niemand.
7 Strafburg, 23. Febr. Die von den Delegirten der
Handelskammer yveranstaltete Versammlung wegen Erbauung eines
Straßburg-Ludwigshafener Canals war don hier, aus dem Elsaß
und den übrigen Rheinlanden zahlreich besucht. Auch die Spitzen
der Regierungsbehörden, der Oberpräsident und der Präfekt, waren
anwesend. Die Statuten des zu bildenden Vereins wurden mit
zeringen Modificationen angenommen. Gestern beteits erfolgten
200 Beitrittserklärungen.
7 DDie elsäfsische Stadt Mühl haussen hat! einer Pariser
Depesche der Indep. belge“ zufoige innerhalb dreier Tage eine
Million Franken zur Befreiung des französischen Territoriums
Jezeichnet. *
*EGie Opfer des Krieges.) «Ein deutsches Blatt
»eröffentlicht über die Verwundeten des letzten Krieges folgende
interessanten statistischen Angaben: Von den 3453 bei Metz ver⸗
wundeten Deutschen sind 95,5 Proz. durch Chassepot, 2,7 Proz.
durch Artilleriegeschosse und 0O,8 Proj. durch. blanke Waffen ver⸗
wundet worden. Von den französischen Verwundeten dagegen sind
—A Funteuschüsse
und 5 Proz. durch blanke Waffen verwundet. Däs gleiche Blatt
xehauptet, daß während des ganzen Krieges 25,000Franzosen
—XV getroffen worden seien, so daß von 8
Schüssen deutscher Artislerie jeweils einer einen Maum gelroffen
jabe.“— Die Statistik der verwundeten Deutschen ist nach oͤfficieller
Zusammenftellung folgende: 90 Proz. wurden getroffeu bei der
Infanterie, 5 Proz. bei der Kavallerie, 3 Proc. bei der Artillerie,
2Proc. bei den übrigen Truppengaltungen. Diese Ziffern beweisen
neuerdings:“ Erstens die Ueberlegenheit des Chassepot über das
Dreysegewehr; zweitens die Ueberlegenheit der deutschen Artillerie
mit Hinterladung über die französische mit Vorderladung.
4 Falsche 20Frankenstücke.) Bei der jetzt so aus⸗
zebreiteten Zirkulation franzoͤsischer Goldstuͤcke dürfie die eingehendste
Vorsicht und Prüfung bei deren Annahme anzurathen sein, indem
ieuerdings in der Handelswelt das, Vorkommen falscher und nach⸗
geahmter Zwanzigfrankenstücke constätirt worden ist.
.7 7 In der Londoner „Pall Mall Gazette“ findet sich folgende
interessante Notiz betreffend die jetzigen Zustände in Frankreich: