dem Kronprinzen, der Frau Kronprinzessin und den übtigen Mit—
zliedern der königlichen Familie empfangen. Graf von Holnstein
sehrt in diesen Tagen nach München zurück und dürfte dann die
Ankunft des Königs von Bahyern in kürzester Frist zu erwarten
sein. Wie das „Berl. Tagbl.“ erfährt, steht mit dem Eintreffen
desselben auch die Rückkehr des Prinzen Friedrich Carl von seiner
Reise nach dem Orient zu erwarten.
Berlhin. Die in Florenz erscheinende „Opinione“ brachte
dieser Tage einen Aufsatz über die Kler ikalen in Europa“
dessen Auffassung und Gedank ngaug eine Erwähnung zu verdienen
cheint: „Als Fürst Bismarckam 83. d. M. auf den Glück⸗
wunsch der Stadt Dresden zu dem von ihm bestandenen Kampfe
gegen die klerikale Partei in der Schulauf sichtsfrage antworiete,“
ovbeginnt der Art'kel, „da fchrieb er: „Friede zwischen Staat
und Kirche, Friede zwischen den verschiedenen Confessionen, Ach⸗
tung vor den gesetzlichen Rechten und nsothwendigen Vollmachten
zes Staates sowohl wie der Kirche, — das ist das Ziel, das
wir erstreben und das wir mit Gottes Beistand zu erreichen hoffen.“
Diese Worte des deutfchen Reichskanzlers umfassen nicht nur das
Programm der preufischen Regierung hinsichtlich der Beziehungen
wischen Staat und Kirche, sie bezeichneu auch das Problem, mit
dessen Lösung fich die liberale Partei in ganz Europa gegenwärtig
nit vieler Aufrichtigkeit und achtungswerthemm Eirer beschäftigt. Der
große Kampf, der vor wenigen Tagen Deuischland bewegte, wixd
aicht nur in Berlin geführt, man kampft ihn ebenso in Wien, in
Paris, in Rom. Wo die Freiheit auf den festen Grundlagen der
motalischen und Rechtsgrundsätze des Gewissens und der Religion
aufgebaut werden soll, dort muß unausbleiblich ein hartnäckiger,
langwieriger, erbitterter Krieg geführt werden gegen die Repräsen⸗
anten der Vergangenheit, die unter der Unabhängigkeit der geift⸗
lichen Macht nur die Unterwerfung des Staates und die Kirche
derstehen. In Preußen hatte die Geistlichkeit die Aufsicht über die
Schulen. Warum verlieri(?) sie dieselbe jetzt? Wal ein Theil des
Flerus, namentlich- des katholischea Clerus, —2 Widerfpruch
zetzte, nicht nut mit dem Staate, sondern mit der Civilisation und
mit der intellectuellen Entwicklung. Die Intoleranz der Klerikalen
hat den Staat gezwungen, zur Vertheidigung der bedrohten Ge⸗
vissensfreiheit sich aufzuraffen und selbst über die Schulen die
Aufsicht zu übernehmen, die übrigens zu den berechtigten Attribu⸗
en des Staates gehört und die dem Klerus nur dann übertragen
werden kann, wenn derselbe zu deren Ausübung sich wärdig. und
befühigt zeigt, indem er die nationalen Einrichtungen anerkennt und
cefpectirt.“ Die „Opinione“ führt nun aus, wie das Laienthum
sich von der Kirche allmählich alle Rechte habe entreißen lassen, wie
aber gerade der sittliche Ernst der gegenwärtigen Zeit, die sich da⸗
durch so vortheilhaft von der Frivolität des 18. Jahrhunderts
intecscheide, das wahre religiöse Gefühl und darum die Freiheit
der Gewissen wieder herzustellen sirebe. Dann fährt das italienische
Blatt forit: Mau muß anerkennen, daß die Klerikalen ihrerseits
kein Mittel unbenutzt gelassen haben, um den Unglauben zu ver-
zreiten. Leset ihre Zeitungen; ihr Gott ist nicht der Gott der
Barmherzigkeit nud der Verzeihung, es ist der Goit der Rache und
des Todes, es ist der Moloch, der züchtigen muß, nicht? ..
Die Moral verschwindet, die Religion tritt bei Seite; es bleib
nichts als die Theologie.“ ...
Berrd in. Die diesjährigen sechswöchentlichen größeren Trup⸗
penübungen beim Gardecorps wie bei den Provinzial⸗Armeecorps
sollen laut Besehl des Kaisers, so eingerichtet werden, daß sie
patestens bis 15. September beendet siud. Uebungen der Land⸗
wehr finden nicht stati, auch sollen keine Reservemannschaften der
Infanterie zu Uebungen einberufen werden. Im Juli und Auguff
soll eine groͤßere Pontonnier⸗Uebung bei Neuwied stattfinden.
Rüdfichtlich des angeblichen italienisch⸗deutschen Bündnisses
läßt man sich in den bestunterrichteten Kreisen Berlins dahin ver—
nehmen, daß von einem solchen nichts bekannt sei, und daß alle
bezüglichen Rachrichten als verfrüht bezeichnet werden müßten.
Solle indessen Italien von Frankreich bedroht werden, so siehe
nichts im Wege, daß der Vertrag vom 8. April 18606 in dem
Sinne erneuert werde, daß man anstatt „Oesterreich“ Frankreich
setze. Der Vertrag sei eventuell und hypothetisch gefaßi, d. h. in
der Voraussetzung, daß Italien überhaupt angegriffen werden
würde, was alss auch jetzt nur zur Folge haben könnte, daß sich
Deutschland als mit dem Feinde Italiens im Kriege begriffen
ansehen müßte. Das sei ganz selbstverständlich, alles Andere aber
altramontane Erfindung oder übereifrige verfrühte Conjectur.
Die lurxemburgische Angelegenheitanlangend,
hat am 23. d. M. in Berlin eine Conferenz stattgefunden, welche
zu der Hoffnung berechtigen soll, daß es zu einer baldigen Ver⸗
ständigung kommen werde, wie dies auch feit der Ankunft der
juxemdurgischen Mission allgemeine Ansicht war. Man hört, daß
s sich fast nur noch um das Eintreffen präciserer Instructionen
handele, an deren Uebereinstimmung mit den preußischen For⸗
deruneen nede dem klaren deuischen Rechte nicht gezweifelt wird.
Nach Allem, was verlautet, hat Luxemburg jetzt erlannt, daß in
Ermangelung einer deutschen Gesellschaft die Uebertragung des
Fisenbahnbetriebes an die elsässische Eisenbahncommissior die ein⸗
jachste und für das Interesse Luxemburg's schließlich vortheil hafteste
döfung der Frage sein werde. Man ist überzeugt, daß alle zu«
caͤssigen Bürgschaften für die Antonomie und Neutralität Luxem⸗
burgs vewährt werden, da es ja nur eine klerikale und fronzosen
freundliche Äusstreuung ist, daß es sich um eine indirecte Annexion
des Großherzogthums handle. Uebrigens sollen die luxemburgischen
Bevollmächtigten von der Aufnahme, die sie in Berlin gefunden,
sowie von dem Entgegenkommen des Reichskanzleramts in hohem
Brade befriedigt sein.
Frankreich. I
Paris, 26. März. Der „Rappel“ ist in der Lage, die
diste der Forts mitzutheilen, welche in der Umgebung von Paris
errichtet werden sollen. Es wären ihrer sechs an der Zahl auf
eine Durchschnittsentfernung von 20 Kilometern von dem Mitiel⸗
punkte von Paris Gotre-⸗Hame): 1) Anhöhe' pon Orgemont, 12
dilometer von Paris und 124 Meiter über der Meeresfläche; 2)
Daumont, in dem Walde von Montmorench, 20 Kilometer von
Patis; 3) Schloß Ecoun. 19 Kilometer von Paris; dieses Focts
oll das starkste von allen werden ; 4) Orme de Merles, 12 Kilo—
meter von Paris und 112 Meter über der Meeresfläche, zwischen
Gonesse Villepointeund. Grand⸗Tremblah; 5) Tour⸗Feénelon bei
Vaujours, 12 Kilomiter von Paris und 126 Meitr über dem
hiceresfpiege; 6) Thelles, 19 Wlometer von PpuE*ud 107
Meter über dem Meere. Diese * hollen Hem Vernehmen nach
in 4 Jahren gebaut werden und uaͤgefähr 25 bis 30 Millionen
kosten; man glaubt, daß 30,000 Mann zur ihrer Bewachung
genügen werden.
Von den bekannten Schriftstellern Ersck ma nin und Char⸗
trian wird dieser Tage etin neues Buch erscheinen und den la—
herlichen Titel führen: „Pinis Germaniae. Pasdelounp, der
vekanntlich dem Pariser Schillerfest (1859), dessen musicalischt
Leitung ihm Meyerbeer verschaffte, seinen Ruf verdankt, zeig
sich den deutschen Musikern jetzt feindlicher denn je. Derselbe iß
übrigens aus Sachsenhausen bei Frantfurt gebürtig, wo sein
Vater, ein judischer Händler, sih Wolffsprung nannte.
Am 23. d. fand die erste Versammlung der Altkathgliken von
Bordeaux statt. Der Professor des dortigen Lyceumg4 Laporte
hatte den Vorsitz; Beisitzende waren zwei Mitglieder Des Gemein-
derathes. Der Priester Junqua hielt eine Vorlesung. Ein neula⸗
tholischer“ Priester, der sich zur Versammlung Zutratt verschafft
hatte und es sich herausnahm, Junqua mit Schimpfreden zu über—
schütten, wurde, wenn auch auf ganz höfliche Weise, au die
Tbür gefetzt:
England.
London, 25. März. (Internationale postalische Union.
Wee die „,Dailh News“ aus guter Quelle erfährt, ist Fürst Bis
marck im Begriff, einen internationalen Congreß behufs Erörternng
der gegenwärtigen postalischen Vorkehrungen der Welt nach Berlin
zu berufen, und daß er vorbereitet ist, den Mitgliedern des Con⸗
zresses als eine Grundlage für Unterhandlungen fol gende Vorschläge
zu unterbreiten: 1) daß sämmtliche Staaten Europa's, Russisch⸗
Asien, TürkischAsien, Canada, die ver. Staaten, Algier u. s. w.
eine postalische Union bilden sollen. 2) Daß im Bereiche dieser
Union ein gleichförmiger Briefportosatz von zwei Pence für die
halbe Unze eingeführt werden sollen. 3) Daß im Bereiche der
Union Zeitungen, Drucksachen, Mustersendungen u. s. w. zu dem
Porte von einem Penny für jede zwei Unzen befoördert werden
ollen. 4) Daß aach allen in der postalischen Union nicht mitin⸗
begriffenen Ländern das poppelte Porto in Anwendung kommen
'ou; und 5) die gleichförmige Rekommandationsgebühr nach allen
Landern der Welt soll zwei Pence betragen. „Daily News“ be—
jürwortet das denssche Project und bezweifelt aicht, daß Englaud
demselben in Uebereinstinmung mit den anderen Nationen seine
Zustimmnng ertheilen werden.
Amerika.
Die „Hamburger Börsenhalle“ enthält ein Telegramm au⸗
davannaq zufolge dessen die Anführer der mextkanischen In—
urgenten Guerra, Martinez und Trevino durch den Regierungo
general Rocha bei Zacatecas geschlagen wurden und Rocha fsia
uuf deren Verfolgung befand.
rmischtes.
ꝛeStt. Ingbert, 28. März. Anläglich der Ablehnung de
Lolb'schen Antrages, zur Aufsuchung von Steinkohlenlagern ir
Bayern aus der französischen Kriegsentschädigung drei Millioner
Bulden zu verwenden, geht der „Pfälz. Post“ aus unserer Nach
‚argemeinde Ensheim seibst ein solches Lager und zwar mit geringer
Mineln entdeckt werden könnte. „Anfang Juli 1870, faährt ñ
ort, stieß man bei Grabung eines Brunnens dahier auf ein
dohlenader. Bohrversuche waren bereits projectirt, aber durch oer