Full text: St. Ingberter Anzeiger

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der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerttags⸗ und Sonnlase 
kimemer) erscheint wochentlich vie rem al: Diensstag, Donnex sstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljahrig 42 Krir. oder 
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M 81. J I — — Samstag, den 28. MWai IJ 2 2428 1 1872 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 20. Mai. Die Enischließung des Stautsmi- 
eriums des Innern für Kirchen? und Schulangelegenheiten vom 
.5. d. Mis. betreffs die Verbesserung der materiellen Lage des 
dehrerpersonals an den Volksschulen des Königreichs lautet: Nach⸗ 
jem in dem allerhöchst sanktionirenden Budget für die 12. Finanz- 
zeriode auch für eine angemessene Aufbesserung der materiellen 
ꝛage des Lehrpersonals an den Volksschulen Vorsorge getroffen, 
ind zu diesem Zwecke der Etat für die Zuschüsse der Centralfonds 
in die Kreisfonds flir die deutschen Schulen in entsprechender 
Weise erhöht worden ist, so ergehen mit allerh. Genehmigung des 
dönigs zum Vollzuge dieser Aufbesserung nachstehende vom 1. Jan. 
J. an in Wirksamkeit tretende Bestimmuingen: 1) Allen wirk— 
chen Schullehrern, welche nicht wenigstens 400 fl., allen Schul⸗ 
erwesern und weltlichen Lehrerinnen, welche nicht wenigstens 800 
.und allen Schulgehülfen, welche nicht wenigstens 250 fl. jähr⸗ 
iches fassionsmäßiges Einkommen haben, wird dasselbe bis zu diesen 
zeträgen durch Gewährung von Theuerungszulagen erhöht. 2) 
isle wirklichen Schullehrer, alle fäändigen Schulverweser und welt⸗ 
ichen Lehrerinnen erhalten in Form von Theuernngszulagen succes⸗ 
ive 5 Dienstalterszulagen, und zwar die wirklichen Schullehrer im 
zelrage von je 50 fl. bis zum Gesammtbetrage von 250 fl., die 
ändigen Schulverweser und weltlichen Lehreri inen im Betrage von 
e 25 fl. bis zum Gesammtbetrage von 125 fl. Die erste Dienst⸗ 
illerszulage erfolgt nach Ablauf von 15 Jahren vom Zeitpunkte 
es Austrittz aus dem Schullehrer ˖Seminar an gerechnet, für 
ehrerinnen, welche kein Seminar besucht haben, nach Ablauf eines 
leichen Zeitraum s vom Zeitpunkte der Erstehung der der Semi— 
araustrittsprüfung' gleichstehenden Schuldienstexspektantinnen Prit⸗ 
ung an gerechnet; die 4 übrigen Zulaçen erfolgen uach Ablauf 
on je 5 Jahren weiterer Dienstleistung. Wenn in dem einen oder 
inderen Regierungsbezirke für das weibliche Lehrpersonale bisher 
uͤcht alljährlich eine Schuldienstexspektantinnen-⸗Prüfung abgehalten 
vurde, und in Folge dessen einzelne weltliche Lehrerinnen zur Er— 
lehung dieser Prüfung später als sie hiezu berechtigt waren, ge⸗ 
ungien, wird gestattet, daß für diese Lehrerinnen bei Berechnung 
er Dienstzeit für Gewährung der ersten Alterszulage die Erstehung 
er Exspektantinnenprüfung auf den Zeitpunkt zurückdatirt wird, 
o dieselben zu dieser Prüfung hätten zugelassen“ werden können. 
die Dienstalterszulagejn werden in rückwirkender Weise gewährt, 
.h. bei Berechnung derselben hat für das dermalen schon ange⸗ 
kelle Lehrpersonale auch die bisher zurückgelegte Dienstzeit in An— 
az zu kommen. Die Bewilligung zum Einrücken in die Dienst⸗ 
lterbzulage erfolgt auf Antrag der distriktiven Schulbehörde durch 
ie Kreisregierung, Kammer des Innern, unter der Vorausschzung 
lseitiger Würdigkeit der Betheiligien. 8) Jedem quescirten Shhul- 
chrer wird zu seinem Pensionsbezuge uoch eite jährliche Thenerungs- 
ulage von 50 fl. bewilligt. 4) Jeder Lehrerswittwe wird/ so lange 
sich aicht wieder, verehelicht eine Unterstüßung von 80 fl.) jeder 
helichen Voppelwaise eines Lehrers ciue foldde von 20 fl.“jever 
helichen einfachen Waise eines Lehrers eine solche von 15 fl des 
jahres und zwar den Knaaben bis zum volleudeten 18. den Mäd⸗ 
sen bis zum vollendeten 16. Lebensjahre gewährt. Der Bezüg 
ieser Unlerstützung beginni an dem auf den Todestag drs Lehrers 
olgenden Tage. Wenn jedoch den Hinterbliebetem eines Lehrers 
et Nachsitz auf, dem Schuldienste bewilligt wurde, “ beginnt der 
ezug est nach Ablauf der Nachsizzfrist, Ausgeschlossen hievon sind 
ie Wittwe eines Lehrers, welche derseibe erst im Ruhhestande ge— 
eirethet hat und die mit letzlerer erzäugten Kinder In Hinsicht 
uf. diese Unlerstüßzungen ist der Behriff Lehrer“ um weiteften 
Aune zu nehmen, so daß hierunter auch Schulverweser und Schul⸗ 
thilfen subsumirt werden. 5) Sämmiliche hier in Frage stehenden 
uusbesserungen des Lehrpersonals an den Volksschulen sind für 
8 laufende Jahr sofott nach erfolgter allerhöchster Snakiidn des 
dreisbudgeis pro 1872, in, welches der hiefür erfotdertiche Bedarf 
ingestellt werden wird, anzuweisen. 6) Im Vollzuge des 830 des 
ilerh. Landtagsabschieds v. 28. April el. J. wied verfügt, daß 
die aus Staatsmitteln gewährten Zuschüsse zur Aufbesserung des 
unzureichenden Einkommens der Schullehrer, Schulverweser, der 
Lehrerinnen und Schulgehilfen, sowie zur Bewilligung von Dienft⸗ 
ilterszulagen für dieses Lehrpersonale in keinerlei Weise von einer 
Bemeinde an den bisherigen Bezügen der Betheiligten in Aufrech 
nung gebracht werden dürfen, widrigenfalls die betreffende Ge— 
neinde zu gewärtigen hätte, daß ihr diese Beträge, aus Staats— 
nitteln wieder entzogen werden. Von dem gesammien Lehrpersonale 
an den Volksschulen des Königreichs wird nach der im Vorstehen⸗ 
den dargelegten durchgreifenden und namhaften Verbesserung seiner 
nateriellen Lage mit Zuversicht erwartet. daß es fortan sich mit 
derdoppeltem Eifer und mit erhöhter Freudigkeit der tꝛeuen Er— 
üllung seiner Berufspflichten hingeben, und so dex ihm gewordenen 
großen Wohlthat würdig erweisen werde. Die Kreisregierungen, 
. d. Innern, haben hiernach das weiter Geeignete zu verfügen.“ 
München, 22. Mai. Nach hieher gelangter verläfsiger 
Wittheilung soll die Wahrscheinlichteit bestehen, daß das deutsche 
Militärstrafgesetz zu Stande kommen wird. Die betreffende Ccom- 
nission hat in der letzten Zeit täglich Sitzung gehalten und man 
cheint auch von Seite der Regierung geneigt, verschiedenen von 
den Kommissionsmitgliedern gestellte Modifikationen die geeignete 
Bürdigung und Berücksichtigung ertheilen zu wollen; namentlich 
vecden einzelne Bestrafungen von Soldaten durch die Militärge- 
tichte aufgezählt, welche großes Aufsehen gemacht haben. Daß un⸗ 
ter solchen Umständen von Seite der Kommissionsmitgliedern alle 
möglichen versöhnlichen Schritte gemnacht werden, um diese mit 
dem Zeitgeiste in keiner Weise harmonirende harte Strafen für 
derhältnißmäßig geringe Verfehlungen so bald als möglich zu be— 
eitigen, versteht sich von selbst. Man glaubt daher, daß das ganze 
Sesetz in der Komission vollständig redigirt und von dem Reichs⸗ 
age en bloe angenommen werden wird. * 
Berhin, 19. Mai.n Das „Milit.Woch.⸗Bl.“ bringt einen 
interessanten Artilel über den Mun tionsverbrauch und die Muni⸗ 
fionsausrüstung der Feldartillecie im letzten Kriege. Wir erfahren, 
daß die preußische Feldartillerie, einschließlich des 13. (badischen) 
Regiments und der hessischen Abtheilung, 79 leichte, 78 schwere 
ind 38 reitende Feld- nebst 19 leichten und 10 schwexen Reserve⸗ 
»atterien zu je 6 Geschützen oder 816 8.Centimeter⸗ und 328 9 
Tentimeter· Kanonen zählle. Die 1344 Geschütze haben während 
)es ganzen Feldzuges zusannmmen 5807,975 Schüsse gethan, die 
eichten Battetien 112,770, die schweren 107, 126 und die reiten. 
en 48,079 ; es ergeben sich also durchschnlttlich pro Geschütz 199 
Schüsse und zwar bei den leichten Batterien 1815 hei den schweren 
z08 uͤud bei den reitenden 210 Schüsse pro Geschütze“ Da nimn 
»ie 8-Centimeter-Kanone mit 157 und die 9. Centimeler ⸗Kanoue 
nit 133 Schüssen in den Piotzen und Munitionswagen, beziehungs- 
veise an den Lafetten der Batterien ausgerüstet ist, so hat im 
durchschnitt letztete 133 Prozen!, dagegen die s⸗Centimeter⸗Kanbne 
ꝛei den leichten Balterien nuͤr 123und bei den reitenden 134 
Zrozent der von der Batterie selbst mitgeführkten Schußzahl ver⸗ 
uerf. Die hayrrische Artillerie bestandim letzten Kriege aus 12 
eichten, 22 schweren und 2 Zwölfpfünder⸗Batterien mit zusammen 
216 Geschützen, die im Gauzen 56,211 also pid Geschütz durch · 
chnittlich 260 Schüsse abgaben. Sachsen stellte 6 leichte, 8 schwere 
ind Zrreitende Batterien, also 48 85Centimeter und 48 9.Centi— 
neter Kanonen ins Feld, von deuen erstere 8007, letztere 738 14 
„chüsse verfeuerlen. Dies ergibt sonach einen Durchschrut von 167 
ro 8.Centimetere und von 157 pro 9Centimeter⸗, oder ale 
irithmetisches Miftel 162 Schüsse pro Geschützz. 
Berlin, 22. Mai. Nachdem nunmehr der Erlaß des 
Fultusministeriums' an den Bischof von Ermland abgegangen ist, 
vird es sich zeigeg, ob derselbe gewillt ist, der Regierung offen 
ven Gehorsamm zu kündigen.“ Nach den Ausführungen der heutigen 
„Germania? zu schließen dürfte der Ulträmontanismus keiné Scheu 
ragen, den Kampf mit dem Staate auzunehmen, ja es scheint 
ast, als wenn er in einem solchen Kriegszustande sein eigeriliches 
Lebenseleinent erblide. Moͤnlich ist es indessen auch, daß dies Alles 
* —J J —VV—— 1147 AY415*